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Kesse Dienstmädchen, milde Krieger

Die Inszenierung von Georg Philipp Telemanns Mini-Oper "Pimpinone" auf den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik sprüht nur so vor mal oberflächlichem, mal tiefgründigerem Humor. In eine ganz andere Welt führt "Romolo ed Ersilia" von Johann Adolph Hasse.

Von Jörn Florian Fuchs |
    "Einen Dieb hat niemand lieb" sagt das Sprichwort und eigentlich müssten wir ab jetzt Mozart mit Zuneigungsentzug strafen. Da hat das Wolferl doch tatsächlich sein verstottertes, zauberflötiges "Papageno"-Plappern geklaut! Es kommt nämlich ganz ähnlich vor bei Georg Philipp Telemanns viel früher entstandenem Intermezzo "Pimpinone".

    Der Titelheld, ein alter geiler Geck, wirbt so verdruckst um ein angebetetes junges Dienstmädchen. Dieses hört zwar auf den Namen Vespetta (was irgendwie auch gut zur aktuellen Wespenplage passt), Pimpinone allerdings möchte sie zu seiner Pimpinina machen. Alles klar?

    Im Grunde ist es ganz simpel: Alter Mann sucht junge Frau, die sich durch gutes Zureden und Unmengen von Schmuck schließlich für eine Ehe entscheidet – um hernach sofort ihren Göttergatten in den Hades zu verbannen und selbst die Hosen beziehungsweise den Reifrock im Hause P. anzuziehen.

    Uraufgeführt wurde das knapp einstündige Mini-Öperchen vermutlich während einer Premiere von Händels "Tamerlano" in Hamburgs Musiktheater am Gänsemarkt anno 1725, als Telemann dort seinen Einstand als Chef gab. Damals war es üblich, große schwere Opern mit unterhaltsamen Komödien aufzulockern, ein Akt Händel, ein Akterl Telemann und so weiter.

    Doch zurück nach Innsbruck und mitten hinein in den Spanischen Saal von Schloss Ambras, wo das Ganze stattfand. Pierre Pitzl (von der Barockgitarre aus dirigierend) und seine ziemlich knackig disponierten Kollegen vom Ensemble Private Musicke sorgen für eine intensive Umsetzung von Telemanns quicklebendiger Partitur, Marie-Sophie Pollack singt das begehrte Mädel mit angenehmem Timbre und reichlich vokalem Witz und auch der grantelnde Renato Girolami ist als Pimpinone eine Idealbesetzung.

    Bisher also alles wunderbar, aber was passiert auf der Bühne? Christoph von Bernuth ist Operndirektor der Innsbrucker Festwochen und hat vor zwei Jahren eine unsäglich dämliche Inszenierung von Haydns "L'isola disabitata" vorgelegt. Der Telemann aber sprüht nur so vor mal oberflächlichem, mal tiefgründigerem Humor. Mit wenigen Requisiten entsteht das witzige Drama des ungleichen Paars vor Augen und Ohren, besonders in Erinnerung bleibt der finale Fechtkampf, bei dem ein roter Staubwedel dem Mädel als Florett dient, während ihr unlängst angeheiratetes Gegenüber mit dem Krückstock hantiert.

    In eine ganz andere Welt führt "Romolo ed Ersilia" von Johann Adolph Hasse. Die Opera seria war ein Auftragswerk und wurde 1765 anlässlich einer Adelshochzeit in Innsbruck uraufgeführt. Das Thema freilich ist sehr ernst. Vor dem etwas überraschenden frohen Ende geht es heftig zur Sache.

    Der mordende und brandschatzende Romolo verliebt sich in die Sabinerprinzessin Ersilia und kommt erst dann zum Ehe-Ziel, nachdem er sie ihrem Vater zurückgegeben hat. Ein inneres moralisches Gesetz schwebt über Romolo.

    Hasse und sein kongenialer Librettist Metastasio bieten eine Menge kluger Szenen und Szenarios auf, Regisseurin Aniara Amos zeigt ein präzise gearbeitetes Laboratorium der Gesten und Gefühle, auf einer Drehbühne gibt es mehrere, erst halb transparente, später skelettierte Kästen als Spielorte.

    Am Pult des Ensembles Café Zimmermann brilliert Attilio Cremonesi, der auch die Fassung einrichtete, die Solistenbesetzung ist leider sehr heterogen, wirklich gut machen ihre Sache nur Marina de Liso als Romolo sowie Johannes Chum als Ersilias Vater Curzio.