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Jobporträt
Lokführer gesucht

Die Ausbildung zum Lokführer ist hart, zudem trägt er oder sie später die Verantwortung für Hunderte von Menschenleben oder millionenteure Sachwerte, die durchs Land gefahren werden. Wer aber durchhält und die Prüfung schafft, hat blendende Berufsaussichten.

Von Markus Wetterauer | 07.06.2017
    Lokführer Peter Flamm sitzt am 10.05.2017 bei Böblingen (Baden-Württemberg) im Führerstand des Intercity 2 der Deutschen Bahn. Der neue Fernverkehrszug soll ab 2017 Stuttgart und Zürich im Zweistundentakt verbinden.
    Egal ob auf der Rangierlok, mit dem Personenzug, oder im Güterverkehr: Überall kann man sofort anfangen zu arbeiten. (dpa/Lino Mirgeler)
    "Abfahrt von Gleis 23"
    Langsam setzt Benjamin Umbreit seine Diesellok in Bewegung. Die Lok ist keine 20 Zentimeter lang und fährt auf einer riesigen Modellbahn-Anlage mitten in Erfurt. Hier üben Umbreit und fünf andere Lokführer-Lehrlinge – lange bevor sie das erste Mal mit einem richtigen Zug unterwegs sind. Vor der Praxis steht die Theorie. Und die treibt dem 32-Jährigen manchmal den Schweiß auf die Stirn.
    Der Ausbilder war selbst sein Leben lang bei der Eisenbahn
    "Die Richtlinien, also die ganzen Vorschriften, die man beachten muss. Es gibt tausende Situationen, die draußen auf freier Strecke passieren können. Und das dann alles unter einen Hut zu bringen mit den ganzen Richtlinien, weil die Bahn ist doch ein sensibles Konstrukt, und da muss wirklich alles stimmen und sitzen."
    "14.48 Uhr. Ankunft in Gleis 25"
    "Das ist eine knallharte Ausbildung. Einfach so durchkommen, das ist überhaupt nicht drin. Hier muss vom ersten Tag an rangeklotzt werden, um das zu bestehen. Man muss immerhin davon ausgehen, gerade als Lokführer: Ich habe dann entweder hunderte Menschenleben hinter mir dranhängen an der Lok oder Millionen an Sachwerten, die ich dann durch die Gegend fahre und da gehört ein Haufen Verantwortung dazu und dann muss auch das entsprechende Wissen da sein. Und unsere Prämisse in der Ausbildung ist: Wir lassen niemanden auf die Lok drauf wo wir selber uns sicher sind: bei dem würde ich mitfahren."
    Thomas Kaufmann bildet die jungen Leute aus. Er war selbst sein Leben lang bei der Eisenbahn. Seit zehn Jahren gibt er sein Wissen weiter. Immer zu einem Scherz aufgelegt. Aber wenn es drauf ankommt: knallhart.
    "14.52 Uhr. Abkuppeln der Rangier-Lok"
    Zehn Monate dauert die Ausbildung
    "Das ist am Anfang sehr kompliziert, das muss man zugeben, aber das Gute ist: man wird Step by Step in die Materie eingeführt, und man übt das auch immer wieder. Wir haben die Möglichkeit, Simulatorfahrten zu machen an einem detailgetreuen Modell der Baureihe 185, wo wir im Prinzip die verschiedenen Situationen, die draußen auf der Strecke passieren können, simulieren können."
    "14.57 Uhr. Rangieren"
    Zehn Monate dauert die Ausbildung - als Quereinsteiger aus einem anderen gewerblich-technischen Beruf. Oder für Arbeitsuchende durch eine geförderte Ausbildung durch die Arbeitsagenturen. Manchmal auch für Studierende, die lieber etwas weniger Theorie und dafür mehr Praxis im Berufsalltag erleben wollen. Doch auch bei der Lokführer-Ausbildung steht am Anfang zuerst mal die Theorie – ganz klassisch im Unterrichtsraum mit Tafel und Lehrbüchern: Vorschriften und Signale lernen, Bremswege berechnen. Dann kommt die Praxis dazu, in den Werkstätten und auf dem firmeneigenen Simulator. Die letzten drei Monate schließlich auf der Lok. Stück für Stück sorgt Ausbilder Thomas Kaufmann dafür, dass die Nachwuchs-Lokführer dabei in der Realität ankommen.
    "Das ist ein ganzer Teil sogar, die das so sehen: Lokführer, klasse, da sitze ich vorne auf der Lok, und ich bin der König – mit solchen Vorstellungen wird rangegangen. Es ist teilweise grade im Güterzugdienst eine körperlich schwere Arbeit, so eine Kupplung einhängen – die wiegt allerhand, um die 15 Kilo, wenn ich das ein paar Mal gemacht habe, dann tun mir die Arme weh. Solche Leute gibt’s viele, die mit falschen Vorstellungen herkommen. Die meisten von denen begreifen das im Laufe der Ausbildung. Aber es gibt auch welche, die sagen dann: das ist nix für mich."
    "15.11 Uhr. Ankuppeln der Waggons"
    Wer durchhält, wer die Prüfung schafft: auf den warten blendende Berufsaussichten. Allein die Deutsche Bahn sucht zurzeit rund 230 Lokführer, überall im Land. Dazu kommen noch einmal hunderte freie Stellen bei den vielen großen und kleinen privaten Eisenbahnen. Ähnlich sieht es in Zukunft aus, weil viele Lokführer kurz vor der Rente stehen. Egal ob auf der Rangierlok, mit dem Personenzug, oder im Güterverkehr: Überall kann man sofort anfangen zu arbeiten, und die Arbeitsverträge sind unbefristet. Die Einschränkungen liegen woanders. So verdienen Lokführer zum Beispiel im Vergleich zu Piloten deutlich weniger, bei der Deutschen Bahn sind es monatlich zwischen 2.500 und 3.500 Euro plus Zulagen.
    Das Gefühl von Berufung
    "Die meisten Eisenbahner, die im Betriebsdienst tätig sind, dort ist immer Schichtdienst mit angesagt, also man muss auch bestimmte Kompromisse in seinem privaten Leben eingehen, deshalb eine bestimmte Verrücktheit und Begeisterung muss auf alle Fälle da sein, sonst macht’s keinen Spaß."
    "15.16 Uhr. Bremsprobe"

    Vielleicht gehört auch das Gefühl dazu, zur großen Eisenbahner-Familie zu gehören. Züge sicher und pünktlich zum Ziel zu bringen. Die große Verantwortung zu meistern.
    "Man fühlt die Berufung dann, wenn man draußen auf der Strecke fährt. Die Gelegenheit hatten wir auch schon, mal einen Güterzug von Raildox zu fahren. Da ist es natürlich hautnah mitzuerleben, wie es draußen auf der Strecke ist, wie die Kollegen untereinander umgehen, und das ist definitiv nicht nur ein Job, sondern es ist eine richtige Berufung, und das macht auch den Reiz aus."
    "15.27 Uhr. Abfahrt"