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Keine "geschlossene Gesellschaft"

Nirgends sonst in Deutschland gibt es eine solche Ballung an Spätaussiedlern wie am Rande Berlins, in Marzahn-Hellersdorf - jenem östlichsten Viertel der Hauptstadt, das zum Inbegriff kalter Plattenbauweise geworden ist. Von den rund 250.000 Einwohnern kommen um die 25.000 aus Russland und anderen Ländern der einstigen Sowjetunion.

Von Dietrich Möller | 06.04.2008
    Eine Handvoll Mädchen im Alter zwischen sechs und zehn Jahren übt einen Tanz ein - einen russischen. Und auf russisch gibt Frau Bott ihre Anweisungen, wie die Schritte zu setzen sind, welche Figuren entstehen sollen. Frau Bott könnte auch Deutsch sprechen, denn jedem der Mädchen hier ist es ebenso geläufig wie das Russische.

    Doch im "Studio Sonnenschein" - so heißt der kleine Kreis - wird eben mehr Russisch gesprochen, denn es ist Teil eines größeren, eines Theaters mit dem Namen des russischen Erzählers und Dramatikers Anton Tschechow. Eines größeren? Nun ja, es ist auch nur wenig mehr als ein Zimmertheater, ziemlich abgelegen am Rande Berlins, in Marzahn-Hellersdorf - jenem östlichsten Viertel der Hauptstadt, das zum Inbegriff kalter Plattenbauweise geworden ist. Das Tschechow-Theater befindet sich in einem solchen Bau. Der Zugang neben einer baufälligen Rampe ist unscheinbar; zwei kleine Räume dienen als Empfang und Büro, dahinter ein größerer für höchstens 60 Plätze. Ein Kiez-Theaterchen, das einer Eigenart des Bezirks Rechnung trägt: Von den rund 250.000 Einwohnern kommen um die 25.000 aus Russland und anderen Ländern der einstigen Sowjetunion. Nirgends sonst in Deutschland gibt es eine solche Ballung an Spätaussiedlern. Man fragt sich, warum - warum ausgerechnet hier, wo es nur hoch- und quergestellte Betonkästen gibt, während die Neuankömmlinge fast durchweg Dörfler waren, viel mehr vertraut etwa mit der Weite Sibiriens oder der kasachischen Steppe. Das habe weniger mit Marzahn in seiner Gestalt zu tun als mit der Entstehung einer russland-deutschen Kolonie, sagt Elena Marburg, die Integrationsbeauftragte des Bezirks.

    "Und es kam so zustande, dass Mitte der neunziger Jahre zwei Faktoren gegeneinander trafen: Der eine Faktor war, dass die Bevölkerung von einigen Plattenbaugebieten wegzog; die Fluktuation wurde immer schneller. Und es waren in erster Linie Familien mit Kindern, die im Speckgürtel oder im Süden des Bezirks gebaut haben, und machten große und bezahlbare Wohnungen frei. Andererseits nach 92 hatten wir hier ein großes Wohnheim, das größte in Berlin für Spätaussiedler, und die hatten vor Ort eine Gruppe, die große Wohnungen, möglichst bezahlbar und möglichst in der Nachbarschaft suchte. Und so hat sich der Anfang gebildet. Der Rest machte die Kettenimmigration aus anderen Bezirken und auch aus anderen Regionen."

    Das vom Kulturring Berlin unterhaltene Tschechow-Theaterchen ist freilich kein Ort zur Nostalgiepflege. Auf seinem Programm stehen neben Aufführungen auch Vorträge, Lesungen und Liederabende, mal deutsch, mal russisch oder auch zweisprachig. Es ist eine - staatlich geförderte - Stätte der Begegnung von Einheimischen und Hinzugezogenen. Wie auf ihre Weise die nahe gelegene kleine und private Galerie Klin am S-Bahnhof Ahrensfelde.

