Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Keine guten Geschäfte in der Vorweihnachtszeit

Der griechische Handel blutet aus. Auch in der Vorweihnachtszeit macht der Einzelhandel angesichts der desolaten Wirtschaftssituation des Landes keine guten Geschäfte. An Geschenke oder teures Essen ist für die meisten Griechen nicht zu denken. Das spüren die Händler auf dem Markt von Thessaloniki.

Von Marianthi Milona | 23.12.2011
    Es sind die letzten Tage vor Weihnachten in der Agora von Thessaloniki. Es sind so viele Menschen unterwegs, dass die Stadt einem Ausnahmezustand, einer Invasion gleichkommt. Soweit das Auge blickt, sieht es nur Menschen, die die Geschäftsmeile auf- und ablaufen. Doch dem Vizepräsidenten des Handelsvereins von Thessaloniki, Pantelis Phillipidis, kann dies nur wenig trösten.

    "Was Sie beobachten müssen, ist nicht wie viele Menschen heute ins Zentrum gekommen sind, sondern wie viele Taschen sie in den Händen halten. Ich habe gelernt auf die Taschen zu schauen und nicht auf die Menschen. Es ist zwar großartig, dass sie unserem Ruf gefolgt sind und ins Zentrum gekommen sind, aber sie müssten viele Taschen in den Händen halten, damit dem Markt geholfen werden kann."

    Der Handel in der zweitgrößten Stadt Griechenlands schreibt rote Zahlen und dass, obwohl die Geschäftsleute auch in diesem Krisenjahr weder an Vitrinenausstattung noch an Weihnachtsdekoration gespart haben. Mit Optimismus und Hoffnung sei man in die Wintersaison gegangen, doch bisher blieb der erhoffte Umsatz aus. "Nicht mal die Hunde wedeln mehr mit dem Schwanz", so beschreibt der Besitzer eines der traditionsreichsten Bekleidungsgeschäfte in der Innenstadt von Thessaloniki die Situation. Besonders die Traditionsgeschäfte blicken der Zukunft des griechischen Handels mit großer Sorge entgegen. Viele verkaufen inzwischen ihren Grund und Boden, um das Geschäft aufrechterhalten zu können. Doch wie lange können sie der Krise die Stirn bieten? Ihre Landsleute haben einfach kein Geld mehr. Eine Tatsache, über die zu sprechen längst kein Tabuthema mehr ist. Die Schneiderin, Toula Balkiza, beschreibt:

    "Ich kann nicht einmal mehr im Traum an Geschenke denken. Und das ist ja eigentlich kein Wunder. Wir haben keine finanzielle Grundlage mehr, um uns frei bewegen zu können. Wir können zu Weihnachten ja nicht einmal das zu Essen kaufen, was wir gerne mögen. Geschenke? Und diese Aufregung zu Weihnachten, was man mir wohl schenken wird!' Das ist vorbei."

    Der griechische Handel blutet aus. In den vergangenen Monaten haben achtundsechzigtausend Firmen dichtgemacht. Ohne Hoffnung, dass sie durch andere Geschäfte ersetzt werden. Allein in der Prachtstraße Thessalonikis, der Tsimiski, haben 13 Geschäfte schließen müssen. Vor zwei Jahren war dieser Standort heiß begehrt, trotz unerschwinglicher Miete, erklärt die junge Geschäftsführerin eines Fachgeschäfts für Damen- und Herrenunterwäsche, Evi Angelis. Sie hat die Firma von ihren Eltern übernommen.

    "Wir haben in diesem Jahr überhaupt keinen Unterschied feststellen können zu den anderen Monaten. Es gab keinen großen Umsatz während der Vorweihnachtszeit, obwohl wir die Preise gesenkt haben. Die Menschen gehen nur spazieren und schauen sich Schaufenster an. Man fährt ins Zentrum, um allenfalls einen Kaffee zu trinken. Und diejenigen, die Geschenke kaufen, tun dies in ganz begrenztem Maße. Ein kleines Geschenk für einen ganz vertrauten Menschen. Nicht mehr."
    Der Vizepräsident des griechischen Handelsvereins muss sich täglich viele Klagen anhören. Wenn die Banken auf Dauer den Markt nicht mehr mit den notwendigen Krediten versorgen, wird die Agora Thessalonikis sobald keinen Aufschwung mehr erleben, glaubt er.

    "Mit den Maßnahmen, die die Troika und die griechische Regierung ergreifen, wird der griechische Handel in naher Zukunft wie eine Kuh auf die Schlachtbank geführt werden. Und diese Kuh können Sie dann eben auch nie wieder melken."

    Der schwimmende Weihnachtsbaum der Innenstadt, in diesem Jahr auf einer Tragfläche im Meerwasser aufgebaut, den hat die erste große Sturmwelle mitgenommen. So mancher überschuldete griechischer Geschäftsmann wünscht sich innerlich längst schon, dass eine Tsunamiwelle sein Geschäft ebenso mitnehmen könnte. Dann sei er endlich alle Sorgen los.