Donnerstag, 23. März 2023

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Deutscher Karikaturenpreis 2021
Normal, aber anders

Den 22. Deutschen Karikaturenpreis unter dem Motto „Normal, aber anders“ gewinnt der Zeichner Olaf Schwarzbach für seine Karikatur "M-Wort". Mit Silber wurde Kai Flemming, mit Bronze Katharina Greve prämiert. Der Nachwuchspreis geht an Annika Frank.

14.11.2021

    Die Karikatur "M-Wort" von Olaf Schwarzbach zeigt eine große und eine kleine Kartoffel, die auf der Straße an einer Karotte vorbeigehen. Die große Kartoffel weist die kleine zurecht: "Mohrrübe sagt man nicht! Das heißt Karotte."
    Olaf Schwarzbach: "M-Wort" (Deutscher Karikaturenpreis 2021 / Olaf Schwarzbach)
    Die Sieger des 22. Deutschen Karikaturenpreises stehen fest: Im Dresdner Schauspielhaus wurden die Werke von Olaf Schwarzbach, Jan Flemming und Katharina Greve mit dem Geflügelten Bleistift prämiert - der Nachwuchspreis ging an Annika Frank. Der Preis, verliehen von "Sächsischer Zeitung" und "Weser-Kurier", ist mit insgesamt 11.000 Euro dotiert. Die Siegerwerke wurden von einer neunköpfigen Jury ermittelt - 248 Künstlerinnen und Künstler hatten mehr als 1100 Karikaturen eingereicht. In diesem Jahr stand der Preis unter dem Motto: "Normal, aber anders".
    Vorjahressieger und Jurymitglied Wolf-Rüdiger Marunde sprach im Deutschlandfunk über den Deutschen Karikaturenpreis und blickte auf die Entwicklung der Karikatur im digitalen Raum: "Der Zeichenstil verarmt ein bisschen", sagte er im Corsogespräch.

    Geflügelter Bleistift in Gold: Olaf Schwarzbach - "M-Wort"

    Die Karikatur "M-Wort" von Olaf Schwarzbach zeigt eine große und eine kleine Kartoffel, die auf der Straße an einer Karotte vorbeigehen. Die große Kartoffel weist die kleine zurecht: "Mohrrübe sagt man nicht! Das heißt Karotte."
    Olaf Schwarzbach: "M-Wort" (Deutscher Karikaturenpreis 2021 / Olaf Schwarzbach)
    Mit dem Geflügelten Bleistift in Gold wurde der Berliner Karikaturist Olaf Schwarzbach für sein Werk „M-Wort“ geehrt. Die Begründung der Jury:

    Es dominiert das geschriebene Wort. Völlig zu Recht, denn die Aussage ist ja schon witzig genug, um zu zeigen, wie das Ringen um korrekte Sprache ins Absurde kippen kann. Der Zeichner gibt sich damit nicht zufrieden und erfreut uns mit Gemüsekarikaturen aus der Großstadt. Absurditäten im Korrekturwahn. Und nach dem ersten Lachen darf man noch über ein wunderbar unkorrektes Detail kichern: die prekäre Zwiebel, die berauscht an der Mauer lehnt und vermutlich vergebens auf ein paar Münzen von der korrekten Kartoffel hofft. Das alles ist mit so viel Liebe zum Detail eingefangen, dass es nicht nur amüsiert, sondern auch berührt.

    Olaf Schwarzbach, Künstlername OL, wurde 1965 in Berlin geboren. Er machte eine Lehre als Offsetdrucker und arbeitete als Kupferdrucker beim Staatlichen Kunsthandel der DDR. Nachdem die Staatssicherheit während einer Wohnungsdurchsuchung seine systemkritischen Comics beschlagnahmte, floh Schwarzbach nach Westdeutschland. Seit 1990 zeichnet er unter anderem für das Magazin "Kowalski", "zitty", "tip", den "Tagesspiegel", "Die Zeit", die "Berliner Zeitung", "Jungle World", das "Börsenblatt" und "n-tv.de". Heute lebt und arbeitet er als freiberuflicher Cartoonist in Berlin.
    Olaf Schwarzbach wurde für sein Werk unter anderem mit dem Heinrich-Zille-Karikaturenpreis 2018 ausgezeichnet und konnte bereits zweimal den Geflügelten Bleistift in Bronze erringen.

