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Kampf den Elterntaxis
Verkehrsprojekt macht Kinder fit für den Schulweg

Das Dortmunder Verkehrsprojekt "So läuft das!" will Kinder fit für den Straßenverkehr machen und gleichzeitig den zahllosen Elterntaxis vor Schulen entgegenwirken. Mit Erfolg, wie das Beispiel einer Grundschule im Dortmunder Süden beweist.

Von Almut Horstmann | 12.06.2019
Ein Fahrzeug wendet vor einer Schule
Viele Eltern trauen ihren Kindern zu wenig zu (picture alliance / dpa / Holger Hollemann)
Kurz vor acht Uhr an der ländlich gelegenen Ostenbergschule im Dortmunder Süden. In kleinen Grüppchen zu zweit oder zu dritt trudeln die Grundschüler, zu Fuß, mit Rollern oder per Fahrrad auf dem Schulhof ein. Während Lea gerade ihren Roller abstellt und Ole noch nach einem freien Fahrradständer sucht, erklären die Kinder, was sich hier verändert hat.
"Wir reden und lachen viel, das macht mehr Spaß als mit dem Auto zu fahren."
"Ich komme entweder zu Fuß, mit dem Roller oder mit dem Fahrrad zur Schule, und dann hat man dann auch Bewegung bevor man zur Schule geht."
"Ich komme jeden Morgen mit einem Freund und zum Beispiel tauschen wir uns auch manchmal auch über die Schule aus oder am Montag reden wir oft über unser Wochenende, weil das ist einfach schön."

"Und das macht mir sehr viel Spaß mit dem Roller zu fahren, weil man dann ein bisschen frische Luft bekommt vor der Schule - dann wird man wach morgens bin ich meistens noch verschlafen."
Übertriebene Vorsicht
Erst seit ein paar Wochen kommen Jakob, Rubi, Marie-Luise und Michael selbstständig zur Schule. Wie 50 Prozent der Kinder, die im Umkreis der Schule leben, wurden die Sechs- bis Zehnjährigen von ihren Eltern mit dem Auto zur Schule gebracht und wieder abgeholt. Für die Konrektorin der Schule, Gundel Maurer, übertriebene Vorsicht:
"Natürlich ist es so, dass man häufig auch von Elternseite den Kindern zu wenig zumutet. Ich denke, die Eltern haben in der heutigen Gesellschaft mehr Angst als früher um ihre Kinder, erstens, weil man natürlich so viel liest und - über die sozialen Medien sehr viel Schreckensnachrichten verbreitet werden -, die übertrieben sind."
Verkehrskonzept für Elterntaxis
Deshalb wurde ein Verkehrsprojekt eingeführt, das den Kindern mehr Sicherheit bieten soll. "So läuft das" nennt sich die Idee, die auch von der Stadt unterstützt wird. Um Eltern zu motivieren, ihre Kinder zu Fuß, per Roller oder Fahrrad in die Schule zu schicken, wurden Gefahrenpunkte rund um die Ostenbergschule mit Halteverbotsschildern und verkehrsberuhigten Zonen beseitigt. Denn Kinder müssen lernen, mit Verkehr umzugehen, meint der städtische Projektleiter Fabian Menke:
"Sonst haben die Kinder im späteren Leben Probleme das überhaupt wahrzunehmen und auch einzuschätzen. Und das sorgt am Ende noch für ein viel größeres Problem und sorgt eigentlich für größere Gefahren für die gesamte Kind- und Jugendzeit, aber auch für das Erwachsensein. Weil man die Grundlagen im Kindesalter nicht gelernt hat."
Nachhaltiges Belohnungssystem
Deshalb wurden für Eltern mit längerem Anfahrtsweg aus anderen Stadtteilen extra Haltezonen eingerichtet. An diesen Sammelpunkten können bis zu vier Elterntaxis gleichzeitig halten, ohne den fließenden Verkehr zu behindern. Von dort aus bestreiten die Kinder die restlichen 250 Meter bis zur Schule zu Fuß. Ole erzählt, wofür das gut ist:
"Man wird von den Lehrern auch dafür belohnt, kriegt dann einen Stern und dann wenn wir 2.000 Sterne haben, dann machen wir was Schönes, zum Beispiel einen Ausflug oder einen Film gucken."
Ein Belohnungssystem mit nachhaltiger Wirkung, sagt die Lehrerin Gundel Maurer:
"Wenn die Kinder ein Stück gegangen sind, haben sie sich schon ausgetauscht. Das heißt, wenn ich in die Klasse komme, kann ich sofort loslegen und muss nicht noch warten bis der neueste die neuesten Informationen ausgetauscht hat. Das ermöglicht uns mehr Unterrichtszeit als Lehrer und den Kindern natürlich auch mehr Lernzeit."
Und weil das Verkehrschaos vor der Ostenbergschule Geschichte ist, wollen die städtischen Verkehrsplaner das Projekt auch an anderen Grundschulen einführen.