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Kinderbetreuung
Eine Spontan-Kita für Notfälle

Die Betreuungsgarantie gilt seit einem Jahr, trotzdem tun sich Kommunen schwer, für die Ein- bis Dreijährigen passende Kitaplätze zu finden. Die Stadt München geht seit diesem Jahr einen neuen Weg. Mit sogenannten Spontan-Plätzen soll jedem, der kurzfristig eine Betreuung für sein Kind sucht, geholfen werden.

Von Susanne Lettenbauer | 04.02.2015
    Kinderspielzeug hängt an einem Rahmen. Im Hintergrund spielt eine Erzieherin mit zwei kleinen Kindern
    Eltern aus verschiedenen Kultukreisen nutzen die Spontankita in München. (dpa / Julian Stratenschulte)
    "Also wir sind jetzt hier im Eingangsbereich. Das hier ist die Garderobe mit Plätzen für jedes Kind, jedes mit bunten Farben, dass die Eltern und Kinder sich gleich willkommen fühlen."
    Rosemarie Dümml merkt man die Begeisterung an. Die Leiterin der neuen Kindertagesstätte arbeitet seit fast 40 Jahren mit Vorschul- und Hortkindern. Die neuen Räumlichkeiten in der Müllerstraße, in der Nähe des Viktualienmarktes, sieht nicht nur sie als etwas Besonderes:
    "Wir haben schon Besucher gehabt von Universitäten aus Russland, dann eine taiwanesische Delegation, eine japanische pädagogische Professorin war im Haus, kommt demnächst wieder, französische Delegation, also aus allen möglichen Ländern kommen besucher zu uns, um sich die Einrichtung anzuschauen, also es hat schon eine Signalwirkung mit den 18 Ad-hoc-Plätzen, wir sind da schon sehr begehrt."
    36 Notfall-Plätze
    Seit diesem Monat bietet die Stadt München offiziell die ersten 36 Spontan-Betreuungsplätze für berufstätige Mütter und Väter an, aufgeteilt auf mehrere reguläre Kitas in der Innenstadt. In der Müllerstraße werden von den insgesamt 74 Plätzen 18 für Schnellzugänge vorgehalten.
    "Es ist zum Beispiel für Leute gedacht, die aus beruflichen Gründen kurzfristig, schnell nach München ziehen, die vielleicht im Februar eine Arbeit anfangen, einen Kitaplatz haben sie aber erst im September zugesichert, jetzt brauchen sie aber eine Betreuungsmöglichkeit, sonst könnten sie ihre Arbeit nicht antreten. Für derartige Beispiele ist das zum Beispiel gedacht."
    Kinder von null bis sechs Jahren können hier innerhalb von ein, zwei Wochen auf die Schnelle einen Betreuungsplatz bekommen. Die 18 Spontan-Kinder von Rosemarie Dümmls Team dürfen einen Monat und bei Bedarf auch länger bleiben:
    "Wir haben ein sehr interkulturell zusammengesetztes Publikum, also Klientel, Kinder aus verschiedensten, auch bilingualen Familien, da hilft es uns sehr, dass wir Kolleginnen aus den verschiedensten Kulturkreisen und verschiedener Sprachherkunft hier haben können."
    Viele Anfragen nach Spontan-Plätzen
    Trotz der gesetzlichen Betreuungsgarantie leidet München noch immer unter Kitaplatzmangel. Vor allem Eltern, die aus anderen Bundesländern zuziehen, müssen oft monatelang auf eine Zusage warten. Erste Abhilfe will seit anderthalb Jahren bestehende Elternberatungsstelle EBS schaffen. Alle freien Plätze, ob von städtischen oder freien Trägern, sind dort gemeldet. Dass München seit diesem Monat die neuen Spontan-Plätze anbietet, hat sich bereits herumgesprochen, so Katja Lazarus, Koordinatorin der Übergangsplätze:
    "Wir haben momentan 36 Übergangsplätze, die wir vermitteln, in verschiedenen Einrichtungen in zentraler Lage, da wurde Wert drauf gelegt, wir haben sehr viele Anfragen, es variiert je nach Zeit, gerade jetzt kommen die Eltern, deren Kinder ein Jahr sind und die erst ab September einen Platz bekommen, aber wo die Mütter jetzt schon arbeiten müssen, da ist das schon eine gute Möglichkeit."
    Die Fremdsprachenassistentin Claudia Markovic, Mutter einer einjährigen Tochter, hatte nach einer Odyssee durch die Kitas von München innerhalb von einer Woche eine Zusage bekommen:
    "Begonnen hat das alles mit der Absage der Stadt München, dass wir keinen Betreuungsplatz bekommen haben, was für mich natürlich sehr schwer war, da ich nur ein Jahr Elternzeit eingereicht hatte und dann stand ich vor dem Problem, was mache ich jetzt."
    Zwei Mal eingewöhnen
    Dass der Platz nur vorübergehend ist und ihre Tochter im Februar wieder wechseln muss, dann in die reguläre Kita, empfinde sie nicht unbedingt als positiv, meint die Mutter:
    "Das ist ein lachendes und ein weinendes Auge. Einerseits hat es mir ermöglicht, wieder in den Job einzusteigen, auch zu einem Zeitpunkt, der mir und meinem Arbeitgeber gepasst hat, dass heißt von der Seite aus perfekt. Andererseits muss man sich bewusst sein, man hat zwei Mal eine Eingewöhnung. Die Eingewöhnung hier in der Müllerstraße hat hervorragend geklappt, perfekt, aber meiner Maus muss ich das jetzt zweimal antun, was dann nicht so schön ist, aber das muss man sich im Vorfeld bewusst sein."
    Die Nachfrage nach den Spontan-Plätzen schwankt enorm, heißt es aus der Elternberatungsstelle. Ist der Andrang in einer Woche sehr hoch, kann er in der kommenden Woche schon wieder abflauen und umgekehrt. Aber da die Ad-hoc-Betreuung so schnell wie möglich in eine reguläre umgewandelt wird, je nach Kapazitäten, ist immer wieder ein Platz frei.