    Oder jenen großen Supermarkt in der Jan-Petersen-Straße, in dem das russische Warenangebot so groß und typisch ist wie das deutsche: Konserven mit Gemüse und Pilzen, Dutzende Sorten Kekse, Tees natürlich und reichlich Auswahl an Wodka, Wein und Krimsekt, roter Kaviar in großen Schüsseln, tiefgefrorener Fisch und im Aquarium lebende Störe. Vor und hinter der Fleisch- und Fischtheke spricht man Deutsch und Russisch. Draußen, in dem weitläufigen Karree aus Zufahrt und drei Ladenzeilen, sitzen zwei Betrunkene auf einer Steinbank und dienen dem einen oder anderen Passanten in einem sprachlichen Mischmasch eine russische Zeitung an. Es ist ein Anzeigenblatt, wie es einige in Berlin gibt, neben den Wochenzeitungen "Russkij Berlin" und "Evropa Ekspress".

    Und dann ist da noch der kleine UKW-Sender "Radio Russkij Berlin", der durchaus sein Publikum findet. Eine Studie zur Integration der Spätaussiedler ergab, dass sie innerhalb der Familien noch zu 77 Prozent Russisch sprechen. Zugleich meinte aber ein nahezu ähnlich großer Prozentsatz, gut bis ausreichend Deutsch zu können. Eine in sich relativ geschlossene Gesellschaft bilden die Russlanddeutschen so wenig, wie Marzahn für sie eine Art Ghetto ist.

    Jene Studie ergab auch, dass sich 67 Prozent von der Nachbarschaft gut bis sehr gut aufgenommen fühlen. In einer Hinsicht jedoch müssen sie sich gegenüber den Einheimischen benachteiligt sehen: Während die Arbeitslosenquote im Stadtbezirk zwischen 17 und 18 Prozent liegt, sind über 67 Prozent der Spätaussiedler ohne Arbeit, der größte Teil in den Altersgruppen zwischen 25 und 59 Jahren; in denen unter 25 Jahren allerdings nur 23 Prozent.

    "Dummerweise sind die Spätaussiedler zu einer Zeit eines gesellschaftlichen Umbruchs in Deutschland angekommen. In den neunziger Jahren ging auch die Arbeitslosigkeit mächtig in die Höhe; allein die Immigrationstheorie besagt, dass, wenn Immigranten reinkommen - natürlich ohne angesprochen oder angeworben zu sein - dass sie als Lückenbüßer für den Arbeitsmarkt geeignet sind. Und wenn der Arbeitsmarkt zunehmend weniger Lücken aufweist, da haben sie das Nachsehen. Und das haben sie mit voller Brutalität erfahren" ..."

    ... sagt Elkena Marburg. Die Sprechweise der Integrationsbeauftragten lässt annehmen, dass sie irgendwo aus Süddeutschland stammt, aber Frau Marburg ist Bulgarin. Lächelnd sagt sie, die Liebe habe sie nach Deutschland gebracht, mit einem abgeschlossenen Ingenieurstudium, aber ohne Aussicht, in ihrem Beruf arbeiten zu können. Nach einer akademischen Umschulung sei sie nun für die Eingliederung der Immigranten zuständig, gerade auch der Spätaussiedler. Sie weiß also, wovon sie spricht, wenn sie sagt:

    ""Besonders betroffen sind die Intellektuellen, wobei - die Ärzte kriegen auch relativ glatt Anschluss. Aber alles, was Lehrer, Historiker, Ökonom usw. ist, erlebt hier eine soziale Degradierung, die wirklich am Selbstwertgefühl mächtig knabbert."

    Eine Statistik in Frau Marburgs Unterlagen besagt, dass 34 Prozent der Spätaussiedler unterhalb der Armutsgrenze und 16 Prozent an der Schwelle zur Armut leben; für 21 Prozent wird die Situation als "ziemlich prekär" angegeben. Wer hilft ihnen? Und wie? Es hat sich herumgesprochen, dass man Mittwochs in der Schwarzburger Straße 8 kostenlos Lebensmittel erhalten kann. Dort, wo in dem vielstöckigen Plattenbau einst ein Kindergarten war, weist ein Schild das Pfarramt der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche aus, darunter der Name des Pfarrers - Hartwig Neigenfind - und auch dessen Sprechzeit: Null bis 24 Uhr.

