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Karrierestart auf der Möbelmesse

Derzeit findet in Köln die "imm cologne" statt, die internationale Einrichtungsmesse. 1300 Aussteller aus mehr als 50 Ländern präsentieren ihre Produkte. Jährlich drängen neue Unternehmen und Produkte auf den Markt und für junge Designer ist es gar nicht so einfach einen Fuß in die Tür zu kriegen. Deshalb gibt es auf der Möbelmesse auch eine Halle, die sich nur den sogenannten Design talents widmet, Jungdesignern mit unkonventionellen Ideen und großer Motivation.

Von Christina Schaffrath | 17.01.2008
    Jungdesigner beschreiben ihr Produkt:

    "Sehr vielseitig.

    Ein bisschen was Nestartiges.

    Organisch geformt.

    Yellow loops which are like a jellyfish.

    Hochglanzlackiert.

    Florale Muster. "
    Halle 2.1 auf der Kölner Möbelmesse: wild geschwungene Hängelampen, mobile Küchenmöbel zum Herumrollen, komfortable Liegen, auf denen ganze Fußballmannschaften Platz finden - das Forum der Jungdesigner.

    Auf einem Podest stehen die bunten Rollcontainer von Stephan Boltz. Er beklebt ausrangierte Flugzeugtrolleys mit digital bedruckten Folien, die so zum praktischen Aufbewahrungsmöbel für daheim werden.

    "Wir haben immer versucht, Gegenstände, die ihren Ursprung woanders haben in die normalen vier Wände zu bringen."

    Mit Erfolg. Die erste Auflage von 287 Trolleys, verziert mit schwarz-weißen Grafiken, Bergpanoramen oder barocken Mustern, ist bereits verkauft. Stephan Boltz hat damit internationale Aufmerksamkeit erreicht und Händler in Deutschland, Italien und Israel gefunden.

    "Ich versuche mich mit den Mustern am derzeitigen Trend zu orientieren, macht die Sache einfach leichter als zu versuchen einen neuen Trend zu setzen. Ich denke dafür bin ich einfach ein zu kleines Unternehmen, als irgendwie meinen zu müssen, ich müsste jetzt hier das Rad neu erfinden."
    Nicolas Reber und Markus Abele versuchen einen Trend zu bedienen: den Mittagsschlaf. Dafür haben sie ein neuartiges Produkt entwickelt: Ihre Napshell soll das ungestörte Schläfchen am Arbeitsplatz ermöglichen - das sogenannte Powernapping.

    "Weil jeder Mensch mittags ein biologisches Tief hat ist eine kurze Auszeit gerade am Mittag sehr, sehr wichtig, und wenn man da kurz schläft, ist es optimal."

    Wie eine riesige Computermaus sieht die Schlafmuschel aus, in der man sich zum Nickerchen zusammenrollen kann. Für ihre Idee haben sich die Jungunternehmer selbständig gemacht und das Produkt entwickelt und realisiert. Jetzt steht ihr Prototyp auf der Messe.

    "Es gibt immer wieder Hoch- und Tiefpunkte. Man muss sich ein Limit setzen, wie lange man das durchhalten kann. Andererseits, wenn man sieht, wie begeistert die Menschen darauf reagieren, das gibt Ansporn. Man muss sich manchmal hochpushen. Das wird sicher auch noch eine Weile so gehen."

    Doch Nicolas Reber glaubt fest an seine Chance und an den Erfolg der Napshell. Auf der Messe will er neue Interessenten und Vertriebspartner zu finden.

    Angehende Designer nutzen die Messe, um ihre Ideen erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen, so wie Eva Marguerre von der Hochschule für Gestaltung aus Karlsruhe. Sie präsentiert ihre federleichten, netzartigen Hocker aus Glasfaser.

    "In der Hochschule arbeitet man so vor sich hin. Ich habe mich die letzten Jahre mit Glasfaser beschäftigt und dann ist man da in so einem Trott drin, und man kann es auch echt nicht mehr sehen. Und jetzt habe ich so einen Abstand zu den Hockern und krieg einfach ein Feedback. Man weiß ja auch gar nicht, wie so Business-Menschen auf so was reagieren."
    Für das Glasfaserprojekt haben die Studierenden mit einer Schweizer Firma zusammengearbeitet. So konnten sie die Anforderungen der Industrie kennen lernen.
    An diese möchte Andrew Theunissen, Student im belgischen Mechelen, noch nicht denken. Seine Entwürfe sollen vor allem Ausdruck seiner Persönlichkeit sein.

    "Der Markt ist groß. Jedes Jahr schließen so viele Designer ihr Studium ab, da muss man sich wirklich von den anderen abgrenzen. Durch Einzigartigkeit wirst du was Besonderes. Ich denke jede Person ist einzigartig und wenn du Dinge erschaffst, die deine Persönlichkeit widerspiegeln, kannst du dich von der Masse abgrenzen. Aber ich glaube das ist wirklich harte Arbeit."

    Doch die Umsetzung der eigenen Projekte ist in der Realität nicht immer einfach. Markus Fischer arbeitet seit zwei Jahren als Designer und ist seinen Ideen treu geblieben. Auf der Messe stellt er sein Stadt-Regal vor, bei dem ein stilisierter Stadtplan den Verlauf der Bretter vorgibt.

    "Da ist dieser Konflikt zwischen Jungdesignern: Man hat tolle Ideen, ist innovativ, will sich abgrenzen - und der Druck der Industrie: Es muss billig sein, es muss in großen Stückzahlen herstellbar sein, und wenn man diesen Anforderungen allen gerecht werden will, kann man nur scheitern."

    Der Weg von der eigenen Idee zum fertigen Produkt ist lang. Doch die Ausstellung in der Halle 2.1 zeigt, dass viele junge Designer bereit sind, ihn zu gehen. Sie glauben an ihre Chance.

    "Ob man gute Ideen hat, ist nicht unbedingt eine qualitative Frage, sondern eine subjektive. Wir sind nicht in der Mathematik, wo man sagt, eins und eins ist zwei, wenn ich sage, es ist drei, ist es im Design auch Okay. Ich muss nur irgendwie für mich den Weg finden, das den Leuten zu kommunizieren. Wenn man da seine Linie gefunden hat, wird man früher oder später Erfolg haben."