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Keine Weihnachtsstimmung in Athen

Trübe Weihnachtsaussichten in Griechenland: Für den Konsum fehlt schlicht das Geld und für die Lichter der Baum, denn die Athener Stadtbehörde muss sogar an der Nadel sparen. Weihnachtsbäume sucht man in diesem Krisenjahr vergeblich auf den öffentlichen Plätzen.

Von Rodothea Seralidou | 23.12.2011
    Der Syntagma-Platz direkt vor dem Parlamentsgebäude. An Orangenbäumen hängen bunte, von Schülern bemalte Aluminiumdosen. In der Mitte des Platzes haben Studenten drei Holzinstallationen aufgestellt. Sie sollen Christbäume darstellen. Das ist alles. Kein Weihnachtsmarkt, keine Lichter, kein Karussell. Nur die Straßenmusiker sorgen für ein bisschen Stimmung.

    "Das ist das einzig Schöne. Gut, dass es diese Musiker gibt, ich befürchte aber, dass auch sie bald Griechenland verlassen und in ihre Länder zurück kehren werden. Die Stadt hätte den Platz mit Weihnachtsdekoration vom letzten und vorletzten Jahr schmücken sollen! Ich benutze doch auch seit zehn Jahren denselben Weihnachtsschmuck."

    … sagt die 60-jährige Eleni, eine korpulente Frau in schwarzer Kleidung. Da die Stadt Athen ihren Etat für diese Weihnachten im Vergleich zum Vorjahr um satte 90 Prozent gekürzt hat, ist diesmal nicht mehr möglich als einige Konzerte und Theateraufführungen. Athens Bürgermeister Giorgos Kaminis verteidigt die Sparmaßnahmen.

    Richtige Weihnachtsstimmung könne so aber nicht aufkommen, findet Maria. Die 41-Jährige mit den langen dunkelbraunen Haaren schockiert der Anblick des Syntagma-Platzes.

    "Ich habe erwartet, dass es irgendetwas zu sehen gibt. Doch dieser Anblick ist deprimierend! Ich frage mich, was soll ich meinem Kind zeigen? Ich bin wirklich den Tränen nahe."

    Michalis Grilos sieht das Ganze entspannter. Der pensionierte Rechtsanwalt sitzt auf einer der vielen Holzbänke und genießt die winterlichen Sonnenstrahlen. Der 63-Jährige findet die Schlichtheit des Platzes angemessen und den Umständen entsprechend:

    "Ich freu mich, dass auch hier Einschnitte gemacht worden sind. Die Leute müssen im Moment viel ertragen und haben viele Probleme. Ein pompöser Syntagma-Platz wäre dieses Jahr wirklich unpassend! Und auch die Aludosen der Schüler finde ich sehr schön. Das ist umweltfreundlich und gefällt mir."

    Auf einem kleinen Hocker, ein bisschen weiter weg, sitzt Christos. Er verkauft Scheine der staatlichen Lotterie direkt vor dem Haupteingang der Athener Metro. Seit Jahrzehnten arbeitet er hier, er kennt den Platz in- und auswendig: Früher seien zu Weihnachten Menschen aus ganz Griechenland zum Syntagmaplatz geströmt, schwärmt er. Doch das war einmal:

    "Wer soll denn jetzt noch zum Syntagma-Platz kommen? Welche Kinder denn? Es bringt Unglück, dass die Stadt nicht einmal einen Weihnachtsbaum aufgestellt hat. Was hätte der denn gekostet? Früher gab es hier Lichter, Häuschen, der ganze Syntagmaplatz war erleuchtet. Dieses Jahr gibt es nichts. Dabei ist das für alle wichtig. Auch für die Älteren."

    Gerade jetzt, in diesen schwierigen Zeiten würde eine beleuchtete und festlich dekorierte Stadt den Menschen Hoffnung geben, glaubt auch Eleni. Sie denkt mit Wehmut an vergangene Jahre zurück:

    "Wir ärmeren Leute kamen früher hierher und haben uns amüsiert. Jetzt besteht der einzige Schmuck aus Aluminiumdosen! Unglaublich! Als wir klein waren und Armut herrschte, dekorierten wir die Bäume mit Nüssen. Nach Weihnachten konnte man diese wenigstens noch essen. Diese Aludosen hier sind aber leer!"