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Karl Lagerfeld gestorben
"Es fängt mit mir an und hört mit mir auf"

Hamburg war ihm zu klein - schon früh wusste Karl Lagerfeld, dass er nach Frankreich wollte. Noch als Schüler gewann er seinen ersten Modewettbewerb und begann eine einzigartige Karriere in der Modewelt. "Chanel" machte er wieder groß - und hielt sich selbst auch mit provokanten Sprüchen im Gespräch.

Von Barbara Kostolnik | 19.02.2019
    Der Modedesigner Karl Lagerfeld ist gestorben.
    Der Modedesigner Karl Lagerfeld ist tot (dpa / picture alliance / Stefan Kiefer)
    Karl Lagerfeld kann nicht tot sein. "Erstens bin ich unsterblich", verkündete er 2014 im Brustton der Überzeugung. Ein Zweitens brauchte es gar nicht mehr. Kaiser Karl, der ungekrönte König von Paris ist zweifellos unsterblich. Unsterblich geworden. Was er schon sehr früh wusste: "Irgendwie hab ich mir gesagt, eines Tages wirst du mal weltberühmt sein, da war ich vielleicht fünf, sechs Jahre, komisch, nicht?"
    Das Kind Karl, Sohn des Hamburger Glücksklee-Kondensmilch-Fabrikanten Otto Lagerfeld und seiner Frau Elisabeth, wuchs wohlbehütet dreisprachig auf - deutsch, englisch, französisch. Was das Kind Karl auch schon wusste: Hamburg würde ihm zu klein sein. "Mein Fall war alles, was französisch war, das wollte ich und da wollte ich hin. Und daher hab ich auch Französisch gelernt. Ich sagte immer, hier muss ich raus. Ich fand Hamburg ok, aber das entsprach nicht meiner Vorstellung."
    Kreativdirektor bei Chanel
    Und die Vorstellungskraft von Karl Lagerfeld sprengte schon damals jeden Rahmen. Als er Mitte der 50er-Jahre in Paris ankam, setzte er mit 16 ein erstes Ausrufezeichen: Noch als Schüler gewann er den ersten Preis des internationalen Wollsekretariats. Mit einem Mantel für Pierre Balmain, dessen Assistent er dann auch wurde. Es folgten die Modehäuser Fendi und Chanel, dem er 1983 als Kreativdirektor neues Leben einhauchte - gegen alle Vorbehalte. "Wie ich das angefangen habe, hieß es immer: Gehen Sie nicht ran, das ist unmöglich, das ist vorbei."
    Lagerfeld aber ließ sich nicht beirren: Er machte Chanel wieder zu DER Marke und einer gnadenlosen Geldmaschine. Wobei Geld für ihn nie die treibende Kraft gewesen war: "Für mich ist Geld etwas, was aus dem Fenster geworfen wird, um durch die Tür wieder reinzukommen."
    Markenzeichen Sonnenbrille
    Je mehr er warf, desto mehr kam - auch bei seiner eigenen Marke "Karl Lagerfeld", die zu Beginn keiner kaufen wollte und die mittlerweile eine riesige Palette inklusive Schmuck und Parfum umfasst. "Je suis la mode, mais je suis ma mode" - er folge der Mode, aber seiner Mode. Erklärte er 2014. Schnoddrig, egoman. Unverwechselbar.
    "Frauen tragen Büstenhalter, ich trage meine Sonnenbrille." Und einen weißen Zopf - plus hochgeschlossenem Kent-Kragen, der ihn radikal asketisch wirken ließ. Dabei war der Modezar bei weitem nicht immer so schlank: Im Jahr 2000 hungerte er sich 42 Kilogramm vom Leib. Klar, dass Karl Lagerfeld das Geheimnis seiner Diät in Buchform vermarktete. Denn der Mann war nicht nur ein Schöpfer - sondern auch ein Vermarkter-Genie. Dazu gehörten Legionen flotter Sprüche:
    "Das Loch in der Sozialversicherung kommt zu einem großen Teil von Übergewichtigen und ihren Krankheiten."
    Leben mit Katze Choupette
    Mit Provokationen wie dieser blieb er immer im Gespräch - er kritisierte Angela Merkels Flüchtlingspolitik, lobte die Beine von Brigitte Macron und erklärte den Privat-Jet zum einzig wahren Fortbewegungs-Mittel: "Wissen Sie, heutzutage, Normalfliegen, wenn man so wie ich bin, da wird man von Leuten Tag und Nacht fotografiert - das tue ich nicht mehr, nicht in diesem Leben."
    Ein Leben, das er zuletzt mit seiner Katze Choupette - auch sie ein Social-Media-Star - teilte. Und in dem er zahllose Musen wie Claudia Schiffer förderte oder verschliss. Karl Lagerfeld ist Pop: Oscar Wilde und Andy Warhol - nicht von dieser Welt. Und sein Motto so unsterblich wie er selbst: "Meine Devise im Leben ist, es fängt mit mir an und es hört mit mir wieder auf."
    Nein. Karl Lagerfeld ist nicht tot.