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KfW-Studie
Weniger Gründer in Deutschland

Eine Studie der Förderbank KfW belegt: Die Zahl der Existenzgründer fiel 2017 um 17 Prozent. Demnach gibt es dank der geringen Arbeitslosigkeit mehr sogenannte Chancengründungen als Notgründungen. Um die Gründungsbereitschaft zu erhöhen, müssten bürokratische Hürden deutlich abgebaut werden.

Von Mischa Ehrhardt | 29.05.2018
    Berlin Mitte; Factory; Sitz von Start-up Unternehmen wie Soundcloud sowie Twitter Factory Berlin centre Factory Seat from Start up Companies like Soundcloud and Twitter Factory
    Die meisten Existenzgründer haben ihren Sitz in Berlin (imago stock&people)
    Es klingt paradox: Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit ist vergleichsweise gering. Das heißt die Bedingungen, um sich selbstständig zu machen, die sind eigentlich optimal. Trotzdem ist die Zahl der Neugründungen im vergangenen Jahr auf den tiefsten Stand seit einem Jahrzehnt gefallen. Es ist gerade der hohe Grad der Beschäftigung in Deutschland, der Neugründungen bremst:
    "Das macht die Beschäftigung in einem Unternehmen sehr, sehr attraktiv und viele Mitarbeiter sehen hier Chancen oder sind auch stark gefordert in ihren Unternehmen, was dazu führt, dass immer weniger sich selbstständig machen können oder auch müssen, weil die Zukunft des Unternehmen nicht so sicher ist", sagt der Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe, Jörg Zeuner.
    Unterschiedliche Motive von Gründungen
    Der gute Arbeitsmarkt führt also dazu, dass Menschen sich nicht selbstständig machen müssen. Das lässt sich auch daran ablesen, dass die Relation zwischen sogenannten Notgründungen und Chancengründungen sich verschoben hat. Notgründer, der Name sagt es schon sind Gründer, die aus der Not heraus ein wirtschaftliches Abenteuer eingehen. Chancengründer dagegen haben, einfach gesprochen, eine Idee, die sie verfolgen. Georg Metzger, Autor der Studie:
    "Wir haben so viele Chancengründer im Verhältnis zu Notgründern wie nie zuvor, was eine sehr gute strukturelle Qualität des Gründungsgeschehens widerspiegelt. Wir bekommen dadurch höchstwahrscheinlich auch eine größere Bestandsfestigkeit auch des Gründungsjahrgangs 2017, weil eben Chancengründer auch erfolgsorientierter sind als Notgründer. Da hoffen wir, dass das auch dieses Jahr so anhält."
    Rahmenbedingungen verbessern
    Kurz: Es gibt zwar weniger Neugründer in Deutschland, dafür nimmt die Qualität der neuen Projekte und Unternehmerischen Ideen aber zu, was mehr Erfolge verspricht. Im internationalen Vergleich allerdings hinkt Deutschland anderen industrialisierten Ländern hinterher – hier seien noch Verbesserungen möglich, meint Zeuner:
    "Wir haben in Deutschland eine Reihe von Rahmenbedingungen, die man verbessern kann. Zum einen ist es sicher möglich, in der Zusammenarbeit mit den Verwaltungen Prozesse zu vereinfachen, zu digitalisieren, schneller zu gestalten. Wir bekommen immer wieder den Hinweis, auch international, dass die Schulausbildung, die Berufsausbildung zu wenig unternehmerische Fähigkeiten vermitteln: Das sind sicherlich zwei Anknüpfungspunkte, um die Gründungstätigkeit weiter zu fördern."
    Das bestätigt auch Studienautor Georg Metzger. "Es ist in der Tat so, dass wenn man die Gründer befragt, welche Gründungshemmnisse sie sehen, dann ist das tatsächlich Bürokratie, weil das ein Bereich ist, mit dem jeder tatsächlich in Berührung kommt."
    Gute Voraussetzungen für Gründungen sind etwa ein kreatives Umfeld und Gleichgesinnte, sprich: Wirtschaftliche Zentren, in denen Gründer quasi automatisch zueinander finden, auf Netzwerke stoßen und so ihre Projekte in diesem Umfeld vergleichsweise einfach vorantreiben können. Hamburg und an erster Stelle Berlin sind die Länder, in denen die Gründungstätigkeit bundesweit am höchsten liegt.