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Justizrevolte gegen die FIFA

Nach den massiven Protesten kürzlich beim Confederations Cup in Brasilien droht dem Fußball-Weltverband jetzt noch größeres Ungemach. Die Bundesanwaltschaft im Veranstalterland der WM 2014 beurteilt Teile des sogenannten WM-Gesetzes als verfassungswidrig und hat beim Obersten Gerichtshof Klage gegen mehrere Bestimmungen eingelegt.

Von Thomas Kistner | 11.07.2013
    Generalstaatsanwalt Roberto Gurgel sieht verfassungsrechtliche Garantien und die Gleichbehandlung für brasilianische Bürger durch das denkwürdige Sondergesetz verletzt, das die Fifa der Regierung Dilma Rousseff im Juni 2012 aufgezwungen hatte. Darin werden unter anderem zehntausende Kleinhändler entrechtet und an der WM beteiligte Kommunen ermächtigt, sich für die Fußballparty mehr Schulden aufzuladen als bisher gesetzlich erlaubt.

    Im Kern greift die Bundesanwaltschaft zwei Artikel des WM-Gesetzes an, deren Annullierung weitreichende Folgen für die Fifa hätte: Die Steuerbefreiung für die sogenannte Fußballfamilie rund um den Weltverband und dessen Ableger sowie die Freistellung der Fifa von allen zivilen Haftungsansprüchen für Unfälle und Ereignisse im WM-Kontext. Das haftungsrechtliche Verursacherprinzip, so moniert der Bundesstaatsanwalt, lasse sich nicht willkürlich aushebeln und die Schuldfrage einfach pauschal auf die öffentliche Verwaltung abwälzen.

    Ebenso eindeutig ist die Position des Chefanklägers zur bizarren Steuerbefreiung, welche die Fifa auch schon bei der WM 2006 in Deutschland durchgesetzt hatte: Für eine solche Ungleichbehandlung gegenüber den brasilianischen Steuerzahlern bedürfe es ganz konkreter Begründungen. Solche aber sieht die Bundesanwaltschaft nicht, infolgedessen stelle die Steuerbefreiung "eine wirklich illegitime Begünstigung" der Fifa und ihrer Kostgänger dar, heißt es in der Klage.

    Der Profit der Fifa bei der WM in Brasilien wird bisher auf rund drei Milliarden Euro taxiert. Zugleich werden die Kosten für das Event mit rund elf Milliarden Euro beziffert, gut 90 Prozent davon muss die öffentliche Hand stemmen.