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Jeder Student ist anders

Ein neuer Begriff kursiert in diesen Tagen an vielen Hochschulen in Deutschland: Diversity Management. Dabei erarbeiten die Hochschulen Konzepte, wie sie besser auf die individuellen Bedürfnisse der Studenten eingehen und so die Chancengleichheit verbessern können.

Von Britta Mersch | 29.10.2009
    Rund 16.000 Studierende sind an der Kölner Fachhochschule eingeschrieben. Die Studierenden kommen aus allen Teilen der Welt, manche haben schon eine Ausbildung gemacht oder viele Jahre gearbeitet. Deshalb haben sie auch ganz unterschiedliche Bedürfnisse, sagt Thorsten Meuter, Vorsitzender der Fachschaft Wirtschaft:

    "Da habe ich ein ganz schönes Beispiel aus dem vergangenen Semester. Da saßen bei mir auf der Erstsemesterbegrüßung vom 18-jährigen Abiturienten bis zum 54-Jährigen gestandenen Mann, der mit 25 Jahren Berufserfahrung ankam und der dann bei uns stand, wie lerne ich denn jetzt am besten mal? Das ist bei mir so lange her."
    Thorsten Meuter kennt die Sorgen gut. Bevor er angefangen hat, Betriebswirtschaft zu studieren, hat er selbst zehn Jahre lang gearbeitet, erst als Steuerfachgehilfe, später bei der Bundeswehr. Um trotzdem gleiche Lernbedingungen für alle zu schaffen, will die FH die individuellen Erfahrungen ihrer Studenten in Zukunft stärker berücksichtigen. Dafür hat sie ein Konzept entwickelt, das im Rahmen der Exzellenzinitiative für die Lehre mit einer Million Euro gefördert wird. Sylvia Heuchemer, Vizepräsidentin für Lehre und Studium, denkt etwa an neue Lernmethoden:
    "Das könnte zum einen darin bestehen, dass wir Lehrvideos erstellen, dass wir Aufgaben verschiedenartig formulieren, sei es mal als freie Textaufgabe, sei es als Multiple-Choice-Aufgabe, sei es als Einzelarbeit, sei es als Teamarbeit, und insbesondere auf die Teamarbeit möchten wir großen Wert legen, denn entscheidend für einen Erfolg im Studium ist eigentlich auch, dass die Studierenden sich zusammenfinden, dass sie sich gegenseitig helfen, das Studium zu bewältigen, weil die Peers einfach viel besser aufeinander eingehen können als wir das als Professoren können."

    Bei der Ausarbeitung des Konzeptes haben die Professoren der Kölner FH auch die Studierenden um Rat gefragt, denn die kennen die Unterschiede am besten. So wie der Italiener Marcello Montuori, der Wirtschaftsrecht studiert:

    "Man merkt schon beim Lernen, dass Italiener und Deutsche anders lernen. Hinsichtlich von Klausuren lernt der deutsche Student sehr viel auswendig und der Italiener, der sträubt sich so ein bisschen gegen das Auswendiglernen und versucht zu fragen, wieso ist das so? Und kann man es auch anders machen? Und das lernt man schon in Lerngruppen, dass das anders ist und das Konzept zielt ja auch darauf hin, auf diese Lernverschiedenheiten und deshalb habe ich es als eine gute Idee betrachtet."
    Neben der FH Köln arbeiten auch andere Hochschulen zurzeit an neuen Ideen zum Thema Diversity Management, darunter die Universitäten in Duisburg-Essen und Köln. An der Kölner Uni wurde die Juristin Angelika Nußberger zur neuen Prorektorin für Karriere, Diversität und Internationales berufen:

    "Das heißt, Diversität betrifft die Studierenden, die mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen kommen, also beispielsweise mit Blick auf ihre Sprachkenntnisse, die eben Muttersprachler oder Nicht-Muttersprachler sind und von verschiedenen Kulturen geprägt sind, wenn sie aus dem Ausland zu uns kommen. Das betrifft dann während des Studiums die Frage, wer womit gut zurechtkommt, weil er die entsprechenden Voraussetzungen hat. Und das zieht sich weiter durch, dass wir eben auch die wissenschaftlichen Karrieren von denjenigen fördern wollen, die nicht in den Mainstream passen, aber den Mainstream sehr stark bereichern können."

    Die Professoren und Dozenten erkennen also, dass die Studierenden eine individuelle Förderung brauchen. Eine Entwicklung, die vielen Studierenden den Unialltag erleichtern wird.