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Juwelenraub im Grünen Gewölbe
Kunsträuber stehlen offenbar weniger als vermutet

Dem Schock nach dem Einbruch in das historische Grüne Gewölbe in Dresden folgt vorsichtiger Optimismus: Nach dem Stand der bisherigen Ermittlungen haben die Diebe möglicherweise weniger aus der berühmten barocken Schatzkammer entwendet, als ursprünglich angenommen.

Von Lucas Görlach | 26.11.2019
Polizeiabsperrung vor dem Residenzschloss in Dresden
Im Grünen Gewölbe in Dresden befinden sich Juwelen und Kunstgegenstände von unschätzbarem Wert (Getty Images / Jens Schlueter)
"Selbst wenn man ahnt, was noch da ist, kriegt man Angst um da, was nicht mehr da ist", meinte gestern Abend Dirk Syndram - der Direktor des Grünen Gewölbes über die gestohlenen Objekte des berühmten Dresdner Museums.
Genauer Tathergang weiter unklar
Zum Tathergang selbst ist vieles noch unklar. Inzwischen wurde von der Polizei ein 32 Sekunden langes Video einer Überwachungskamera veröffentlicht. Dort sind zwei Personen zu sehen, die kurz vor 5 Uhr morgens mit einer Axt die Scheibe einer Vitrine zerstören. Der Polizei zufolge sollen sich die Tatverdächtigen über ein Fenster Zutritt verschafft haben. Wie genau sie dabei das Gitter überwinden konnten, sei Gegenstand der Ermittlungen - so der Leiter der Kriminalpolizei Dresden, Volker Lange:
"Ob gesägt oder mit Schneidbrenner oder mit der Trennscheibe, das werden wir uns erst anschauen müssen. Der Alarm hat ausgelöst bei der Alarmzentrale hier im Gebäude und die haben unverzüglich uns verständigt. Das Alarmkonzept für das gesamte historische Gewölbe ist insgesamt abgestimmt. Es gibt eine Alarmzentrale hier im Haus, es gibt entsprechen Rundgänge durch das Fachpersonal, Alarmmelder an bestimmten Punkten."
Das Sicherheitspersonal der Kunstsammlungen griff jedoch nicht ein – aus gutem Grund:
"Das ist in allen Museen der Welt so, Menschenleben geht vor Anderem. Das ist bei uns der Grundsatz und deshalb wird die Polizei gerufen, damit sie sofort vor Ort kommt und dann entsprechend Maßnahmen durchführen kann", sagt Marion Ackermann, die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.
Polizei richtet Sonderkommission ein
Von der Polizei wurde eine 20-köpfige Sonderkommission eingerichtet. Den Ermittelnden zufolge sollen die Einbrecher nach der Tat mit einem Audi A6 geflüchtet sein. Ein baugleiches Auto wurde kurze Zeit später in einem anderen Dresdner Stadtteil in Brand gesteckt. Ebenfalls gebrannt hatte am Morgen der Tat ein Strom-Verteilerkasten in der Nähe des Grünen Gewölbes. Daraufhin gab es in der Umgebung des Tatortes keine Straßenbeleuchtung mehr.
In Dresden löste das Verbrechen Betroffenheit aus:
"Ja ich bin ja hier aufgewachsen und habe das vor zwei Jahren auch noch mal angeguckt alles. Das macht einen nur traurig." – "Da waren wir gestern noch drin, haben uns das alles angeschaut. Ist ja sehr beeindruckend die Sammlung. Also, eigentlich nur ungläubig."
Direktor des Grünen Gewölbes vorsichtig optimistisch
Am Abend teilten die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit, dass vermutlich weniger gestohlen wurde, als zuerst angenommen. Vielleicht ist Dirk Syndram deswegen vorsichtig optimistisch:
"Es scheint, wie ich von der Spurensicherung gehört habe, da noch einiges Überstanden zu haben und dann bin ich gespannt, was wir von diesem bedeutendsten Teil unseres Juwelenschmucks des Barock dann noch haben. 1719, also vor 300 Jahren, war eine der Juwelengarnituren 1,7 Millionen Taler wert. Das sind 17 Tonnen Gold. Dafür können Sie sich die Hofkirche und die Freuenkirche und einen großen Teil des Zwingers Kaufen, damals. Also das war der Staatsschatz damals. Hat sich heute geändert. Aber ist heute eben Weltkulturerbe."
Das ganze Ausmaß des Schadens wird vermutlich erst heute im Laufe des Tages ersichtlich. Dann sollen Angestellte der Staatlichen Kunstsammlungen Zutritt zum Tatort bekommen.