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Keine coolen Informatikerinnen auf Sendung

Marion Esch von der Technischen Universität wirft einen vergleichenden Blick auf deutsche und amerikanische Fernsehserien. Das Interesse gilt dem Einfluss medialer Vorbilder und Rollenmodelle.

Von Claudia van Laak | 06.09.2010
    Sie flimmert seit zwölf Jahren mit großem Erfolg über den deutschen Bildschirm, die Krankenhausserie "In aller Freundschaft". Der Titel macht klar: Es geht um das Zwischenmenschliche, weniger um neue Methoden in der Medizin. Die Rollen in der Sachsenklinik sind klar verteilt: Die Männer sind und bleiben die Chefs, sie definieren sich über den Beruf. Die Frauen sind in erster Linie für die Gefühle zuständig.

    "Ihr Sohn ist jetzt im Aufwachraum, es gab ein paar Komplikationen. Aber er schafft es, oder? Kann ich ihn bitte sehen."

    "Wenn man dort hinschaut, welche Rollenmodelle finden Sie denn dort? Welche Inszenierungen von modernem Mann- und Frau-Sein? Da können wir sehen, dass da ein eher traditionelles Bild, was die Verteilung der Berufe auf die Geschlechter angeht, vorliegt. Das heißt, weibliche Rollenmodelle in naturwissenschaftlich-technischen Berufen sind so gut wie nicht vorhanden."

    Sagt Marion Esch. Die Ingenieurin und Medienwissenschaftlerin leitet ein ganz besonderes Projekt an der TU Berlin. Der Titel: "Mint im Fiction Format." Esch untersucht die Darstellung von Mathematik, Naturwissenschaften und Technik in Filmen und Fernsehserien. In ihrer aktuellen Studie hat sie deutsche Krimi- und Arztserien mit US-amerikanischen verglichen. Treibende Musik, schnelle Schnitte - die Krimiserie CSI New York. CSI steht für Crime - Science - Investigation.

    Im Mittelpunkt von CSI: die Aufklärung von Todesfällen mithilfe moderner kriminaltechnischer Methoden. Die Serie zeigt die Arbeit der Spurensicherung, im Labor und am Computer - die handelnden Frauen definieren sich über ihren Beruf, nicht über ihr Aussehen oder ihre Gefühle.

    "Diese amerikanischen Formate wie CSI - aber eben auch Dr. House - nehmen sehr viel mehr Chancen war, das forschende Tun, die Diagnostik, und natürlich auch den Beitrag von Naturwissenschaft und Technologie zur Lösung der medizinischen Probleme oder zur Lösung eines Kriminalfalls mitzuerzählen. Damit auch neue Wirklichkeitsbereiche mitzuerzählen und das sind Wirklichkeiten, die man im Normalfall nicht sieht."

    So nutzt zum Beispiel die US-amerikanische Krimi-Serie CSI moderne visuelle Effekte, um die Arbeit ihrer Hauptdarsteller im Labor oder am Computer filmisch umzusetzen. Das Ganze erhält so die Anmutung eines Science-Fiction-Films und wirkt sehr viel moderner als die filmisch oftmals bieder daherkommenden deutschen Serien, meint die Medienwissenschaftlerin Marion Esch.

    "Dass diese Geschichten im weitaus größeren Umfang erzählt werden als in deutschen Formaten hat auch dazu gefühlt, dass es das Interesse junger Frauen geweckt hat, die gesagt haben, die Forensik ist etwas, was mich interessieren würde."

    Doch warum sind die deutschen Serien offensichtlich nicht auf der Höhe der Zeit? Marion Esch hat versucht, dies in Gesprächen mit Autoren von Fernsehserien herauszufinden. Ihre Antwort:

    "Ganz plakativ formuliert hat es einer der Spitzenautoren. Er sagte: Frau Esch, wir sind diejenigen, die mit 15 diese Fächer abgewählt haben, und jetzt denken Sie, dass wir mit 50 daraus einen guten Stoff machen können."