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Kämpfer für Pressefreiheit und Verfassung

Einer der bekanntesten Wortführer des "Jungen Deutschlands" war der Schriftsteller, Kritiker und Theaterleiter Heinrich Laube, der vor 200 Jahren geboren wurde. Gemeinsam mit Heinrich Heine kämpfte er um 1830 für Demokratie und bürgerliche Freiheitsrechte, bis seine Werke unter die Zensur fielen und er zu Festungshaft verurteilt wurde.

Von Ruth Fühner | 18.09.2006
    Am 18. September 1806 wird Heinrich Laube im schlesischen Sprottau geboren. Als er acht Jahre alt ist, tanzt in Wien der Kongress.

    Die Restauration hat über die Revolution gesiegt. Die Fürstenmacht ist wieder hergestellt, Metternich regiert mit eiserner Hand. Das Bürgertum verstummt, eingeschüchtert, zieht sich zurück in die Salons des Biedermeier. Salons lernt der Handwerkersohn Heinrich Laube erst mal nur als subalterner Privatlehrer kennen. Da mag er durchaus ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie Ferdinand, der Held seiner "Novelle":

    Er schritt über die Schwelle des hell erleuchteten Hauses. Es war Theegesellschaft da, man nahm ihn vornehm freundlich auf, der Banquier machte ihn mit seiner Familie bekannt. Die Frau vom Hause hatte ein eitles aufgeblasenes Gesicht, es war viel Schönheit in den Formen, aber eine gewisse Unordnung in den Zügen, sie behandelte Ferdinand mit jenem Gemisch von Kaufmannsdünkel, Geldstolz und halbgebildeter Artigkeit. Ihr Anzug war reich, aber ohne Geschmack, die Toilette üppig und frei.

    Laube hat in Halle Theologie studiert. Aber ein braver Pfarrer mag er nicht werden, angesteckt von den Ideen des Frühsozialismus, vom noch aufmüpfigen Geist der Burschenschaften. In diesem Sinn veröffentlicht er auch seine ersten Theater- und Literaturkritiken: um aus dem ofenhockerischen deutschen Publikum eine aufgeklärte, staatskritische Öffentlichkeit zu formen.

    "Jules Janin hat in Frankreich ganz Recht, wenn er die Journalistik eine Staatsgewalt nennt, sie ist‘s in politischer und schön- und geistig-wissenschaftlicher Rücksicht. Sie ist die Assisenverhandlung der öffentlichen Meinung, weil sie für Jedermann da ist, weil Jedermann liest. In Frankreich liest Alles, um zu wissen, um sich darnach zu richten: in Deutschland lesen die Meisten, um - zu lesen."

    Begeistert begrüßt Laube 1830 die Julirevolution in Frankreich, den Aufstand des Bürgertums, der den reaktionären König hinwegfegt, einen Aufstand, der auch einer für die Pressefreiheit ist.

    1832 prägt Laube als Redakteur der "Zeitschrift für die elegante Welt" das Etikett "jungdeutsch" für seine politische Gesinnung: das Einstehen für Pressefreiheit, staatliche Einheit und Verfassung - und für eine neue, emanzipatorische Moral (wie ernst es ihm damit ist, zeigt seine Heirat mit der Frauenrechtlerin Iduna Hänel).

    Bald aber wendet die Zensur den Begriff "Junges Deutschland" gegen Laube und seine Gesinnungsgenossen, darunter Heinrich Heine und Karl Gutzkow. Laubes Werke kommen auf den Index. Er selbst wird - wegen seiner Jugendsünden aus Burschenschaftszeiten - zu sieben Jahren Festungshaft verurteilt. Nur mit viel Glück sitzt er statt dessen ein paar Monate auf dem Gut des liberalen Schriftstellers von Pückler-Muskau ab. Doch danach ist Heinrich Laube nicht mehr derselbe. Er verpflichtet sich öffentlich,

    "künftig alles zu vermeiden, was die Religion, die Staatsverfassung und das Sittengesetz beleidigt."

    Verrat werfen ihm die einen deshalb vor, schließlich habe er sogar bei einem Frankreich-Besuch für die Preußen spioniert. Die anderen entschuldigen Laube als Opfer von Metternichs Polizei; die dritten verweisen darauf, dass er seinen Ideen treu geblieben sei: die nur langsam entstehende deutsche Nation mit den Mitteln der Literatur und des Theaters demokratisch zu formen.

    Mundtot jedenfalls ist er nicht zu kriegen. Als Dramatiker macht er durchaus Skandal - mit dem Stück "Rococo" wegen Unmoral, mit "Prinz Homburg" aus politischen Gründen. Und 1848, in der Paulskirche, ist Laube wieder dabei: Diesmal allerdings als Monarchist, der sein Mandat zurückgibt, als seine Träume von einem geeinten Deutschland einschließlich Österreichs platzen. Der neue Kaiser in Wien will seine Liberalität unter Beweis stellen und beruft Laube 1849 zum künstlerischen Direktor des Burgtheaters.

    Laubes Ära an der "Burg" gilt als Blütezeit, er setzt - neben eigenen Stücken - literarisch Anspruchsvolles auf den Spielplan, will sein Publikum bilden, erziehen. Er verbannt hohles Pathos und Schwulst von der Bühne - und er bindet ein Ensemble an die Burg, das nicht nur Hugo von Hofmannsthal begeistert:

    "Diese Schauspieler spielen ihre eigene Situation in dieser Stadt, die eine einzigartige, vollkommen scheinhafte und dabei großartige ist."

    Nach einem Krach mit dem Intendanten wechselt Heinrich Laube für zwei Jahre als Intendant nach Leipzig und kehrt dann nach Wien zurück, ans neu gegründete Stadttheater. Als einer der ersten großen Manager des deutschsprachigen Theaters beendet er 1880, vier Jahre vor seinem Tod, seine Karriere. Als Publizist des Jungen Deutschland hat er seinen Platz in der Literaturgeschichte. Als Romancier und Dichter allerdings ist er vergessen, und von seinen vielen Stücken ist keins mehr auf den Spielplänen zu finden.