    "Ich habe an anderen Kirchen immer wieder gelesen: Sprechstunde mittwochs von zehn bis zwölf Uhr. Und das erweckt immer den Eindruck von Amt, von Behörde, von geregeltem Gespräch. Ich muss mit den Leuten leben. Und wenn die Katastrophe um Mitternacht ausbricht, dann muss es eben Mitternacht sein, und wenn es morgens um sieben ist, ist es eben sieben."

    Neigenfind ist 38 Jahre alt, in der DDR aufgewachsen, sein Vater war Pastor in Schwerin. Er kennt sich aus hier im Bezirk und mit den in ihrem Selbstwertgefühl Geschädigten.

    "In Marzahn gibt es viele, die es nicht geschafft haben, die ihr kleines Haus hatten, vielleicht auch ein Stück Land oder Vieh, und jetzt in einem Elfgeschosser wohnen. Aber eigentlich gehofft hatten, sie würden ein Haus bauen können. Können es aber nicht, weil sie kaum Arbeit finden, weil ihre Qualifikation hier in der Gegend nicht gefragt wird. Sie waren da angesehen, und hier müssen sie sich anhören: Du bist Russe. Und das ist für viele natürlich schlimm. Die Russlanddeutschen werden hier nicht als Deutsche wahrgenommen. Die Großeltern haben sich in Russland anhören müssen: Ihr seid Faschisten. Nun kommen sie nach Deutschland, und nun sind sie auf einmal Russen. Das kann kein Staat und kein Geld der Welt regeln: Den Menschen Anerkennung und Achtung und Ehre und Respekt zu geben."

    Natürlich hat es der Pfarrer vor allem mit jenen zu tun, die gleichsam neben der Gesellschaft stehen ...

    "Vor allem die, die es nicht geschafft haben, vor allem Jungs um die 14, 16 bis 18, die auch schulisch nie so recht auf einen grünen Zweig gekommen sind, die sich eine russische Welt schaffen. Die sind als Kind aus Russland weggegangen, und nun sind sie hier und wollen nicht sein wie die Deutschen. Sie sprechen Russisch, sie lernen Russisch untereinander. Die zeigen in ihrer Kleidung, in ihrem Benehmen in der Straßenbahn, auf dem Schulhof: Ich bin Russe. Die wollen anders sein, sie wollen nicht dazu gehören, sie wollen unter sich sein und ihre eigene Kultur leben."

    Freilich, oft genug habe ein solches Verhalten seinen Ursprung in der Einstellung der Erwachsenen; deren Bemerkungen über Nachbarn - nur eben mal leichtfertig und ohne Arg geäußert - nähmen die Kinder auf und trügen sie weiter.

    "In der Schule zum Beispiel, kommen sie hin, und die Kinder, die hier geboren sind, die Deutschlanddeutschen sagen, bloß weil ein Kind einen Akzent hat: Du bist ein Russe, wir spielen nicht mir dir. Es gibt verschiedene Programme zur Integration und zum Überbrücken. Da gibt's Schulen, die das machen, und das läuft auch ganz gut. Aber letztlich merken sie: Ich komme dahin, und die freuen sich nicht, sondern es muss erstmal ein Programm gemacht werden, damit sie sich freuen. Das merken die auch. Die sind ja alle nicht doof."

    Hartwig Neigenfind hat selbst fünf Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren. Eine jener Schulen ist die Thüringen-Oberschule in der Liebensteiner Straße ganz am Rande Marzahns.

    In einem hellen, freundlichen Raum sind um die zwanzig Mädchen und Jungen im Begriff - zu backen. Ja, aus Teig handtellergroße Männchen zu formen und zu backen. Dazu gibt es alles an Gerät, was benötigt wird. Und - natürlich - eine sachkundige Anleitung in Gestalt von Frauke Hartmann. Frau Hartmann lebte lange in Moskau, sie ist Deutsche und mit einem Dolmetscher des Auswärtigen Amts verheiratet. An mehreren Nachmittagen der Woche ist sie hier in der Schule engagiert, ehrenamtlich. Heute erklärt sie auf Deutsch und Russisch, wie man bäckt; jedem deutschen Wort folgt ein Hinweis, wie es geschrieben wird. Denn die um sie lebhaft herumwuselnden Mädchen und Jungen sind Kinder aus Spätaussiedlerfamilien, Neuankömmlinge ohne viel Deutschkenntnisse. Fast unbemerkt hat sich ein großer grauhaariger Mann mit einem Schnurrbart zu den Kindern gesellt - Rainer Bösel, der Rektor der Schule.

