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Jerome Salles "Zulu"
Ein südafrikanisches Trauma

Der Thriller "Zulu" spielt im Südafrika der Post-Apartheid. Trotz Mainstream-Inszenierung und spekulativer Handlung zeigt er aber, dass die Rassentrennung längst nicht vorbei ist und ihre Traumata nachwirken.

Von Rüdiger Suchsland | 03.05.2014
    Orlando Bloom (l) als Brian Epkeen und Forest Whitaker als Ali Sokhela in einer Szene des Kinofilms "Zulu"
    Orlando Bloom (l) als Brian Epkeen und Forest Whitaker als Ali Sokhela in einer Szene des Kinofilms "Zulu." (picture alliance / Studio Hamburg Enterprises GmbH)
    Eine Studentin wird brutal ermordet, die Polizei ermittelt. Es scheint um Drogenhandel zu gehen. So weit, so konventionell. Der Routinefall eskaliert jedoch und wird zum Wendepunkt im Leben von mehreren Polizisten der Mordkommission.
    "Es verschwinden Kinder in Kalita" - "Der Gerichtsmediziner fand Spuren von Ephedrin in ihrem Blut."
    Zwei von ihnen stehen im Zentrum des Films. Sie sind innerlich verwundet, fast zerstört von den Verhältnissen, die sie bekämpfen. Der Schwarze Ali, gespielt von Forest Whitaker, und der Weiße Brian, den Orlando Bloom verkörpert, tragen die Geschichte von Südafrika als persönliches Trauma mit sich herum.
    Die südafrikanische Großstadt Kapstadt wird zum Schmelztiegel von Politik und Verbrechen. Denn "Zulu" ist ein Thriller aus Südafrika. Das sieht man nicht alle Tage. Vor Jahren gewann mit "Carmen aus der Vorstadt" einmal ein Kinofilm aus Südafrika so überraschend wie unverdient die Berlinale. Ansonsten hat man vom Kino Südafrikas nichts gehört, außer dass die Kap-Republik immer wieder mal die hübsche Kulisse für deutsche Fernsehschmonzetten abgeben muss.
    "Keine Bewegung! Wir sind von der Polizei!"
    Hier wird, in den Händen des Franzosen Jerome Salle, alles anders: "Zulu" ist grob, mitunter vulgär, ist brutal und hart - genauso eben wie die Wirklichkeit Südafrikas. Er ist aber auch ehrlich, und unbedingt sehenswert, denn er zeigt Innenansichten von Verhältnissen, die uns Zuschauern zumeist verborgen bleiben - auch darin das Ebenbild einer Wirklichkeit, in der Recht und Ordnung nicht viel gelten, in dem die Hautfarbe und ein damit einhergehender wechselseitiger Rassismus die Verhältnisse auch eine Generation nach der Apartheid nach wie vor beherrscht.
    Nachdenkliche Passagen
    So kommen die Ermittler einer politisch-rassistisch-kapitalistischen Verschwörung auf die Spur:
    "Die Typen am Strand die waren organisiert. So als ob sie was bewachen würden." - "Oppermann war Teil von Project Coast ..."
    Dies ist ein Film, in dem mit allem gerechnet werden muss - das macht seine Stärke aus. "Zulu" verwandelt die Konventionen des Polizeifilms in ein existenzialistisches Drama und ein politisches Psychogramm. Zugleich handelt er auch von der südafrikanischen Gewaltspirale und entfaltet das moralische Dilemma eines Konflikts zwischen Rache und Verzeihung, der die südafrikanische Vergangenheitsbewältigung im Gefolge der Wahrheitskommission prägt:
    "Wie viele Schwarze hat er früher getötet und gefoltert?"
    "Wir haben beschlossen, dass wir alle zusammen leben. Die Vergangenheit ist vergangen."
    "Natürlich wurde er begnadigt. Kruger und all die anderen Mörder und Diebe. Das ging ganz einfach: Man erschien vor einer lächerlichen Kommission, gestand all die bösen Taten und bam - alles ist verziehen. Sofortige Absolution. Das ist absurd!"
    "Wir waren zu nett zu all diesen Schweinen."
    "Sie kriegten keine Strafe - frei wie Vögel. Und erfolgreicher denn je, als wäre nie etwas passiert."
    "Was wäre Dir lieber gewesen? Rache? Noch mehr Tote?"
    "Nein keine Rache, Ali. Gerechtigkeit. Mir wäre Gerechtigkeit lieber gewesen."
    "Willst du Frieden mit Deinen Feinden haben, dann arbeite mit Deinen Feinden - und sie werden Deine Partner. Mandela"
    Mag dieser Thriller auch im Mainstream-Stil inszeniert und in seiner Story recht spekulativ sein, so zeigt er doch in solchen nachdenklichen Passagen dass die Wunden der Apartheid noch längst nicht verheilt sind.