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Kapitän Horst auf großer Fahrt

"Alle in einem Boot" - das hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer wörtlich genommen. Bei einem Ortstermin an der Donau lud die Staatskanzlei Befürworter und Gegner des Donau-Ausbaus zur Diskussion auf einen Flussdampfer.

Von Susanne Lettenbauer | 13.12.2012
    Der Wind weht eisig an diesem Morgen im Donauhafen von Straubing. Mit hochgeschlossenem Kragen kämpft sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer durch den Schneematsch Richtung Dampfer. Sein Ziel: Wählerstimmen für die CSU sichern.

    Die Wogen der Donau-Ausbaudiskussion zugunsten seiner Partei glätten. Hinter ihm dicht gedrängt Umweltminister Marcel Huber, Landwirtschaftsminister Helmut Brunner, beide CSU, Wirtschaftsminister Martin Zeil, FDP, sowie ein großer Tross Landtags-, Bundestags- und Europaabgeordnete. Wortlos geht Seehofer an Bord, denn noch ist kein Demonstrant zu sehen. Am Ufer steht mit Stefan Niedermeier einer der wenigen Befürworter des Donauausbaus und sieht dem, wie er sagt, "Spektakel" hinterher.

    "Ich denke, das ist ein Signal, dass es ihm wichtig ist; dass er sich ein Bild vor Ort macht und das ist, denke ich, ja wichtig. Ich sehe das durchaus positiv."

    Positiv vor allem für sein nahegelegenes Gründerzentrum. Niedermeier versucht, kleine und mittelständische Betriebe in die strukturschwache Region Straubing zu holen – mithilfe der kostengünstigen Binnenschifffahrt auf der Donau. Ein Mitarbeiter des dortigen Biocampus Nachwachsende Rohstoffe deutet auf die Rapsmühle im Hafen. Der Ausbau der Donau würde die Zulieferung der Binnenschiffe aus Osteuropa erleichtern. Hoffnungsvoll sehen beide der ablegenden Kristallkönigin nach mit Seehofer an Bord. Im Januar wird sein Kabinett eine Entscheidung fällen, heißt es.

    "Man muss schon drauf vertrauen. Das ist ja eine Entscheidung, die für Jahrzehnte lang das Ganze Gebiet beeinflusst und da bin ich mir sicher, dass alle Akteure das am besten entscheiden unter Berücksichtigung aller Umstände."

    Gemächlich treibt die Kristallkönigin auf der Donau dahin. Sechs Stunden wird der Dampfer unterwegs sein, dreimal für Begegnungen mit Bürgern am Ufer andocken. Denen hört Seehofer betont geduldig zu, denn im kommenden September wird im Freistaat ein neuer Landtag gewählt und der Ausbau der Donau könnte Wählerstimmen kosten. Seit 20 Jahren wird diskutiert, ob die Wasserstraße auf 70 Kilometern für Schiffen mit größerem Tiefgang ausgebaut werden soll, ob mit oder ohne Staustufen, darüber wird gestritten. Es gibt in Niederbayern kein anderes Thema, das so viele Bürger mobilisiert.

    Auf dem Dampfer posiert der Ministerpräsident lächelnd neben dem Steuerrad auf der Schiffsbrücke. Käpten Horst in Aktion. Ein Schnapsschuss für die Fotografen.
    Am Ufer stehen derweil immer wieder kleine Menschengruppen, halten Protestbänder hoch. Der alte Fährmann von Mariaposching schaut dem einsam dahin schippernden Dampfer kopfschüttelnd hinterher:

    "Fährmänner: Das steht doch sowieso schon lange fest, wie das ausgebaut wird, das ist doch immer das Gleiche, wenn die Wahlen sind und hinterher schaut es wieder ganz anders aus."

    "Grüß Gott miteinander! Grüß Gott Herr Ministerpräsident! Freie Partner für eine freie Donau!"

    Die Kristallkönigin macht Station an der Anlegestelle des Rudervereins Deggendorf. Seehofer wird mit schrillen Trillerpfeifentönen begrüßt. Es sind Bürger, die dem plötzlichen Interesse des CSU-Chefs an der Donau misstrauen.

    "- Demonstranten 1, 3, 4: Wahlkampfgedöns."
    "- Ja, das hat schon was damit zu tun, aber vielleicht kann man dann auch was durchsetzen, weil die Wahl bevorsteht."
    - Naja, das ist schon Wahlkampfgeplänkel, das ist mir schon klar, aber das muss man ausnutzen."

    Sagen die Ausbaugegner und empfangen Seehofers Parteifreund, Umweltminister Marcel Huber, mit begeisterten Rufen. Denn Huber hatte sich bereits im Sommer – sehr zum Ärger vieler CSU'ler – überraschend klar gegen den Donauausbau ausgesprochen - die Umweltzerstörung stünde in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen, begründete der Minister sein Veto. An diesem Tag hält Huber sich zurück, stattdessen erzählt Seehofer von seiner Kindheit an der Donau in Ingolstadt.

    "Ich bin ja selbst an der Donau aufgewachsen, 150 Meter vom Donauufer entfernt. Die Donau war für mich als Kind sozusagen das Refugium, wo wir gebadet haben, wo wir unsere Freizeit verbracht haben."

    "Grüß Gott, Herr Ministerpräsident. Ich bin ein Fischer und wir würden gerne unsere 56 Fischarten, die wir in der frei fließenden Donau haben, behalten."

    Konkrete Antworten auf die vielen Bürgerfragen gibt Seehofer keine. Denn der Ministerpräsident muss schnell weiter. Zurück auf den Luxusdampfer, die nächsten Wähler beruhigen.:
    Die Demonstranten packen resigniert die Plakate ein. Überzeugt hat sie sein Auftritt nicht. Seit Jahren kämpfen die Deggendorfer für kleinere Donauschiffe, für eine touristische Nutzung des Flusses und gegen eine kanalisierte Wasserstraße. Ironisch sagt dieser Mann:

    "Der Seehofer ist natürlich ein Profi sondergleichen, wie ein Vater spricht er zu seinen Kindern, natürlich wird er die größte Verantwortung übernehmen."

    Kurz vor dem nächsten Halt in Niederaltaich fährt ein Güterschiff an den Demonstranten vorbei. Vom Bug bis zum Heck spannt sich eine riesige Leinwand mit der Aufschrift: "Für den Donauausbau". Die Protestierenden sind empört.

    Das Thema Donau lässt sich nicht so einfach abräumen. Immer wieder wiederholt er, noch sei in puncto Donauausbau nichts entschieden, noch denke er darüber nach.

    "Wir haben verstanden, wie sie denken. Das war sehr überzeugend, das war sehr argumentativ. Es war wirklich eine sehr eindrucksvolle Dokumentation der Volksmeinung. Des Volkswillen. Und gehen Sie davon aus, dass dies auch in unsere Diskussion, in unsere Bewertung und am Ende auch in unsere Entscheidung einfließen wird. Davon dürfen sie ausgehen."