    "Wenn solche Schüler in Marzahn sind, dann wollen wir sie bei uns aufnehmen. Ich habe uns speziell zwei Förderklassen eingerichtet, wo Neuankömmlinge, die eine Woche hier in Berlin sind - egal, wie alt sie sind -, in zwei Gruppen praktisch aufgenommen werden können, vom Alter her eine Gruppe Klasse 7 und 8, und eine Gruppe Klasse 8, 9 und 10, also die älteren Schüler. So, und dann machen sie ein Jahr einen Crash-Kurs in Deutsch, danach entscheide ich anhand der mitgebrachten Zeugnisse und der hier gezeigten Anstrengungen und Leistungen, in welche Regelklasse ich sie einordne. Da kann es sein, dass sehr gute Schüler - und es sind sehr viele dabei - kein Jahr verlieren müssen und den Weg Richtung Abitur doch noch bei uns schaffen können. So, wir haben zur Zeit aus über 20 verschiedenen Ländern Schüler hier - für Marzahn-Hellersdorfer Verhältnisse ist das viel. Von 510 Schülern sind ca. 200 Immigrantenkinder, und die Immigrantenkinder sind unter
    Umständen die leistungsstärksten. Von den 200 sind es etwa 150, die aus dem russischsprachigen Raum kommen."

    Bösel verabschiedet sich, im Raum nebenan beginnt gleich etwas ganz ähnliches wie hier, dort wird getischlert und später erklären in einem dritten Raum zwei Studentinnen die Studiengänge an deutschen Universitäten, fragen nach Interessen und Berufszielen. Und Frau Hartmann ist wieder dabei, um dolmetschend auszuhelfen, wenn es nötig ist.

    Das alles ist gewiss mustergültig, aber natürlich gibt es auch Probleme - weniger solche, die sich aus der schulischen Gemeinschaft ergeben als aus den Familien. So ist in der Schule ständig eine russischsprachige Sozialpädagogin präsent, Mitarbeiterin eines sogenannten Psychosozialen Zentrums, das sich seinerseits vor allem um die Spätaussiedler kümmert. Abgesehen vom Alkoholismus hatte deren häufigste Schwierigkeiten schon Pastor Neigenfind benannt:

    ""Häusliche Gewalt, das Problem, das wir immer wieder haben, 70 Prozent der Fälle. Häufig Leute mit psychischen Problemen, die also nicht mehr genau wissen, was sie sehen und erleben."

    Indessen ist Marzahn für die Polizei kein besonders schwieriges Terrain; was an Straftaten registriert und verfolgt wird, liegt im Berliner Durchschnitt. Geht es aber um Gewalttätigkeit, so fällt der Bezirk doch etwas aus dem Rahmen - nicht nach der Zahl der Fälle, sondern nach der mit ihr verbundenen Brutalität. Man kennt das auch aus Russland. Aber man ginge wohl kaum in die Irre, wenn man eine Verbindung zur sozialen Lage herstellt, zu Arbeitslosigkeit und damit zu einer doch nur schleppenden Integration.

    "Arbeit war immer der Schlüssel zur Integration ..."

    ... sagt Tatjana Forner im Club Dialog, eines von ihr mit anderen Russen im Zuge von Gorbatschows "Perestrojka" 1988 in Berlin gegründeten Vereins, der es sich auch zur Aufgabe gemacht hat, den Spätaussiedlern Hilfestellung zu leisten.

