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Kampf gegen Fachkräftemangel
Sächsische Unternehmen setzen auf Flüchtlinge

Die Wirtschaft in Sachsen sucht händeringend nach Personal. Dabei setzen Unternehmen verstärkt auf Flüchtlinge, wie eine Umfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammer zeigt. Demnach sind zwei Drittel der Firmen inzwischen bereit, Asylsuchende einzustellen.

Von Nadine Lindner | 28.10.2015
    Porsche Mitarbeiter montieren am 04.09.2014 mehrere Panamera in der Produktion der Porsche AG in Leipzig (Sachsen).
    Das Thema Asyl ist von starker Relevanz für die Wirtschaftsbetriebe in Sachsen: Auch die Industrie zeigt großes Interesse daran, Flüchtlinge oder Asylsuchende zu beschäftigen. (picture-alliance / dpa / Jan Woitas)
    Dieses recht deutliche Ergebnis hat uns überrascht und gefreut. So ordnete der Chef der IHK Dresden, Detlef Hamann die Umfrageergebnisse ein:
    "Ich sag es mal so, mit der grundsätzlichen Bereitschaft von 63 Prozent hätte ich in dieser Form nicht gerechnet."
    Vor allem die Gastronomie will Flüchtlinge beschäftigen
    Laut IHK-Umfrage ist eine Mehrheit von zwei Drittel aller befragten sächsischen Betriebe grundsätzlich bereit, Asylsuchende oder Flüchtlinge einzustellen.
    "Mit steigender Unternehmensgröße nimmt die Bereitschaft zu. Naheliegenderweise sehen hier große Betriebe mehr Möglichkeiten für die Integration von ausländischen Arbeitnehmern im Unternehmen."
    Vor allem in der Gastronomie ist das Interesse stark ausgeprägt, sagt Hamann:
    "Angesichts der Personal- und Ausbildungssituation in der Branche sicherlich nicht verwunderlich."
    Der Handel zeigt am wenigsten Interesse
    So sei die Zahl der Auszubildenden in den vergangenen zehn Jahren signifikant eingebrochen. Auf Platz zwei liegt die Industrie. Am wenigsten Interesse an der Beschäftigung von Asylsuchen und Flüchtlingen zeigte der Handel.
    26 Prozent der Betriebe konnten sich laut Umfrage eine Beschäftigung von Asylsuchenden nicht vorstellen. Die Gründe dafür seien vielfältig, so Hamann. Zu Sprachhindernissen komme eine Unsicherheit über die Bleibeperspektive der Asylsuchenden. Der Dresdner IHK-Chef zitiert aus einigen Antworten:
    "Also Fünfmannbetrieb ausgeschlossen und außerstande. Große kulturelle und religiöse Unterschiede, eine Vielzahl der Beschäftigen würde das nicht tolerieren und mir größere Probleme bereiten. Also offen und ehrlich geht es hier querbeet."
    Sächsische Wirtschaft steht vor großer demografischer Herausforderung
    Als überraschend gering wurde von den Befragten die Auswirkung des gesetzlichen Mindestlohns auf die Beschäftigung von Asylsuchenden und Flüchtlingen angesehen. Nur 28 Prozent gaben den Mindestlohn als Hinderungsgrund an.
    Im Oktober hatten alle sächsischen Industrie- und Handelskammern ihre Mitgliedsbetriebe zu einer Studie aufgefordert. Über 2.500 Unternehmen nahmen teil, das sei im Vergleich mit anderen Umfrage ein sehr hoher Rücklauf und verdeutliche die Relevanz des Themas Asyl auch für Wirtschaftsbetriebe im Freistaat. Nach Angaben der sächsischen IHKs ist es die erste Studie bundesweit, die detailliert die Beschäftigungsbereitschaft und Beschäftigungshemmnissen erforscht hat.
    Die sächsische Wirtschaft steht vor großen demografischen Herausforderungen: Nach Angaben der Agentur für Arbeit werden bis 2025 über 400.000 Arbeitnehmer altersbedingt ausscheiden.