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Kamine & Co.
Gemütlich, aber umweltschädlich

Immer mehr Menschen in Deutschland heizen mit Holz, nicht weil sie es müssten, sondern weil es ihnen um Behaglichkeit und Wohnkomfort geht. Gerade ältere Öfen und offene Kamine setzen aber jede Menge Feinstaubpartikel frei und tragen so zur Staubbelastung bei. Die Deutsche Umwelthilfe sieht die Politik in der Pflicht.

Von Dieter Nürnberger | 17.03.2016
    Ein Feuer brennt im Kamin in einer Almhütte bei St. Kassian in Südtirol, aufgenommen im Juli 2005.
    Kaminöfen sind seit Jahren im Kommen. (picture-alliance / dpa / Udo Bernhart)
    Aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe nimmt das Problem auf jeden Fall zu. Die Statistiken zeigen, dass es in Deutschland immerhin rund elf Millionen Holzfeuerungsanlagen gibt. Darunter fallen ganz verschiedene Öfen, wie beispielsweise Pelletanlagen, Stückholzkessel oder eben auch jene Produkte, die seit Jahren im Kommen sind: Kaminöfen, die vor allem als Zusatzheizquellen im Wohnzimmer genutzt werden. Hier geht es vielen Nutzer aber sicherlich auch eher um Behaglichkeit, um Wohnkomfort.
    All diese Öfen setzen natürlich Rauch und Ruß frei - und damit verbunden vor allem auch Feinstaubpartikel. Und das sei ein bekanntes Gesundheitsrisiko, sagt Hannah von Blumröder von der Deutschen Umwelthilfe:
    "Feinstaub dringt je nach Größe bis in die Lunge oder den Blutkreislauf vor. Es werden vor allem Lungenprobleme wie Asthma oder Bronchitis verursacht. Wenn er in den Blutkreislauf eindringt kann er auch Herzkreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkte bedingen oder verstärken. Krankheiten wie Asthma werden einmal ausgelöst, dann aber auch verstärkt."
    Vergleiche mit Feinstaubemissionen aus dem Verkehrsbereich
    Um die Problematik zu verdeutlichen, hatte man heute auch einen Experten aus Dänemark eingeladen: Kare Press-Kristensen vom Danish Ecological Council - und er untermauerte, dass bei vielen Holzfeuerungsanlagen sowohl im Raum, als auch in unmittelbarer Umgebung außerhalb der Räumlichkeiten beträchtliche Emissionen messbar seien.
    Press-Kristensen spricht inzwischen von einem großen Umweltproblem. Er sagt sogar, dass die Emissionen aus diesem Bereich inzwischen mit Feinstaubemissionen aus dem Verkehrsbereich vergleichbar seien.
    Neueste Zahlen für Dänemark würden sogar zeigen, dass dies gravierender als im Verkehrsbereich sei.
    Auch Publikationen des Umweltbundesamtes haben in der Vergangenheit schon für Deutschland eine solche Parallele gezogen, wenn auch eher konzentriert auf bestimmte regionale Forschungsergebnisse.
    Es ist aber auch nicht so, dass die Politik hier bislang untätig gewesen wäre. Es gilt in Deutschland beispielsweise seit 2010 eine Novelle der Kleinfeuerungsverordnung, das ist ein Teil der Bundesimmissionsschutzverordnung. Das Ziel: Die Feinstaubbelastung soll reduziert werden, es gibt Ausstoß-Höchstwerte und auch festgelegte Fristen für den Austausch von Altanlagen.
    Unterschätzte Umweltfolgen beim Heizen mit Holz
    Das alles sei aber nicht ausreichend, sagt Axel Friedrich. Er hat früher beim Umweltbundesamt gearbeitet - und er hat in der VW-Abgas-Affäre einige Berühmtheit erlangt, weil er unter anderem auch durch seine Messungen die Manipulationen im Autoabgas-Bereich nachweisen konnte. Axel Friedrich hat Zweifel, dass das derzeitige Überwachungssystem bei den Öfen verlässlich funktioniere:
    "Wir haben in diesem Bereich eine ganze Reihe von Problemen. Zum einen sind die Grenzwerte für die Öfen viel zu hoch. Zweitens ist auch die Messvorschrift falsch. Und drittens die eingesetzten Messgeräte sind unzuverlässig. Die Probleme sind derart, dass das ganze System nicht funktioniert."
    Der Deutschen Umwelthilfe geht es darum, künftig Verbrauchern mehr Orientierungshilfe zu geben. Konkret will auch Berater Axel Friedrich das bekannte Zertifikat des Blauen Engels als Umweltzeichen in diesem Bereich verankert wissen. Das gibt es bislang allerdings nur im Markt der Pelletheizungen.
    Man hofft nun darauf, dass eine Filtertechnik für diese Feuerungsanlagen verlässlich und vor allem auch preisgünstig als Standard entwickelt und vorgeschrieben werden kann. Denn die Umweltfolgen des Heizens mit Holz würden in Deutschland bislang eher unterschätzt.