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Kein Abschwung in Sicht

Wirtschaft.- Die Internetwirtschaft ist ein noch relativ unbeachteter Riese. Sie generiert jährlich Umsätze in Höhe von mehr als 45 Milliarden Euro. Das hat eine Studie zur deutschen Internetwirtschaft von 2009 bis 2012 ergeben.

Von Pia Grund-Ludwig | 30.01.2010
    Die Relevanz der deutschen Internetwirtschaft wird immer noch unterschätzt. Dabei ist der Internet-Austauschknoten Decix in Frankfurt mittlerweile der größte Internetknoten weltweit. 45,7 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet die Branche allein 2009. Dabei gibt es sehr überraschende Posten. Alleine 300 Millionen Euro bringt der Verkauf von Internet-Namen, sogenannten Domains. Das sei ein Markt, den man vor einigen Jahren noch gar nicht gesehen habe, meinte Harald Summa, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Internetwirtschaft Eco, bei der Vorstellung der Studie. Die Wirtschaftskrise ist an den Internetunternehmen anscheinend relativ spurlos vorübergegangen, so sein Eindruck.

    "Am meisten hat mich das durchweg positive Zukunftsdenken überrascht. Wir haben diese Studie in einer Zeit gemacht, als wir von der Finanzkrise gesprochen haben, als sich Wolken am unternehmerischen Himmel gezeigt haben und trotzdem waren alle befragten Menschen sich darüber einig, dass die Internetwirtschaft in eine positive Zukunft sehen wird."

    Dabei ist Summa sicher, dass die Internetwirtschaft den richtigen Aufschwung in Deutschland erst noch vor sich hat. Für eine der technischen Innovationen, die dazu beitragen, hält Summa eine neue Version des Internet-Protokolls, abgekürzt Ipv6. Statt 32 gibt es dort 128 Datenfelder. Das erhöht die Zahl der verfügbaren Internet-Adressen enorm. Der Eco-Vorstandsvorsitzende Michael Rotert hatte dafür einen anschaulichen Vergleich errechnet: Auf jeden Quadratmillimeter Erde kommen künftig sechs Billionen Adressen. Es geht den Internet-Unternehmen nämlich nicht mehr darum, nur Menschen mit einer oder mehreren IP-Adressen zu versehen. Enormer Bedarf entstehe vor allem durch die Codierung von Maschinen und Produkten, sagt Summa:

    "Wir werden auch zunehmend das Internet im technischen Umfeld wiederfinden in Maschinen, in Anlagen, wir werden sie wiederfinden in Produkt-Tags, sogenannte RFID-Tags, wo wir dann auslesen können ob ein Produkt frisch ist oder nicht."

    Dabei ist die Umstellung auf das neue Internet-Protokoll in vollem Gange. Vor allem auf den Strecken bis zu den Endkunden, bei den Internet-Routern in den Haushalten, gebe es aber noch Lücken, meint Summa

    "Wir haben noch Schwierigkeiten, IPv6 an alle Endverbraucher zu liefern. Da ist ein gewisses Problem, dass die Marktentwicklung nicht so dramatisch erscheint, wie wir das vielleicht erhofft haben."

    Das werde sich aber schnell ändern, ist Summa sicher:

    "Ich denke, dass man in fünf Jahren IPv4 vergessen haben wird."

    Doch nicht nur in der Infrastruktur, auch bei den Netzinhalten gibt die Studie Hinweise darauf, wo Bewegung ist. An erster Stelle nannte Lars Riegel, der für Arthur D. Little an der Erstellung der Studie beteiligt war, die sozialen Netzwerke. Mittlerweile seien 52 Prozent der deutschen Internet-Nutzer in sozialen Netzwerken vertreten. Als zweiten Trend sieht er, dass sich bewegte Bilder durchsetzen:

    "Die erhöhten Datenraten die jetzt möglich sind, führen dazu, dass immer mehr Leute Internet-Videos konsumieren. Das hatten wir einerseits auf dem Unterhaltungssektor, anderseits aber auch wieder im Werbebereich, dass Bewegtbildwerbung im Internet wichtiger wird."

    Als weitere wichtige Entwicklung sieht Riegel die Entwicklung mobiler Nutzungen, nicht zuletzt durch Apples Offensive mit iPod und iPad:

    "Trend drei ist die Mobilisierung des Internet, würde ich ganz klar sagen. Die mobile Nutzung des Internet hat quasi den Durchbruch geschafft, hervorgerufen durch Geräte, allen voran das iPhone. Grund zwei ist, dass die Datenraten höher sind und dass die Preise für mobile Datenverbindungen runtergegangen sind."

    Eine Voraussetzung dafür, dass die Internet-Wirtschaft sich wirklich entwickeln könne, sei aber der durchgängige Ausbau von breitbandigen Netzzugängen. Ohne diese Lebensadern müsse Deutschland bald wirtschaftliche Nachteile hinnehmen, warnte Summa.