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Kalter Rauch
Nikotin-Reste in rauchfreien Räumen

US-Forscher haben einen Hörsaal auf Feinstaub untersucht und dort jede Menge Nikotin-Rückstände gefunden - obwohl in dem Raum nicht geraucht worden war. Der sogenannte kalte Rauch könnte über die Kleidung von Rauchern oder über Lüftungssysteme hineingelangt sein - die Gesundheitsbelastung ist unklar.

Von Christine Westerhaus | 11.05.2018
    Der Rauch einer brennenden Zigarette aufgenommen
    Zigarettenrauch setzt sich hartnäckig in Kleidung, Möbeln und Wänden ab (picture-alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand)
    Jeder, der mal ein gebrauchtes Sofa oder einen Teppich aus einem Raucherhaushalt gekauft hat, kennt das Problem: Den Nikotin-Gestank wird man niemals wieder los.
    "Eine Kollegin hat neulich eine gebrauchte Couch aus einem Raucherhaushalt gekauft und auf Twitter um Rat gefragt, wie sie den Geruch wieder loswird. Viele Kollegen haben ihr geraten, die Couch einfach wegzuwerfen."
    Reste vom Zigarettenrauch im Hörsaal
    Doch die Rückstände aus Zigarettenrauch lauern nicht nur in den Wänden von Raucherwohnungen, Hotelzimmern oder Mietwagen. Peter DeCarlo von der Drexel University in Philadelphia und seine Kollegen haben sich einen Hörsaal vorgenommen und dort nach Feinstaub gesucht. Gefunden haben sie Reste von Zigarettenrauch – obwohl dort nie geraucht worden war.
    "Fast 30 Prozent des Feinstaubs in dem Raum stammte von kaltem Rauch oder war damit assoziiert. Und das hat uns total verblüfft – zu sehen, dass sogar in diesen Nichtraucher-Räumen die Belastung durch Tabakrauch so hoch sein kann. Mein Büro ist an dasselbe Lüftungssystem angeschlossen wie dieser Hörsaal. Und es hat mir die Augen geöffnet, was ich da so täglich an meinem Arbeitsplatz einatme."
    DeCarlo und seine Kollegen können bisher nur vermuten, woher die Zigaretten-Rückstände stammen. Vielleicht von Rauchern , die im Umfeld des Gebäudes gequalmt hatten. Über das Ventilationssystem könnte der kalte Rauch dann im Gebäude verteilt worden sein. Ein anderer Übertragungsweg: die Kleidung von Rauchern. Und selbst der Atem eines Rauchers enthält giftige Stoffe und das noch mindestens zehn Minuten nach dem letzten Zug an der Zigarette. Die Frage ist, ob die Mengen ausreichen, um Schaden anzurichten. DeCarlo:
    "Ich würde durchaus sagen, dass diese Rückstände der Gesundheit schaden. Immerhin machen sie fast 30 Prozent der Feinstaub-Partikel aus, die wir im Hörsaal gefunden haben - obwohl dort nicht geraucht wird. Ähnlich wird es in einem Büro aussehen, in dem man neben einem Raucher arbeitet. Man sitzt dort an fünf Tagen in der Woche mindestens acht Stunden lang. Das ist eine ziemlich lange Zeit. Wir sollten uns also wirklich Sorgen um diese Belastung machen."
    Kalter Rauch muss stärker erforscht werden
    Welche Folgen die Rückstände aus Tabakrauch für uns Menschen haben, ist bisher wenig erforscht, bestätigt auch das Deutsche Krebsforschungszentrum auf Nachfrage. Das ist die vielleicht wichtigste Schlussfolgerung aus dem Fund: Es könnte sich lohnen, der Sache nachzugehen.
    "Die meisten Untersuchungen, die wir zu den Folgen des kalten Rauchs gefunden haben, zeigen ähnliche gesundheitsschädliche Effekte, wie bei direktem oder Passivrauchen: Bei Mäusen kommt es häufiger zu Asthma, sie haben ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs, Wachstumsstörungen oder ein geschwächtes Immunsystem. Wir müssen zwar noch sehr viel über die Folgen des kalten Rauchs herausfinden. Aber es sieht ganz so aus, als ob er ähnlich gesundheitsschädlich ist wie das Passivrauchen."