    "Arbeit war immer der Schlüssel zur Integration. Wenn man arbeitet, lernt man die Sprache, man lernt Kommunikation, man lernt eigentlich Mentalität - man wird Deutscher im Rahmen dieser Kontakte. Weil dieser Faktor fehlt, läuft die Integration sehr beliebig und sehr in privaten Räumen. In diesem Sinne, man verlernt die deutsche Sprache, die man sechs Monate irgendwie gelernt hat, weil es kaum Kontakte gibt; es gibt eigentlich keinen Grund, sich auf Deutsch zu unterhalten: Man kann einkaufen ohne Kontakte, man kann in einem Haus leben ohne Kontakte. Also in diesem Sinne, es sind wirklich die Menschen dann mehr unter sich als mit Deutschen."

    Frau Forner weiß, wovon sie spricht. Unter ihrer Leitung finden im Club Dialog mit öffentlichen Mitteln geförderte sogenannte Integrationskurse statt, reine Sprachkurse, die sich über 630 Unterrichtsstunden erstrecken. Zudem gibt es Berufsberatungen und Unterstützung in Zusammenhang mit der Anerkennung von Zeugnissen und Diplomen. Merkwürdigerweise findet all das im "Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur" in der Friedrichstraße statt, einst "Sowjetischer Kulturpalast" genannt und heute wie damals in der Regie des Moskauer Außenministeriums. Seltsam ist es nicht zuletzt, weil es inzwischen ein erklärtes Ziel Russlands ist, einen guten Teil der deutschstämmigen Spätaussiedler zur Rückkehr zu bewegen.

    Jedenfalls meldete die Nachrichtenagentur Interfax im vorigen Jahr, dass bis 2012 über 80 Millionen Euro bereitgestellt werden sollen, um vor allem in Westsibirien und in der Wolga-Region die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. Ja, bestätigt Frau Forner ...

    "... vor sechs oder sieben Monaten gab es in St. Petersburg einen Kongress für Vertreter der russischen Diaspora im Ausland. Und dieses Programm wurde dort vorgestellt. Es beinhaltet Angebote zur Rückkehr von Menschen russischer oder sowjetischer Herkunft zurück nach Russland, und als Gesprächspartner kamen verschiedene Regionen der Russischen Föderation in Frage. Diese Regionen waren in drei Gruppen aufgeteilt, in drei Kategorien: Als erste Kategorie waren Regionen, wo es besonders große Bauvorhaben gibt - Vorhaben zum Aufbau großer industrieller Komplexe, die also Arbeitskräfte brauchen. Die zweite Kategorie waren Gebiete, die sozusagen sehr entmenscht sind. Und die dritte Kategorie ist praktisch die Region, wohin Menschen - sagen wir - einfach zurückkehren können, im wahrsten Sinne des Wortes: Im Altaigebiet, wo viele deutsche Dörfer einfach leer stehen."

    Tatsächlich erhalte auch sie viele Anfragen zu der Offerte, sagt Frau Forner, doch sie habe eher den Eindruck, dass man einfach mehr darüber wissen wolle, statt sich ernsthaft mit der Frage zu beschäftigen. Auch diejenigen, die hier enttäuscht lebten, blieben zum einen, weil sie ihre Erfahrungen hätten und dem Angebot nicht trauten, und zum anderen im Interesse ihrer in Schule und Ausbildung befindlichen Kinder. Im Übrigen:

    "Ich würde sowieso ablehnen, eine Beratung für diese Menschen zu machen. Wir sind eine deutsche Organisation, wir waren diejenigen, die für die Integration für diese Menschen sehr viel gemacht haben."

    Mit einem verhalten schalkhaften Lächeln lässt Frau Forner dann auch ihre Distanz zu dem russischen Bemühen mit einer Episode aus dem 18. Jahrhundert erkennen - einer hübschen, wenn auch nicht wirklich verbürgten:

    "Da kamen damals Agenten von Katharina II. nach Deutschland, aber - vielleicht wissen Sie oder wissen es nicht - sie waren eigentlich von den deutschen Kurfürsten und allen anderen Machthabern sehr unfreundlich aufgenommen, diese Agenten gleich an Ort und Stelle aufzuhängen."