Samstag, 20. April 2024

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Kippenberger und Lassnig im Lenbachhaus
Der Dandy und die Feministin

Schmerzverzerrte Gesichter, gekrümmte Körper, weit aufgerissene Münder - die Bilder der Österreicherin Maria Lassnig und des Deutschen Martin Kippenberger zeigen Leidende. Eine Ausstellung in München stellt die Körperbilder der beiden auf den ersten Blick unterschiedlichen Künstler aus.

Christian Gampert im Gespräch mit Mascha Drost | 21.05.2019
Die Lebensqualität (Quality of Life), 2001, Öl auf Leinwand / oil on canvas, 195 cm x 205 cm
Ausschnitt aus "Die Lebensqualität" von Maria Lassnig (© Maria Lassnig Stiftung / Foundation)
"Body Check" heißt die Ausstellung im Münchner Lenbachhaus. Sie stellt Körperbilder zweier Künstler einander gegenüber: Maria Lassnig und Martin Kippenberger. Beide haben den eigenen Körper ins Zentrum ihrer malerischen Auseinandersetzung gerückt, haben ihn inszeniert, haben seinen Verfall gezeigt - mal drastisch, mal ironisch.
Maria Lassnig wurde spät entdeckt, kann ihren Ruhm noch eine Weile genießen und stirbt mit 94 Jahren. Martin Kippenberger feiert sehr früh Erfolge, führt ein ausschweifendes Leben und stirbt dann mit nur 44 Jahren. So richtig scheinen die beiden Künstler nicht zusammen zu passen, sind doch ihre Lebenswege, ihre Art zu malen so ganz anders. Die große Gemeinsamkeit ist allerdings die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, den sowohl Lassnig als auch Kippenberger ins Zentrum ihrer Arbeiten stellen.
Der geschundene Körper als Projektionsfläche für Probleme
"Body Check", so Kritiker Christian Gampert, sei ein guter Titel, denn beide Künstler hätten ihrem Körper Einiges zugemutet. Kippenberger habe seinen Körper immer rüde behandelt, während man Maria Lassnigs Art eher als "body awareness" bezeichnen könne. Die Österreicherin habe ihren Körper ergründet und immer gefragt: "Wie fühle ich mich?"
Das Münchner Lenbachhaus zeigt nun Arbeiten der beiden, stellt sie gegenüber und bezieht sie aufeinander. Die beiden Künstler sind sich wohl nie persönlich begegnet, dabei wirken ihre Arbeiten streckenweise so ähnlich, dass der Betrachter zweimal hinschauen muss, um genau zu erkennen, von wem welches Bild ist.

"Es ist toll, dass der unperfekte Körper überhaupt in Szene gesetzt wird", so Gampert. In einer Gesellschaft, die immer auf der Suche nach dem schönen Körper sei.
Ohne Titel (aus der Serie Das Floß der Medusa), 1996, Öl auf Leinwand, 150 cm x 180 cm
Ausschnitt aus "Ohne Titel (aus der Serie Das Floß der Medusa)" von Martin Kippenberger (© Estate of Martin Kippenberger, Galerie Gisela Capitain, Cologne)
Lassnig zeigt ihren verfallenden Körper und transportiert ein hilfloses Körpergefühl. Kippenberger zeigt sich hässlich. Die Werke haben sich bei aller Andersartigkeit viel zu sagen.