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Jugendarbeit
Forderung nach finanzieller Unterstützung

Neben der Schule und dem Privatleben gibt es noch einen dritten Lernort für Kinder: die sogenannte non-formale Bildung in Jugendeinrichtungen oder Vereinen. Die Arbeit hier wird jedoch oft nicht als Bildung wahrgenommen und zu wenig geschätzt - das zeigt eine Konferenz von Vertretern von Jugendeinrichtungen in Bochum.

Von Kai Rüsberg | 06.01.2015
    "Non-formales Lernen ist alles, was an organisiertem Lernen außerhalb von Schule oder Universität ist. Vereine, Verbände, VHS, Musikschule."
    Klaus Gerhards ist von den Jugendverbänden im Ruhrgebiet und dem Landesjugendring angestellt worden, um die Bildungsarbeit besser nach Außen darzustellen. Denn in der Öffentlichkeit und Politik werde Jugendarbeit gegenüber der Schulausbildung als weniger wichtig wahrgenommen. Das soll sich ändern.
    "Die wichtigsten Bildungsziele sind Ich-Stärke und Sozialfähigkeit. Aber auch Wertvermittlung gehört zu den wichtigsten Zeilen in der Arbeit. Insofern ist Hausaufgabenhilfe nicht Schule nach der Schule, sondern möchte den Jugendlichen helfen, bessere Chancen zu haben."
    Das Jugendheim der Falken in Bochum. Das Haus bietet verschiedene Bereiche zum Spielen, eine Bar mit Disko und Arbeitsräume - und liegt direkt gegenüber der Schule von Elmas.
    "Hier ist es generell alles anders, wie in der Schule."
    Die 11-Jährige macht mit ihren Freunden die Hausaufgaben und isst mit ihnen zu Mittag. Die Lern-Situation unterscheidet sich komplett von der in der Schule, sagt Niklas:
    "In der Schule hat man immer nur Zeit in den Pausen. Und man muss immer lernen. Kaum ist die Pause vorbei, ist schon der nächste Lehrer da."
    Betreuung bekommt größere Bedeutung
    Auch wenn es in der Hausaufgabenbetreuung um Lerninhalte aus der Schule geht, wissen Kinder, wie die 10-jährige Christina genau, dass auch das Jugendhaus ein Lernort ist, der Ihnen beim gemeinsamen Essen in kleinen Gruppen zusätzliche Fertigkeiten vermittelt.
    "Wir lernen gutes Benehmen hier. Sonst sagen die Betreuer das auch. In der Schule ist das so: Wir haben was falsch gemacht, gibt es sofort eine Strafe, wie eine Ermahnung und wenn man sehr oft eine Ermahnung hat, obwohl das nicht so schlimm war, dann kriegt man eine Rüge, eine größere Strafe."
    Auch wenn es im Falkenheim ganz locker zugeht und die Kinder die Räume ganz nach Belieben wechseln und sich ihre Zeit einteilen können. Dahinter steckt auch ein Konzept, sagt Sozialpädagogin Wiebke Masoch, und die Kinder erkennen dies auch:
    "Das Mittagessen ist ein pädagogischer Bestandteil. Weil wir auch auf die Esskultur achten."
    Kind: "Ich bin zum Beispiel Griechin und hier sind auch Türken und Polen. Ich wusste ja vorher gar nicht, dass die Moslems nicht Schweinefleisch essen."
    Kind: "Ich wusste nicht, als ich kleiner war, dass es Unterschiede gibt. Ich wusste nicht mal, dass es andere Religionen gibt."
    Durch die Ausweitung der Schulzeiten in den Nachmittagsbereich und die stärkere Berufstätigkeit von Müttern hat die Betreuung von Schülern eine immer größere Bedeutung in der Jugendarbeit bekommen. Andere Angebote wie Projektarbeit oder Ausflüge haben kaum noch Platz im Schüleralltag.
    Politisch Druck machen
    In Bochum kümmert sich das Deutsch-Afrikanische Forum speziell um Kinder aus Migrantenfamilien. Der Verein sieht seine Aufgabe in der Bildungsarbeit für Benachteiligte, sagt Bunmi Bolaji. Dort wird Lernhilfe angeboten:
    "Lernhilfe ist, dass man Nachhilfe überall bekommt, aber die Eltern von denen die Kinder kommen, sind oft nicht in der Lage, den Kindern zu Hause beizubringen wie man wirklich lernt."
    Professionelle Jugendarbeit in den Verbänden wie Kirchen, Kulturgruppen, Sport- oder Sozialvereinen gerät zunehmend gegenüber Schule in den Hintergrund, sagt Klaus Gerhards:
    "Die Verbände haben Schwierigkeiten, für ihre Gruppen Ehrenamtliche zu finden."
    Der Theologe hat die Bildungsarbeit in der Jugendarbeit untersucht. Demnach erreichen die Verbände etwa 70 Prozent der Jugendlichen mit ihren Angeboten. Die Finanzierung stammt aber zum großen Teil von den Kommunen. Besonders in finanzschwachen Großstädten ist daher die Jugendarbeit gerade dort gefährdet, wo sie aufgrund der sozialen Situation besonders benötigt wird.
    "Wenn wir hier nach Bochum gucken, die Schließung von Opel. Alles keine guten Zeichen. Wenn ich nach Bayern komme, oder in den Südwesten, da sieht die Welt schon anders aus."
    Die Verbände, Vereine und Jugendorganisationen wollen nun politisch Druck machen, damit die Finanzierung auch kleiner Gruppen dauerhaft gesichert wird. Auch die Jugendlichen selbst sollen sich engagieren und mit kreativen Aktionen die Aufmerksamkeit auf die Jugendarbeit richten.