Morgens, kurz vor acht. Gerade geht die Sonne auf, zwischen den Palmen am Strand sind noch keine Urlauber zu sehen. Das Insel-Paradies Huvafenfushi schläft. Nur 350 Meter lang und kaum 150 Meter breit, beeindruckt das Fleckchen Erde mitten im Indischen Ozean mit seinem Riff, prächtigen Fischen und vor allem Korallen. Doch die Invasion der Dornenkronenseesterne trifft sowohl Einheimische als auch den Hotelbetreiber der Insel, die thailändische Gesellschaft Per Aquum, hart. Um die Korallen zu schützen, hat sich am wartenden Motorboot eine 15-köpfige Gruppe mit Schnorcheln, Taucherflaschen, Schwimmflossen, langen Holzstangen und großen Jute-Säcken versammelt. Darunter die österreichische Meeresbiologin Lisa Bauer, die für Per Aquum arbeitet:
"Die Seesterne essen die Haut der Korallen und verdauen sie komplett. Sie sind dazu in der Lage, ihren Magen nach außen zu stülpen und decken die gesamte Koralle damit ab. Alles was übrig bleibt, ist ein weißes Skelett."
Kurz darauf haben die Seesternbekämpfer alles an Bord verstaut und es geht los durch das türkisblaue Wasser der Lagune.
Am Riff wartet auf das Team wahre Feinarbeit. Die lila-blauen Dornenkronenseesterne haben bis zu 40 Zentimeter Durchmesser, 23 Arme und sind über und über mit giftigen Stacheln besetzt. Sie müssen mit den Holzstangen vorsichtig von den Korallen gelöst werden. Dann kommen sie in die Stoffsäcke - immer mit der Gefahr, sich an den giftigen Stacheln zu verletzen. Die Ausrüstung wird verteilt - die Seesternjagd beginnt.
Vom Boot aus sieht man im glasklaren Wasser, wie die Taucher sich im Riff in zehn Meter Tiefe Stück für Stück vorarbeiten. Ein gefüllter Jute-Sack nach dem anderen wird an Bord gehoben. Durch den groben Stoff ragen die spitzen Stacheln der Seesterne hervor. Nach gut zwei Stunden kommt das Team wieder aus dem Wasser. Einer von ihnen, Hassan Zahid, begleitet die Seesternbekämpfung seit dem Beginn vor gut zwei Monaten:
"Ich glaube, wir schaffen es, dieses Riff innerhalb der nächsten zwei Wochen von Seesternen zu befreien. Dreiviertel haben wir geschafft. Anfangs haben wir jeden Tag 200 bis 300 Seesterne aus dem Wasser geholt. Dabei sind wir sehr vorsichtig, um die Korallen heil zu lassen."
Korallenriff von Dreiviertel der Seesterne befreit
Gut 80 Seesterne hat das Team heute vom Riff gesammelt. Als eine der ersten ist die Meeresbiologin Lisa Bauer zurück an Bord. Ihr Fazit:
"Das Riff ist ziemlich beschädigt und sieht nicht gut aus. Die Korallen sind komplett weiß und ausgeblichen. Einige von ihnen sind tot. So sieht es aus."
Ob und in welchen Zeiträumen sich kahlgefressene Korallen durch den natürlichen Besatz mit neuen Korallenlarven erholen, kann derzeit niemand sagen. Als das gesamte Team wieder an Bord ist, geht es für heute zurück zur Insel. Das Einsammeln der Seesterne wird nicht einfacher, sagt Inselmanagerin Shebo Akyurt, die sich an der Seesternjagd beteiligt:
Seesterninvasionen treten immer häufiger auf
"Als wir den Befall zum ersten Mal bemerkt haben und getaucht sind, konnten wir die Seesterne wie Äpfel von den Bäumen pflücken. Inzwischen haben sie offenbar bemerkt, dass sie gejagt werden. Sie verstecken sich zwischen den Korallen."
Früher traten die Seesterne im Pazifik einmal im Jahrhundert in Massen auf. Heute passiert das etwa alle 15 Jahre. Über die Gründe dafür kann bisher nur spekuliert werden: Ausrottung der natürlichen Fressfeinde durch Überfischung, Überdüngung der Meeres, Meereserwärmung durch den Klimawandel. Auf den Malediven werden die eingesammelten Dornenkronenseesterne bisher schlicht vergraben, damit sie sich im Wasser nicht weiter vermehren. Die Regierung arbeitet jedoch gemeinsam mit örtlichen Tourismus-Anbietern daran, die Seestern-Jäger mit mehr Geld und neuester Technik auszurüsten. Lisa Bauer:
"Tatsächlich gibt es inzwischen eine effektivere Methode. Man benutzt dabei große Spritzen, um den Seesternen etwas Säurehaltiges wie zum Beispiel Essig zu injizieren. Sie lösen sich dann innerhalb von 24 Stunden auf, weil sie mit der Säure nicht umgehen können, sterben im Wasser und müssen nicht vom Riff entfernt werden."