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Kampf gegen den Hunger
UNO fordert klimafreundliche Landwirtschaft

Wenn die Erderwärmung zunimmt, werden nach Einschätzung von UNO-Experten noch mehr Menschen von Hunger betroffen sein. Davor warnt die Organisation für Ernährung und Landwirtschaft der Vereinten Nationen (FAO) in ihrem aktuellen Bericht. Hunger, Armut und Klimawandel bedingen sich demnach gegenseitig.

Von Jan-Christoph Kitzler | 18.10.2016
    Eine Massai im Norden Tansanias
    Die Vereinten Nationen fordern eine rasche Anpassung der Landwirtschaft - hier in Tansania - an den Klimawandel. (AFP / Joseph Eid)
    Hunger, Armut und Klimawandel müssen zusammen angegangen werden, sagen die Experten der Welternährungsorganisation FAO. Denn allzu oft bedingt eines das andere. Besonders betont wird im diesjährigen "Zustandsbericht Nahrung und Landwirtschaft" der Welternährungsorganisation die Rolle der Bauern im Kampf gegen den Klimawandel. Man schätzt, dass die Landwirtschaft für 21 Prozent der weltweiten ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich ist. Schon allein deshalb führt an den Bauern kein Weg vorbei, sagt Martin Frick, Direktor bei der FAO, zuständig für Klima und Umwelt. "Zum einen ist die Welternährung unmittelbar gefährdet durch die Auswirkungen des Klimawandels. Wir haben lange über Klimawandel als zukünftiges Problem gesprochen, und jetzt sehen wir die Auswirkungen ganz direkt. Zum anderen ist aber Landwirtschaft auch eine der ganz großen Emittenten von Treibhausgasen."
    Die Kleinbauern sind die größten Opfer des Klimawandels
    Spätestens seit dem Klimaschutzabkommen von Paris ist Klimagerechtigkeit in der Staatengemeinschaft ein Thema. José Graziano da Silva, der Generaldirektor der FAO will den Fokus besonders auf die Kleinbauern richten, denn sie sind nicht nur eine zentrale Säule der Welternährung, sondern auch die größten Opfer des Klimawandels. "Das betrifft Bauern und vor allem die Armen. Die meisten von ihnen leben auf dem Land, sind Kleinbauern, Familien. In den Entwicklungsländern sind sie am meisten betroffen. Und sie haben kein Geld für die Kosten der Anpassung."
    Klimagerechtigkeit ist spätestens seit der UN-Klimakonferenz von Paris in der Staatengemeinschaft auch auf höchster Ebene ein Thema. Gleichzeitig aber muss die Landwirtschaft trotz Ausbreitung der Wüsten, trotz Böden, die unfruchtbar werden, die Produktion steigern. Experten schätzen, dass 2050 60 Prozent mehr Lebensmittel gebraucht werden als noch vor 10 Jahren. Noch einmal FAO-Direktor Martin Frick: "Das ist eine gewaltige Herausforderung. Die stammt nicht nur aus dem projizierten Wachstum der Weltgesellschaft, sondern auch aus der Tatsache, dass wir in der Armutsbekämpfung sehr erfolgreich gewesen sind. Menschen die mehr Geld verdienen, wollen eine anspruchsvollere Diät haben, essen mehr Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte und so weiter. Und das erhöht natürlich auch den Druck auf die landwirtschaftliche Produktion."
    Weltweit muss die Politik entschlossen handeln
    Dabei lässt sich viel tun, um das Klima zu schützen und trotzdem die Produktion zu steigern, sagen die FAO-Experten. Weil kurz gesagt zu viel Kohlenstoff in der Luft und zu wenig im Boden ist, können Bauern Pflanzen anbauen, die dieses Verhältnis umkehren. Vielerorts wird nicht industrielle Landwirtschaft die Lösung sein, sondern kleine gemischte Betriebe, die die Ressourcen auf vielfältige Art schonend nutzen. Und gleichzeitig kann Technik helfen, zum Beispiel bei der Bewässerung, oder durch neue Pflanzen, die besser mit dem sich ändernden Klima klarkommen. Ehemalige landwirtschaftliche Flächen müssen reaktiviert werden, denn die Abholzung von Wäldern zur Gewinnung neuer Flächen ist keine Lösung.
    Vor allem in den Entwicklungsländern brauchen Bauern nicht nur Beratung, sondern auch Investitionshilfen. Und weltweit muss die Politik entschlossen handeln, denn: "Viel Zeit haben wir nicht. Man muss ja auch sehen, dass diese Klimaveränderung jetzt einsetzt, sich beschleunigt, und dass wir riskieren, dass bei schnellem Temperaturwandel ganze Ökosysteme zusammenbrechen. Mir kommt das manchmal so vor, als ob wir gerade erst jetzt verstehen, wie kompliziert die Zusammenhänge eigentlich sind, die unser Leben ermöglichen. Und während wir das verstehen, sind wir eigentlich mit voller Geschwindigkeit dabei, das System zu zerstören."
    Martin Frick, der FAO-Direktor bezeichnet sich als Berufsoptimisten. Noch ist es nicht zu spät sagt er, um Hunger, Armut und Klimawandel gemeinsam zu bekämpfen. Aber es ist höchste Zeit.