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Kasse machen - ohne Ölförderung

Verlotterte Ölpipelines durchziehen Ecuador. Sie sind an vielen Stellen undicht und verlieren Millionen Liter Öl. Das soll sich im Yasuni Nationalpark im Amazonasgebiet nicht wiederholen. Das ölreiche Ecuador hat angeboten, dort nicht zu fördern - gegen einen Ausgleich.

Von Gottfried Stein | 15.06.2010
    Eine Urwaldregion im Osten Ecuadors. Von Idylle keine Spur - die Gegend ist zugepflastert mit Anlagen ausländischer Konzerne, die hier Öl fördern und quer durchs Land an die Pazifikküste pumpen. Bautrupps reparieren die oberirdischen Leitungen. Die Rohre verschandeln die Landschaft, Lecks und auslaufendes Öl vergiften den Boden – und die Menschen:

    "Wir bekommen Krankheiten, und wenn wir im Fluss baden, bekommen wir schlimme Entzündungen, und die Fische sterben, die wir essen. Es ist schlimm, im Urwald leidet auch die Luft allmählich durch Rauch und die Erdölverarbeitung, und wenn es regnet, fällt schwarzer Regen, dieses Wasser können wir nicht mehr trinken, wir nutzen hier nämlich das Regenwasser, aber das geht nicht mehr, es ist zu sehr verschmutzt. Die Leute werden krank."

    Paulina Piahuaye gehört zu den Sicoias, den Eingeborenen, die hier leben. Schätzungen zufolge sind seit Beginn der Förderung Ende der 60er-Jahre 75 Millionen Liter Öl aus Lecks in die Umwelt geflossen. Zwar sind die Anlagen inzwischen modernisiert, trotzdem kommt es immer wieder zu Zwischenfällen. Der frühere Umweltminister Alberto Acosta meint:
    "Wir haben große Probleme im Amazonasgebiet, viel Abholzung, viel Erosion, ganze Dörfer wurden zerstört, in den Ölregionen konzentrieren sich am meisten Gewalt, Krankheiten und Armut."

    Weil Ecuador auf die Einahmen aus dem Ölexport nicht verzichten kann und im Amazonas Nationalpark Yasuni riesige Vorkommen schlummern, startete die Regierung im Juni 2007 eine ungewöhnliche Kampagne. Sie will das Öl im Boden belassen, wenn ausländische Regierungen, vor allen der großen Industriestaaten, auf 13 Jahre verteilt die Hälfte des zu erwartenden Gewinns an Quito zahlen. Alberto Acosta:

    "Wir wollen das nötige Geld zusammentragen, um zu finanzieren, was Ecuador erhalten hätte, wenn es das Öl ausbeutet. Das sind drei- bis 400 Millionen Dollar pro Jahr. Das würden wir in die Restrukturierung Amazoniens investieren, um den Yasuni-Park zu erhalten und in Gesundheit und Erziehung zu investieren, in langfristige Projekte."

    Tatsächlich stieß der Vorschlag vor allem in Europa auf reges Interesse, weil durch die Nichtförderung der Ausstoß von über 400 Millionen Tonnen CO2 vermieden würde. Angeblich gab es bereits Zusagen über die Hälfte der geforderten Summe von insgesamt dreieinhalb Milliarden Dollar, als Präsident Rafael Correa im Februar das Projekt plötzlich für gescheitert erklärte:

    "Behalten Sie ihr Geld und wir beginnen mit der Förderung; wir werden unsere Souveränität nicht aufgeben."

    Der Grund für Correas Verärgerung war die Forderung einiger Geberländer, die Verwendung der Gelder von einem Treuhandfonds überwachen zu lassen. Roque Sevilla, der die ecuadorianische Regungskommission geleitet und noch im Vorjahr dem Deutschen Bundestag das Vorhaben erklärt hatte, trat von seinem Amt zurück, unterstützte aber die Forderung Correas:

    "Die Bedingungen stellen wir Ecuadorianer als souveränes Land und wir entscheiden, wo investiert und wo nicht investiert wird."

    Die Geberländer wie Deutschland beharren ihrerseits auf eine Überprüfung, dass die Gelder nachweislich zum Nutzen der Bevölkerung und der Umwelt verwendet werden. Jetzt hat die ecuadorianische Regierung die Tür wieder einen Spalt geöffnet, Vizepräsident Moreno soll die Verhandlungen erneut aufnehmen.
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