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Katharina von Medici
Die vermeintlich böse Königin

Für die Nachwelt klebte an ihrem Namen das Blut der Bartholomäusnacht. Dabei hatte gerade Katharina von Medici, die Frankreich 30 Jahre lang durch ihre Söhne regierte, versucht, die Religionskonflikte ihrer Zeit mit Vernunft und Toleranz zu lösen. Die "böse Königin" starb am 5. Januar 1589.

Von Ulrike Rückert | 05.01.2014
    Am 24. August, am Tag des heiligen Bartholomäus im Jahr 1572, ziehen im Morgengrauen Soldaten durch die Straßen von Paris, angeführt vom Herzog de Guise.
    "Tötet sie alle! Es ist der Befehl des Königs!"
    Von allen Seiten strömen Männer herbei; sie brechen in die Häuser der Hugenotten ein und erschlagen Männer, Frauen und Kinder. Fast eine Woche währt das Morden. Blut rinnt in den Gassen und die Seine ist voller Leichen.
    Das Massaker prägte das Bild von der "bösen Königin" Katharina von Medici, die Frankreich 30 Jahre lang durch ihre Söhne regierte. Doch Katharina war keine blutrünstige, katholische Fanatikerin.
    Als 14-Jährige war die verwaiste Großnichte zweier Päpste 1533 mit dem Sohn des Königs von Frankreich verheiratet worden. Zehn Jahre lang wurde sie nicht schwanger, dann bekam sie zehn Kinder in zwölf Jahren. Als ihr Gatte als Heinrich II. den Thron bestieg, ließ er seine Mätresse die Rolle der Königin spielen, bis er 1559 nach einem Unfall starb. Die Witwe Katharina trat nun aus dem Schatten der Geschichte.
    "Ich will in allen Dingen zur Ehre Gottes handeln und meine Autorität erhalten, nicht für mich selbst, sondern um das Königreich zu bewahren und Euren Brüdern zum Nutze."
    Schrieb sie an ihre Tochter. Als ihr ältester Sohn Franz II. mit 15 Jahren König wurde, beherrschten die Herzöge de Guise die Politik. Unter ihrer Fuchtel verschärfte Franz noch die brutale Hugenottenverfolgung seines Großvaters und Vaters. Dass er sie bald wieder lockerte, ist Katharinas Einfluss zuzuschreiben. Sie wollte den Religionskonflikt mit Reformen und Kompromissen lösen. Franz starb nach nur anderthalb Jahren. Und Katharina wurde Regentin, stellvertretend für den erst zehnjährigen Karl IX. Sie gab den Hugenotten Religionsfreiheit, wenn auch eingeschränkt. Doch als de Guise eine betende Gemeinde niedermetzeln ließ, brach 1562 ein Bürgerkrieg aus. Es war der der erste von acht Kriegen in 36 Jahren. Der Sog der Gewalt riss auch Katharina mit.
    "Wir denken an nichts anderes, als sie zu besiegen und zu vernichten, bevor sie noch Schlimmeres tun."
    Endlich besann sie sich wieder auf ihre Friedenspolitik. Eine Hochzeit sollte die Parteien versöhnen: Im August 1572 ehelichte ihre Tochter Marguerite den Hugenottenführer Heinrich von Navarra. Aber als auf dem Fest ein Anschlag auf den protestantischen Admiral Coligny verübt wurde, schien die Rache der Hugenotten sicher. Der Kronrat beschloss, in einem Präventivschlag deren Führer zu beseitigen.
    "Tötet sie alle!"
    In der Bartholomäusnacht nahmen das fanatische Katholiken als Freibrief für ein Blutbad unter der protestantischen Bevölkerung. In Propagandaschriften, die in ganz Europa kursierten, gaben die Hugenotten Katharina die Schuld. Die Kriege wurden noch erbitterter. 1574 starb auch Karl IX., und als Heinrich III. bestieg der dritte Sohn Katharinas den Thron. Katharina stand ihm zur Seite, unermüdlich um Verhandlungen mit beiden Seiten bemüht, denn sie sah Frankreich im Chaos versinken.
    "Ihr steht vor einer allgemeinen Erhebung. Wer Euch anderes sagt, lügt."
    Mit spanischem Geld rüstete die Guise-Partei zum vernichtenden Schlag. Den glaubte Katharina zu verhüten, wenn Heinrich sich beugte und die protestantische Religion ganz verbot. Aber die Hugenotten, in ihrer Existenz bedroht, kämpften umso wütender.
    Kurz vor Weihnachten 1588 ließ Heinrich den Herzog de Guise ermorden. Die schwerkranke Katharina war außer sich: Nur Tage später, am 5. Januar 1589, starb sie. Im August erstach ein Mönch den kinderlosen Heinrich. Der Thron fiel an Heinrich von Navarra, für die Krone konvertierte er zum Katholizismus.
    1598 erließ er das Edikt von Nantes, das fast 90 Jahre Religionsfrieden einläutete. Doch die Rechte, die er den Hugenotten damit garantierte, waren die gleichen, die ihnen Katharina schon Jahrzehnte zuvor gegeben hatte.