Freitag, 19. April 2024

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Kammermusikfest Spannungen 2021
Aufbruch und Gedenken

"An die ferne Geliebte" gilt als erster Liederzyklus der Musikgeschichte. Ludwig van Beethoven hat darin unsterbliche Klänge der Sehnsucht geschaffen. Ian Bostridge und Festivalleiter Lars Vogt interpretieren das Werk beim Kammermusikfest Spannungen.

Am Mikrofon: Maja Ellmenreich | 17.01.2022
Ein Mann in grauem Anzug, blauer Fliege und Schnurbart steht vor einem schwarzen Hintergrund.
Einziger Sänger beim Spannungen-Festival 2021: Ian Bostridge. (imago / United Archives International)
Der Duft von frisch geröstetem Kaffee lag in der Luft, wenn Johann Sebastian Bach im Zimmermannschen Kaffeehaus in Leipzig das Collegium Musicum dirigierte. Etwa beim virtuosen Konzert für zwei Cembali, das er seinen beiden ältesten Söhnen in die Finger schrieb. Wenige Wochen vor ihrem frühen Tod vollendete Lili Boulanger ihr letztes Werk, "D’un matin de printemps", das impressionistisch schillernde Tongemälde eines anbrechenden Tages.
Schwarz-weiß-Aufnahme eine Frau mit Hut
Gewann als erste Frau überhaupt den Rom-Preis des Pariser Konservatoriums - mit 19 Jahren: die französische Komponistin Lili Boulanger. (imago stock&people)
Ein Freund der Familie Boulanger war Camille Saint-Saens. Sein zweites Klaviertrio schrieb er allerdings nicht in Paris, sondern auf der Terrasse einer maurischen Villa an der Küste von Algier. Leidenschaftlich klangwogende Musik mit feinen Reminiszenzen an Schumann, Schubert und Bach. Die unstillbare Sehnsucht nach Nähe wird im ersten Liederzyklus der Musikgeschichte besungen. Beethoven schrieb "An die ferne Geliebte" im Auftrag seines Förderers Fürst Lobkowitz, im Gedenken an dessen früh verstorbene Frau. Der Tod seiner geliebten Frau Otylka und deren Vater Antonín Dvorák stürzte auch Josef Suk in eine schwere Krise. Im zweiten Streichquartett findet er zu einer tief emotionalen und zerklüfteten Tonsprache, die die Grenzen der Harmonik streift.
Johann Sebastian Bach
Konzert für 2 Cembali, Streicher und Basso continuo C-Dur, BWV 1061. Ausgeführt mit 2 Klavieren, Streicher und Basso continuo
Lili Boulanger
D'un matin de printemps. Für Violine, Violoncello und Klavier
Camille Saint-Saens
Trio für Violine, Violoncello und Klavier Nr. 2 e-Moll, op. 92
Ludwig van Beethoven
An die ferne Geliebte. Ein Liederkreis nach Gedichten von Alois Jeitteles für Singstimme und Klavier, op. 98
Josef Suk
Quartett für 2 Violinen, Viola und Violoncello Nr. 2, op. 31
Ian Bostridge, Tenor
Aris Alexander Blettenberg, Klavier
Martin Helmchen, Klavier
Lars Vogt, Klavier
Florian Donderer, Violine
Christian Tetzlaff, Violine
Antje Weithaas, Violine
Elisabeth Kufferath, Viola
Marie-Elisabeth Hecker, Violoncello
Tanja Tetzlaff, Violoncello
Aufnahme vom 25. Juni 2021 aus dem Kraftwerk in Heimbach