    Geflügelter Bleistift in Silber: Kai Flemming - "Rassistische Klischees"

    Die Karikatur "Rassistische Klischees" von Kai Flemming: In einem Café sitzen zwei rassistische Stereotype (ein Afrikaner mit nacktem Oberkörper und Knochen im Haar sowie ein Asiate mit Reishut, Schlitzaugen und gelber Haut) und beschweren sie bei der Bedienung: "Der Kaffee ist kalt, das Besteck ist dreckig..." sagt der Afrikaner. "Was machen Sie eigentlich beluflich?", fragt der Asiate. Die Kellnerin antwortet: "Ich bediene rassistische Klischees".
    Kai Flemming: "Rassistische Klischees" (Deutscher Karikaturenpreis 2021 / Kai Flemming)
    Der Geflügelte Bleistift in Silber ging an Kai Flemming. Die Begründung der Jury:

    Warum nicht ein- oder zweimal um die Ecke biegen, bis man zur Pointe gelangt? Dabei schafft Kai Flemming ein raffiniertes Kunststück: Scheinbar platt legt er es auf einen Brüller, einen Schenkelklopfer an: Der Chinese, der mit Kegelhut, dünnem Bart und – natürlich! – Schlitzaugen kein „r“ splechen kann – au weia! Und erst der Afrikaner mit Knochen im krausen Haar, der die Bedienung im Schnellrestaurant anmotzt… Man befürchtet Schlimmstes – doch was macht die Kellnerin? Nach eigener Aussage bedient sie hier nur Klischees. Nein, kein Brüller, kein Schenkelklopfer – man reagiert eher mit einem feinen, kleinen, glücklichen Lächeln über so viel Eleganz. Und für Feinschmecker: Das „Angebot der Woche“ auf dem Tisch ist ein weiteres wunderbares Detail…

    Kai Flemming wurde 1964 geboren. Er kommt aus Hamburg und arbeitet als Werbetexter. Flemming veröffentlicht seine Cartoons seit gut sieben Jahren, unter anderem in der "Frankfurter Rundschau", im "New Business Österreich", im "Robb Report", im "Eulenspiegel", beim "Borsteler Boten", beim Lappan und KIM Verlag sowie in der "Loved&Found"-Sonderausgabe "Nous Sommes Humaines". 2016 und 2017 nahm er an der Sommerakademie für Komische Kunst in Kassel teil.
    Vor vier Jahren wurde Kai Flemming mit dem Nachwuchspreis des Deutschen Karikaturenpreises geehrt.

    Geflügelter Bleistift in Bronze: Katharina Greve - "Antisemitismus"

    Die Karikatur "Antisemitismus" von Katharina Greve: Ein Fernsehteam interviewt zwei glatzköpfige Männer, die Bomberjacken mit Symbolen eindeutig rechtsextremistischer Gesinnung tragen. "SIE distanzieren sich von dem Attentäter in Halle?", fragt die Reporterin ungläubig. "Ja. Wir wollen nicht auf Antisemitismus reduziert werden", antwortet einer der beiden Neonazis.
    Katharina Greve: "Antisemitismus" (Deutscher Karikaturenpreis 2021 / Katharina Greve)
    Katharina Greve erhielt für ihre Karikatur "Antisemtismus" den Geflügelten Bleistift in Bronze. Die Begründung der Jury:

    Linien und Flächen, keine Schattierungen, Reduktion auf das Notwendige – bei Katharina Greves Cartoon scheint alles ganz klar zu sein. Wirklich? Klar, die beiden Skinheads stehen breitbeinig rechts im Bild, versehen mit den einschlägigen Insignien: Stoppelfrisur, Bomberjacke, Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln. Und die „18“ als Patch und Zahlencode für Adolf Hitlers Initialen. So weit, so eindeutig. Doch dann sagt der eine Unhold auf die Frage der Reporterin, er und seine Gesinnungsgenossen wollten „nicht auf Antisemitismus reduziert werden“. Wird hier mit Entsetzen Scherz getrieben? Sicher, auf eine heilsame Art: Der Neonazi hat nämlich ein Eigentor geschossen und zugegeben, dass seine Menschenverachtung weit über jüdische Bürger hinaus reicht – wie beim Original. Doch, Humor darf auch mal tiefschwarz sein – vor allem, wenn es um politisch Braune geht.

