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Kalte Fusion am Kapitol

Physik. - Fusionsenergie ist auf der Erde immer noch nicht verfügbar - das internationale Großexperiment Iter soll in einigen Jahren einen großen Schritt in diese Richtung sein, wenn auch zu gewaltigen Kosten. Neben der extrem aufwändigen heißen Fusion gibt es allerdings noch die zur kalten Fusion, die immer noch unter einem der bizarrsten Forschungsskandale der jüngeren Vergangenheit leidet. In der US-Hauptstadt Washington stellten die Fusionsforscher ihre jüngsten Ergebnisse vor.

Von Arndt Reuning | 14.08.2008
    August auf den Straßen von Washington DC ist definitiv zu heiß, um über kalte Fusion zu reden. Aber im Tagungshotel, ganz in der Nähe der Union Station und der National Mall, gibt es natürlich eine Klimaanlage. Und nicht nur das: Es gibt dort auch noch eine riesige Baustelle in der Eingangshalle. Überall stehen künstliche Wände mit Türen, die sich nicht öffnen lassen. Verschlungene Gänge, die manchmal als Sackgasse enden. Ein Auf und Ab über eine Vielzahl von Treppen. Der ideale Ort also, um Forscher auf dem Gebiet der Kalten Fusion in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten. Zu diesen Wissenschaftlern gehört auch Dr. David Nagel, Professor an der George Washington University im District of Columbia. Er hat die Konferenz mitorganisiert.

    "Wir haben die Konferenz nach Washington geholt, weil wir sie nahe am US-Kongress platzieren wollten - wir sind hier nur zwei Blocks weit vom Kapitol entfernt. Wir sind von verschiedenen U-Bahn-Stationen aus zu Fuß zu erreichen, so dass Programm-Manager uns besuchen können, und auch Journalisten. Bisher hatten wir damit aber nur begrenzten Erfolg – obwohl sie die Teilnehmerzahlen im Vergleich zum letzten Mal verdoppelt haben. Auf der Grundlage all jener bemerkenswerten Erkenntnisse, die wir auf diesem Gebiet besitzen, und die wir auf dieser Konferenz zusammengetragen haben, werden wir nun eine Zusammenfassung erstellen. Die wollen wir verteilen an die entsprechenden Kommissionen im Kongress – zum Beispiel für Wissenschaft, für Energie, für die Umwelt. Außerdem an die Ministerien für Energie und für Verteidigung, an die Umweltbehörde Epa und an die National Science Foundation. Außerdem an eine Reihe von Journalisten, die wir schon kontaktiert haben, zum Beispiel von der New York Times, aber von dort haben wir noch keine Antwort."

    Ein herausragendes, überraschendes Ergebnis der Konferenz sei von der israelischen Firma Energetics Technologies präsentiert worden, sagt David Nagel. Die Wissenschaftler haben wie im ursprünglichen Experiment von Fleischmann und Pons eine Apparatur benutzt, mit der sich Wasser spalten lässt. Allerdings legen sie an den Versuchsaufbau eine besondere Wechselspannung an, bei der sich verschiedene Frequenzen überlagern. Und sie helfen der Fusion mit Ultraschall nach. Und messen dabei nach eigenen Angaben, dass sie mehr Energie in Form von Wärme gewinnen als sie zuvor in das Experiment hinein gesteckt haben. Nagel:

    "They also reported a power gain of the order of seven. So you put in one unit of power, you get seven units of power out.”"

    Einen siebenfachen Gewinn an physikalischer Leistung wollen sie laut Nagel damit erzielt haben. Aber auch auf dem zweiten großen Forschungsgebiet innerhalb der Forschung an der Kalten Fusion seien Fortschritte erzielt worden. Nagel:

    ""Wenn es um Beweise für den Fleischmann-Pons-Effekt geht, dann kommt der Gewinn an Wärme an erster Stelle. Aber es gibt auch eine gewaltige Menge an Daten zur Transmutation, zur Elementumwandlung – von über zwanzig Laboratorien weltweit. Mit einer Vielzahl unterschiedlicher Instrumente. Und viele von uns, mich selbst eingeschlossen, glauben daran, dass das ein echter wissenschaftlicher Effekt ist."

    Auch deutsche Forscher haben auf der Konferenz in Washington ihre Ergebnisse vorgestellt. So zum Beispiel der Elektrochemiker Dr. Jan Marwan aus Berlin. Auch er hat sich dem grundlegenden Experiment von Fleischmann und Pons zugewandt. Um zu verstehen, was im Detail passiert, wenn Wasserstoffkerne bei Raumtemperatur verschmelzen. Der Prozess findet in einem Stückchen Edelmetall statt, Palladium. Marwan hat einen Weg gefunden, wie sich das Metall in Form eines Nano-Musters abscheiden lässt. Damit kann er die einzelnen Prozesse leichter studieren. Eine Möglichkeit, die bei den ersten Experimenten vor rund zwanzig Jahren noch nicht existiert hat. Marwan:

    "Das Problem ist aber, dass man dieses System erst einmal besser begreifen muss, bevor man eine Kalte Fusion überhaupt deklariert, ja? So, und diese Nanostruktur, die eröffnet die Möglichkeit, tiefgründiges Verständnis über dieses System zu erlangen. Und das ist das, was ich versuche, was wir versuchen mit anderen, und es gibt viele verschiedene Ansätze, aber an der Nanostruktur, denke ich, kommt man nicht vorbei."