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Kaum noch Mode "Made in France"

Auch Paris ist nicht mehr das, was es einmal war - zumindest was die Mode angeht. Immer mehr Produzenten wandern ab und lassen ihre Kleider in China oder Bangladesh produzieren. Allein im letzten Jahrzehnt sind 100.000 Arbeitsplätze in Frankreich verloren gegangen.

Von Margit Hillmann | 07.07.2011
    Ein Modekonfektionsbetrieb in der Pariser Vorstadt Pantin: Knapp 20 Mitarbeiter arbeiten in der kleinen Halle, nähen, überwachen die vielen Maschinen, stapeln und verpacken Ware. Modische Jeans für einen Kunden aus dem Sentier - das traditionelle Textilviertel in der Pariser Innenstadt. Das auf Jeans und Sportswear spezialisierte Unternehmen arbeitet ausschließlich für französische Abnehmer sagt sein Chef Sylvain Brocaud.

    "Für Großhändler, die noch Wert legen auf Mode "Made in France"."

    Seine Kunden verkaufen die Mode mit dem noch immer wirkungsvollen Label "Made in France" als Qualitätsware ins Ausland, insbesondere in die USA, Japan und Russland, erzählt Sylvain Brocaud. Und doch ist er pessimistisch. Seine Auftragslage und die seiner Kollegen habe sich in den letzten Jahren noch verschlechtert. Betroffen sind knapp 1000 kleine und einige mittelständische Betriebe, die Haut-Couture und anspruchsvolle Pret-à-Porter-Kollektionen fertigen. Die sogenannten Façonniers - würden über kurz oder lang dichtmachen müssen, ist der Sylvain Brocaud überzeugt. – Wie vor ihnen die großen Textilfabriken.

    "Sämtliches Fachwissen und Kompetenzen unserer Branche sind im Begriff zu verschwinden. Aber das ist den Modeunternehmen völlig gleichgültig. Die lassen ihre Kollektionen in Billiglohnländern produzieren. Die haben nur eines im Kopf: möglichst hohe Gewinne machen. Das ist alles, was sie interessiert."

    Die Situation ist ernst, meint auch Jean-Pierre Mocho, Vorsitzender des französischen Unternehmerverbandes für Damenoberbekleidung. Frankreichs Modeunternehmen vergeben ihre Produktionsaufträge überwiegend außerhalb Europas, meistens nach Asien: China oder Bangladesch.

    "Wenn Sie eine Designer-Jeans zum Beispiel von Gaultier kaufen, ist die nicht in Frankreich genäht – das ist ziemlich sicher. Seine Kostüme dagegen, wenn Sie aufwendig gearbeitet sind, da besteht eine Chance, dass sie in Frankreich produziert wurden, ist aber auch nicht sicher. Der Anteil französischer Mode, der auch in Frankreich hergestellt wird, beträgt inzwischen nur noch knapp zehn Prozent. Und das ist eher eine optimistische Zahl."

    Der Vorsitzende des Modeunternehmer-Verbandes nimmt kein Blatt vor den Mund. Er kritisiert die Entwicklungen der letzten Jahre, die Unternehmenspolitik vor allem der großen Designermarken. Die noch drohenden Produktionsverlagerungen in der Modeindustrie werden nicht nur weitere tausende Arbeitsplätze kosten, warnt Jean-Pierre Mocho, sie schaden der gesamten Mode-Branche.

    "Wir können auf das Kow-how der Fachkräfte aus der Kleiderproduktion nicht verzichten. Das Verlieren dieser sehr speziellen Kompetenzen bedeutet auch den Verlust von Kreativität in der französischen Mode. Die Designer sind angewiesen auf die Kenntnisse der Fachkräfte, müssen die Möglichkeit haben sich mit ihnen permanent und vor Ort auszutauschen, um die Kreationen und ihre Produktion zu optimieren. Fehlt die enge Zusammenarbeit, macht sich das in der Qualität der Kollektionen bemerkbar. Das ist bereits der Fall und wirkt sich –besonders bei mittleren Modeunternehmen – auf die Umsätze aus."

    Doch die Bereitschaft der großen Luxusmarken, wenigstens einen Teil der Modeproduktion nach Frankreich zurückzuholen, ist gering.

    Daran hat auch die sogenannte "Charta des guten Benehmens" nichts geändert. Eine Art Fairnessvertrag zwischen namhaften Modehäusern und frzösischen Produktionsfirmen. Er wurde im letzten Jahr vom französischen Industrieminister Christian Estrosi auf den Weg gebracht. Zwar glaubt Jean-Pierre Mocho, der zu den Unterzeichnern des Vertrages gehört, dass ein Umdenken in den Unternehmen seiner Branche begonnen habe. Doch gibt er auch zu, dass den Versprechungen bisher wenige Taten gefolgt sind. Façonnier Sylvain Brocaud, der als Chef des kleinen Modekonfektionsbetriebs die Charta ebenfalls unterschrieben hat, urteilt härter.

    "Das ist nur heiße Luft! Quatsch. Die Charta ändert absolut nichts an unserer Situation."