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"Kauf eins, nimm zwei"

Am Sonntag ist der 23. April, der "Welttag des Buches", den die Unesco 1995 ausgerufen hat. Der Todestag von Shakespeare und Cervantes soll auf die fundamentale Bedeutung des Buches hinweisen. Auch in Zeiten von Computer und Internet nimmt das Buch im Hochschulbetrieb eine herausragende Rolle ein. In Leipzig geht das so weit, dass eine Hochschule ihre eigene Buchhandlung betreibt - um darin Buchhandels-Studierende auszubilden.

Von Carsten Heckmann | 21.04.2006
    Um 12:45 Uhr öffnet Julia Kalmbach die Tür ihres Ladenlokals. Das macht sie an jedem Wochentag so. Und wie meistens finden sich schnell die ersten Kunden ein. Sie wollen hier Bücher kaufen, derzeit bekommen sie sogar zwei zum Preis von einem. Die Sonderaktion wird auch heute gern genutzt - führt aber kurzzeitig zu Verwirrung hinter der Ladentheke:

    " Wir machen die Aktion "Kauf eins, nimm zwei". So. Das heißt, sie muss nur das bezahlen. Na ja, klar, aber ich muss das trotzdem als Artikel zu 16 Prozent eingeben. Eins davon. Weil das andere ja kostenlos ist. Also: Sonstiges zu 16 Prozent. / Wieso zu 16 Prozent? / 7 Prozent, Entschuldigung."

    Beim Mehrwertsteuersatz wird Kassiererin Maria Kaufmann von ihrer Kollegin Julia Kalmbach korrigiert. Unsicherheiten wie diese dürfen hier aber mal vorkommen, schließlich handelt es sich nicht um eine normale Buchhandlung. Auch wenn die Bücherregale genauso aussehen, Werbetafeln ins Auge fallen und eine Sitzecke zum Verweilen einlädt. Geöffnet ist täglich nur eine

    Dreiviertelstunde lang, angeboten werden vorwiegend von Verlagen gespendete Rest- und Mängelexemplare, und hier arbeiten ausschließlich Studierende. Das lichtdurchflutete Ladenlokal befindet sich im dritten Stock des Lipsiusbaus der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur. Es beherbergt die Lehrbuchhandlung des Studiengangs Buchhandel und Verlagswirtschaft, die den Namen "Bumerang" trägt. Ihren Zweck für die Studierenden erläutert Projektbetreuer Professor Randolf Dieckmann:

    " Da lernen die alles, was mit einer Buchhandlung zu tun hat. Und wie lernt man das am besten? Indem man in einer arbeitet und dort alles macht, was zu einer Buchhandlung gehört: Ware bestellen, einsortieren, verkaufen, Wareneingang machen, mit einer Kasse umgehen, eine Kassenabrechnung machen, eine Warenwirtschaft bedienen, Aktionen ausdenken, und, und, und. Alles, was dazu gehört."

    Natürlich absolvieren die meisten Studierenden auch Praktika, aber die Aufnahmekapazität der Leipziger Buchhandlungen sei begrenzt, sagt Dieckmann. Und die Lehrinhalte könne die Hochschule mithilfe der eigenen Buchhandlung besser beeinflussen. Projektarbeit ist grundsätzlich ein fester Bestandteil des Studiengangs, in den derzeit 160 Studierende eingeschrieben sind. Elf Projekte stehen zur Auswahl. Zwei davon müssen die Studierenden im Grundstudium belegen, bei einem erwerben sie einen benoteten Leistungsschein. Am beliebtesten ist die Organisation der Buchmesseauftritte des Fachbereichs, dicht gefolgt unter anderem von der Lehrbuchhandlung. 15 angehende Diplom-Buchhandelswirte betätigen sich derzeit im "Bumerang". Maria Kaufmann beschreibt ihre Motivation:
    " Vordergründig denke ich, in der Bewerbung sieht es ganz gut aus, wenn man sagen kann: Ich hab in meinem Studium viel Praxis miterlebt, und ich hab in Projekten gearbeitet, wo eben Teamarbeit eine wichtige Rolle spielt. Und auf der anderen Seite lernt man ein bisschen was über die Buchpräsentation und das Warenwirtschaftssystem."

    Ein Einblick, der den meisten Studierenden reicht. Denn sie wollen später nicht hinter der Ladentheke stehen, sondern im mittleren und oberen Management von Buchhandelsketten und Verlagen arbeiten. Wenn sie nicht doch noch auf den Geschmack kommen und eine eigene Buchhandlung eröffnen. Schließlich werden sie derzeit oft gelobt, zum Beispiel von Stammkundin Maja Franke:

    " Die Verkäuferinnen sind nett, legen mir jedes Buch zurück, auch eine Woche, bis ich mich dann entschieden habe und das Geld habe. Und ich kann hier ein Kilo Bücher für einen Euro kaufen!"

    Wie die meisten anderen Kunden ist auch Maja Franke selbst Studierende an der Leipziger Hochschule. Die Tiefstpreise für ausrangierte Bücher entsprechen dem studentischen Geldbeutel. Die bescheidenen Einnahmen spenden die Buchhändler für wohltätige Zwecke, zum Beispiel den Wiederaufbau der Anna-Amalia-Bibliothek. Allerdings können die Kunden auch jeden beliebigen aktuellen Bestseller oder ein dringend benötigtes Fachbuch bekommen. Diese Bücher besorgen die Studierenden über eine Leipziger Partnerbuchhandlung. Sie wollen eben einen Rundum-Service bieten und die Kundschaft an die Lehrbuchhandlung binden. Unter anderem dafür stehe auch der Name "Bumerang", erklärt Julia Kalmbach:

    " Der Fachbereich von unseren Studiengängen heißt "Buch und Museum", also "BUM" abgekürzt, das ist schon mal der Anfang von "Bumerang". Und "Bumerang" auch deswegen, weil ein Bumerang ja immer wieder zurückkommt - und die Kunden sollen ja auch zu uns zurückkommen."