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Jemen
Der Krieg zerstört die Kulturschätze

Unter dem Krieg gegen die Huthi-Rebellen im Jemen leiden nicht nur die Menschen - auch das Kulturerbe des Landes ist bedroht. Viele antike Orte wurden bereits durch Raketen beschädigt und auch die Museen sind vor Angriffen nicht sicher. Zudem versuchen Antikenschmuggler, wertvolle Objekte zu verkaufen.

Von Cornelia Wegerhoff | 13.03.2017
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    Ausgrabungsstätte des antiken Mondtempels im Jemen. Der Krieg bedroht auch die zahlreiche Kulturschätze des Landes. (picture-alliance/ dpa / Yahya Arhab)
    Seit März 2015 kämpft das Nachbarland Saudi-Arabien mit Unterstützung einer Golf-Allianz gegen die Huthi-Rebellen im Jemen. Der Archäologe Mohanned al-Sayani kämpft unterdessen an einer ganz anderen Front.
    "Als Chef des Antikenamtes muss ich mich um den Schutz unseres Kulturerbes kümmern, darauf wird nämlich bei den Kämpfen überhaupt keine Rücksicht genommen. 65 verschiedene antike Orte im Jemen wurden bereits durch Raketenangriffe beschädigt, 18 religiöse Bauwerke von IS-Terroristen zerstört. Und dann sind da noch die Antikenschmuggler, die sich die Krise zu Nutze machen."
    Touristen bleiben seit 2015 weg
    In friedlichen Zeiten profitierte der Jemen von Touristen, die kamen, um die reichen Kulturschätze des Landes zu bewundern. Zum Beispiel die mittelalterlichen Turmbauten in der Altstadt von Sanaa, UNESCO-Weltkulturerbe. Doch schon kurz nach Beginn der saudi-arabischen Militärintervention 2015 schlugen auch hier Bomben ein.
    Ein Kollateralschaden, so die Saudis lapidar. Eigentlich habe man ein Lager der Huthi-Rebellen treffen wollen. Dutzende Tote wurden aus den Trümmern gezogen. Die schwer beschädigten Turmbauten konnten aufgrund der anhaltenden Kämpfe bis heute nicht restauriert werden, klagt Mohanned al-Sayani.
    "Durch den Raketenbeschuss auf die umliegenden Berge ist die historische Altstadt von Sanaa ständigen Erschütterungen ausgesetzt. Das verursacht auch neue Schäden. Und inzwischen wurden auch Bauwerke aus osmanischer Zeit gezielt beschossen. Die prächtigen Fassaden, die kostbaren alten Fenster. Vieles ist stark beschädigt."
    Alle Museen wurden geschlossen
    Und selbst da, wo rechtzeitig evakuiert werden konnte, geht immer mehr kaputt.
    "Wir haben als erstes alle Museen geschlossen und die Ausstellungsstücke versteckt. Aber mittlerweile haben wir zwei Jahre Krieg hinter uns. Und die Objekte leiden in ihren Not-Unterbringungen: Sie verstauben, werden von Schädlingen befallen."
    Doch das ist immer noch besser als das, was im Hochland des Jemen passiert ist:
    "Das Museum von Dhamar wurde mit zwei Raketen beschossen. Dabei wurde das Gebäude komplett zerstört. Im Museum und in den Archiven gab es 12.500 Exponate. Bis jetzt konnten wir 7.500 beschädigte Stücke evakuieren. Wir graben immer noch im Schutt."
    "Arabia felix", "glückliches Arabien", wurde die Region des heutigen Jemen in der Antike genannt. Legendär ist die Geschichte der Königin von Saba, die mit Gold, Weihrauch und Gewürzen beladen um 950 vor Christus den weisen König Salomon in Jerusalem besucht haben soll. Beschrieben im Koran und in der Bibel. Ob die Königin wirklich existierte, ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Doch die Schätze gab es wirklich. Iris Gerlach hat für das Deutsche Archäologische Institut prächtigen antiken Stadtanlagen erforscht. Jetzt versucht sie, aus der Ferne zu helfen:
    "Unser Institut zum Beispiel betreffen weit über 30 Jahre Forschung, die wir dem Jemen zur Verfügung stellen können, damit man – falls es zu einem Aufbau kommt, es auch jetzt schon zu einer Art Schadenskartierung kommt, dass man dort auf den Vor-Zustand, auf diese ganzen Informationen zurückgreifen kann."
    Kulturgüter landen auf dem illegalen Antikenmarkt
    Wie man solch eine Datenbank anlegt, haben Iris Gerlach und ihr Team mit finanzieller Hilfe des Auswärtigen Amtes in einem Online-Handbuch zusammengetragen. Und ganz aktuell wird gemeinsam mit dem British Museum eine Rote Liste für gefährdete Kulturgüter vorbereitet, um den illegalen Handel einzudämmen.
    "Beispielsweise im Jemen diese wunderschönen, abstrakten Alabasterköpfe aus Gräbern, erste Jahrhunderte nach Christus. Diese Objekte landen vielfach auf dem Antikenmarkt. Und diese Rote Liste soll erstellt werden, damit vor allen Dingen auch Zollbeamte sofort erkennen."
    Das sei eine tolle Hilfe, so Jemens Präsident der Organisation für Altertümer und Museen, Mohanned al-Sayani. Viel Unterstützung käme sonst nämlich nicht, so der 54-Jährige deprimiert.
    "Wir beten zu Gott, dass er uns Frieden in unsere geliebte Heimat bringen möge. Und ich bete, dass diese Länder die Kulturgüter in Ruhe lassen. Denn sie sind nicht nur Schätze des Jemen, sondern Schätze der gesamten Menschheit!"