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Kirchenkunst
Die Mönche und der Weltstar

Die Benediktinerabtei Tholey im Saarland bekommt neue Kirchenfenster. Einige davon gestaltet der weltbekannte Künstler Gerhard Richter. Die Benediktinermönchen machen um den großen Namen kein großes Aufheben. Warum eigentlich nicht?

Von Tonia Koch | 13.02.2019
    Ein Benediktinermönch geht am 27.6.2002 durch den Garten der der Abtei Tholey.
    Die Abteikirche von Tholey. (dpa/ Thomas Frey)
    Ob die Musik des aus Estland stammenden Komponisten Arvo Pärt künftig in der Tholeyer Benediktiner-Abtei öfter zu hören sein wird, ist noch nicht ausgemacht. Aber seine Töne sollen sichtbar werden in neuen Glasfenstern für eines der ältesten Klöster Deutschlands. Der Komponist hat den Künstler inspiriert, der die drei Fenster des Hauptchores und damit die zentralen Fenster der Abteikirche St. Mauritius gestalten wird. Sein Name: Gerhard Richter. Richter plane eine Interpretation des Pärt‘schen "Halleluja" in Form und Farbe, beschreibt es Bruder Wendelinus.
    "Sehr farbenfroh, sehr farbintensiv, vielschichtig in der Komposition. Es gibt absolute Symmetrien, aber man braucht lange, um sie zu entdecken."
    Gerhard Richter und Mahbuba Maqsoodi
    Richter habe eine Umsetzung in mathematischer Genauigkeit gewählt, abstrakt ohne figürliche Darstellung. Die Mönche empfinden das als eine Art Fügung.
    Der Künstler Gerhard Richter bei einem Pressetermin.
    Der Künstler Gerhard Richter (dpa-Bildfunk / Rolf Vennenbernd )
    "Diese Fenster werden den Hintergrund für die ganze Liturgie darstellen", sagt Bruder Wendelinus, "und da ist es doch schön, dass man sagt, das letzte Geheimnis, also das Gottesgeheimnis, das letzte Mysterium wird dann nicht figürlich dargestellt und es ist ja zutiefst christlich, dass wir in diesem Leben kein Bild von Gott haben. Wenn Sie im Diskurs sind mit anderen Religionen, mit anderen Konfessionen oder auch mit Atheisten und sagen würden, wie kann man sich Gott vorstellen, vielleicht auch nur als Hypothese, so wird man sich doch darauf einigen können, selbst mit einem Atheisten, wenn es so etwas wie Gott gibt, wäre es die höchste Harmonie, die höchste Perfektion, etwas Absolutes. Und das findet sich in dem Fenster durch Musik, Form und Farbe wieder."
    In der Tradition Georg Meistermanns waren die alten Fenster der unter Denkmalschutz stehenden Abtei ohne figürliche Motive ausgekommen. Aber das soll sich nun ändern. Für Szenen aus der Heilsgeschichte haben die Mönche Vorgaben gemacht. Sie setzen auf konkrete Darstellungsformen, auf Figuren und Bilder. Ihre Wahl fiel nach einer Ausschreibung auf die in München lebende afghanische Glasmalerin Mahbuba Maqsoodi. Der eingeschlagene Weg - weg von der Abstraktion - sei nötig, weil sich die Kirche an die heutige, von Bildern gesteuerte Zeit anpassen müsse, wenn sie die Menschen erreichen wolle, argumentiert der Kunsthistoriker in Diensten des Konvents, Bruder Wendelinus.
    "Wir haben festgestellt, dass die abstrakten Fenster nicht funktioniert haben, gerade bei jüngeren Leuten, die so wenig katechetisches Wissen hatten, dass sie mit der Andeutung, mit der Symbolik vor etwas stehen, was sie überfordert."
    Beteiligung der Öffentlichkeit verpasst
    All das scheint nachvollziehbar und steht auch nicht in der Kritik. Aber es verwundert doch, dass die Tholeyer Benediktiner mit dem großen Namen und dem großen Vorhaben nicht offensiver umgehen. Sie hätten es bisher nicht geschafft, den Dialog mit einer breiteren Öffentlichkeit zu suchen, bedauert der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Architekten, Peter Alt.
    Mahbuba Maqsoodi beim Dreikönigstreffen der Münchner SPD im Hofbräukeller. München, 06.01.2017
    Glaskünstlerin Mahbuba Maqsoodi (imago stock&people/ Future Image/ P. Schönberger)
    "Unsere Intervention geht genau in die Richtung, dass man hier einen Prozess anstoßen könnte, um Öffentlichkeit zu erreichen und damit auch Qualität zu erzeugen. Aber nicht im stillen Kämmerlein, dann sind die Fenster installiert und dann jeder kommen und gucken. Das ist im Grunde genommen zu wenig. Für mich geht es da auch um die kulturelle Zukunftsfähigkeit des Landes im Verbund mit den Kirchen. Also, diese geistigen Orte muss man einfach erhalten. Und da müssen wir uns als baukulturell und auch ansonsten kulturell interessierte Menschen doch einbringen."
    Dafür scheint es zu spät. Die theologische Frage: Wie kann mit Hilfe der Kunst in der heutigen Zeit Glaube vermittelt werden, haben die Tholeyer Benediktiner allein entschieden. Rechtlich sind sie dabei auf der sicheren Seite. Der Orden untersteht Rom und der Nuntius hat grünes Licht für die Umgestaltung der Abteikirche in Eigenregie erteilt. Aber ob es auch architektonisch ein großer Wurf wird, ob es gelingt, die Arbeiten beider Künstler auf relativ engem Raum zu einer Einheit zu verbinden, das wird erst im Nachhinein entschieden. Aber genau das wäre doch einen Diskussionsprozess Wert gewesen, findet der Vertreter der Architekten.
    "Es ist das Traurige an der Sache, dass etwas Grandioses geschieht, was aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet", sagt Alt.
    Der Zeitpunkt für eine Beteiligung der Öffentlichkeit wurde verpasst, wohl auch deshalb, weil die kleine Mönchsgemeinschaft die Dynamik, die ihr Vorhaben durch den Künstlernamen Gerhard Richter erfährt, vollkommen unterschätzt hat.