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Kabinett
Prostituiertenschutz-Gesetz ist beschlossene Sache

Die Sexarbeit in Deutschland soll ab 2017 stärker reglementiert werden. Das Bundeskabinett billigte den Entwurf eines Prostitutionsschutz-Gesetzes von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD). Aus der Branche gibt es viel Kritik: Die Regelungen trieben Menschen in die Illegalität.

23.03.2016
    Eine Prostituierte wartet in Berlin auf ihre Kundschaft.
    Eine Prostituierte wartet in Berlin auf ihre Kundschaft. (dpa-Bildfunk / Tim Brakemeier)
    Das Gesetz sieht vor, dass Sexarbeiter unter 21 Jahren sich zweimal im Jahr gesundheitlich beraten lassen müssen. Außerdem sollen sie ihre Tätigkeit einmal pro Jahr anmelden. Ältere Prostituierte müssen sich jährlich beraten lassen und alle zwei Jahre neu registrieren. Der Hintergedanke: Im vertraulichen Gespräch beim Arzt könnten Frauen sich offenbaren, wenn sie Schutz vor Ausbeutung suchen.
    Wer ein Bordell betreibt, muss sich den Plänen zufolge den Betrieb genehmigen lassen. Dazu gehört eine Zuverlässigkeitsprüfung. Damit soll etwa unterbunden werden, dass vorbestrafte Menschenhändler ein Bordell betreiben. Außerdem werden Mindestanforderungen festgelegt, die für mehr Hygiene und Sicherheit sorgen sollen.
    Drei Männer gehen in Hamburg in ein Bordell auf der Reeperbahn. (06.01.2016)
    Wer ein Bordell betreibt, muss sich das genehmigen lassen. (picture alliance / dpa / Christian Charisius)
    Unwürdige Geschäftspraktiken wie "Flatrate-Sex" und "Gang-Bang"-Partys werden laut Gesetzentwurf verboten. Zudem müssen Freier beim Sex ein Kondom tragen. Wenn Bordelle oder Freier gegen die Regelungen verstoßen, ist ein Bußgeld fällig.
    Die Regelungen sollen von Juli 2017 an schrittweise umgesetzt werden. Über die Details der Neuregelung hatten Union und SPD bis zuletzt gerungen. Mit dem Entwurf korrigiert die Große Koalition die rot-grüne Liberalisierung der Prostitution aus dem Jahr 2002. Die damalige Regierung hatte die Prostitution entkriminalisiert, was in der Realität aber zu mehr Spielraum für Bordellbetreiber führte.
    Kritik von Prostituierten-Verband
    Aus der Branche gibt es unter anderem Kritik daran, dass alle Sexarbeiter sich registrieren müssen. Damit würde ihre Tätigkeit öffentlich gemacht - was nicht im Interesse aller sei. Undine DeRiviere, die Sprecherin des Berufsverbands erotischer und sexueller Dienstleistungen, hatte Anfang März im Deutschlandfunk gemahnt: "Dieses Gesetz geht in die völlig falsche Richtung. Die Meldepflicht wird einen Großteil der Branche in die Illegalität treiben. Damit sind wir außerhalb des Rechtssystems. Das heißt, Kolleginnen, die sich nicht anmelden, aus gutem Grund nicht anmelden, weil sie ein Outing fürchten, werden dann auch weniger gewillt sein, Übergriffe anzuzeigen beispielsweise."
    DeRiviere kritisierte weiter, die Bordell-Konzessionierung "wird uns in die Isolation treiben, weil es für kleine Zusammenschlüsse von Sexarbeitenden nicht möglich ist, solche Auflagen zu erfüllen." Sie betonte, es sei für Prostituierte kaum möglich, in einer kleinen Wohnung ein dann vorgeschriebenes zweites Bad einzubauen - eines für die Freier, eins für Prostituierte.
    (hba/tzi)