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Kein Girokonto für alle

Wer aufgrund finanzieller Schwierigkeiten kein Girokonto hat, wird wohl auch in Zukunft darauf verzichten müssen. Im Bundestag wurde ein Vorstoß der Opposition für eine gesetzliche Verankerung eines Girokontos für jedermann abgeschmettert.

Von Stefan Maas | 19.04.2013
    Hohe Schulden. Kontopfändungen. Konto von der Bank gekündigt.

    "Man kommt irgendwie hin."

    Michael S. ist acht Jahre lang "irgendwie hingekommen."

    "Problem ist, in der Regel sind die Leute, die kein Konto haben, die Leute, die sowieso wenig Geld haben. Und jeder Geldverkehr, den sie jetzt machen müssen kostet richtig Geld."

    Bareinzahlung bei der Bank: sieben Euro. Scheck von Arbeitsamt einlösen: acht Euro fünfzig.

    "Das heißt, sie haben sowieso schon kaum Geld. Und wenn Sie dann am Monatsanfang Miete, Telefon, Strom, Gas überweisen, sind Sie circa zehn Prozent ihres monatlichen Budgets schon mal für Gebühren der Bank los."

    "Ohne Konto ist man im Grunde genommen vom wirtschaftlichen Leben komplett ausgeschlossen."

    Sagt Nicole Maisch, verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. Aus diesem Grund hatte ihre Fraktion, ebenso wie die SPD und die Linken, erneut Anträge gestellt, die im Kern besagen: Jeder soll das Recht auf ein Konto haben. Es gebe seit 1995 zwar eine Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft, also aller Finanzinstitute - auch der privaten - aber, sagt Nicole Maisch, sogar die Bundesregierung habe wiederholt festgestellt.

    "Kontolosigkeit ist immer noch ein riesiges Problem. Das heißt, die Selbstverpflichtung, die hat gar nichts gebracht."

    Vergangen Oktober ist der Sparkassen und Giroverband einen Schritt weiter gegangen. Seitdem versprechen die Sparkassen, jeder Privatperson ein sogenanntes Bürgerkonto einzurichten. Damit können die Kunden Geld bekommen und überweisen, ins Minus gehen können sie damit nicht. Problem "abgeräumt", sagt der CDU-Politiker Ralph Brinkhaus.

    "Es ist immer besser, wenn Dinge durch eine freiwillige Selbstverpflichtung passieren, als wenn wir hier als Gesetzgeber agieren müssen."

    Deshalb hatten sich Union und FDP schon früher für ein Schlichtungsverfahren starkgemacht - und beschlossen heute, erst einmal abzuwarten, wie die Eckpunkte aussehen, die die EU-Kommission im Juni vorlegen wird - für einen eigenen europaweit gültigen Rechtsanspruch.

    Warum sollen nur die Sparkassen das Problem lösen und die privaten Geldinstitute machen weiter wie bisher? Fragt die Opposition und fürchtet, bis die Mitgliedsstaaten die EU-Vorgaben umsetzen, vergehen noch Jahre.

    Eine Sorge, die auch Pamela Wellmann von der Verbraucherzentrale NRW teilt. Bis dahin bleibe nur der Weg zum Schlichter.

    "Wir raten den Kunden, sich ganz offensiv auf die Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft zu berufen. Den Antrag möglichst schriftlich zu stellen. Und vor allem auf eine schriftliche Begründung zu bestehen, falls das Konto abgelehnt wird."

    Michael S. hat seit einiger Zeit wieder ein Konto. Bei derselben Bank, die ihm sein altes damals gekündigt hat. Er hat sich auf den Rechtsanspruch berufen. Online-Banking ist mit seinem neuen Guthabenkonto zwar nicht möglich - und ins Minus gehen kann er auch nicht mehr - aber diesen Preis ist er gerne bereit für ein Konto zu zahlen.