    Katharina Greve wurde 1972 in Hamburg geboren und lebt mittlerweile in Berlin. 1991 begann Greve ihr Architekturstudium an der Technischen Universität Berlin, welches sie 1999 mit dem Diplom abschloss. Seit 2002 ist sie freiberuflich als Comic-Zeichnerin, Cartoonistin, Künstlerin und Autorin tätig. Ihre Zeichnungen veröffentlicht Greve unter anderem im Satiremagazin "Titanic", in der Zeitschrift "Das Magazin", in der "taz", im "Tagesspiegel" und in der Zeitung "Neues Deutschland".
    Katharina Greve wurde schon mit einer Vielzahl von Preisen geehrt, mehrfach prämiert wurde etwa ihre innovative Cartoon-Collage "Das Hochhaus - 102 Etagen Leben".

    Nachwuchspreis: Annika Frank - "Neue Normalität"

    Die Karikatur "Neue Normalität" von Annika Frank: Eine Frau mit Partyhütchen auf dem Kopf steht vor einem Tisch mit prächtig verpackten Geschenken. Sie hält ein selbstgemaltes Bild in Händen und schreit ihr furchtsam neben ihr stehendes Kind an: "Etwas Selbstgemachtes? Ist wieder Pandemie, oder was!?!"
    Annika Frank: "Neue Normalität" (Deutscher Karikaturenpreis 2021 / Annika Frank)
    Der Nachwuchspreis des 22. Deutschen Karikaturenpreises geht für die Arbeit "Neue Normalität" an Annika Frank. Die Begründung der Jury:

    Normalität spielt sich überwiegend jenseits des Politischen ab – wenn Familienfeiern entgleisen und in kleine Katastrophen münden, zum Beispiel. Das ist – um unser Motto zu bemühen - normal, aber doch anders. Zumindest anders als gedacht. Etwa, wenn ein Geschenk statt Freude Ärger bereitet. Und das aus einem Grund, der gar nicht offensichtlich ist. Die Pandemie macht eben alle zu Opfern – auch den kleinen Jungen, dessen „Selbstgemachtes“ bei Mama nur trübe Erinnerungen an den Lockdown weckt. Fast können einem beide leid tun – aber dafür ist es dann doch wieder viel zu witzig. Was natürlich auch daran liegt, dass die Gesichter umwerfend gezeichnet sind. Wir jedenfalls hoffen auf noch ganz viel „Selbstgemachtes“ von Newcomerin Annika Frank.

    Annika Frank wurde 1991 in Mannheim geboren. Sie studierte Kultur und Wirtschaft an der Universität Mannheim sowie der Chinese University of Hongkong, mittlerweile promoviert sie an der Universität Mannheim im Bereich der Comicforschung. Zudem arbeitet Frank als freiberufliche Cartoonistin, Illustratorin und Grafikdesignerin. 2016 bestritt sie ihre erste Ausstellung in Brühl, 2018 und 2019 wurde sie zur Teilnahme an der Sommerakademie für Komische Kunst der Caricatura Galerie Kassel ausgewählt. Ihre Arbeiten entstehen zum einen klassisch auf Papier, zum anderen modern am Zeichentablet und erscheinen hauptsächlich in der "Stadtteilzeitung Mannheim" sowie in verschiedenen Anthologien wie dem Lappan und dem Holzbaum Verlag. Außerdem illustriert sie für den Coppenrath Verlag.

    Ab 2022 neuer Partner: Rheinische Post

    Im nächsten Jahr wird der Deutsche Karikaturenpreis durch einen neuen Partner ergänzt: „Karikaturen machen Politik auf eine besonders feinsinnige und zugleich spielerische Art in vielen Facetten erlebbar. Wir freuen uns daher sehr, den Deutschen Karikaturenpreis ab 2022 als neuer Partner gemeinsam mit der Sächsischen Zeitung und dem WESER-KURIER präsentieren zu dürfen“, sagt Moritz Döbler, Chefredakteur der Rheinischen Post. Daher findet die Preisverleihung 2022 auch erstmals in Düsseldorf statt, der Heimatstadt der Rheinischen Post.