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Kitschfreie Weihnachtsmusik aus der Indie-Ecke

Alle Jahre wieder kommen überladene Weihnachtssongs auf den Markt, die die Welt nicht braucht. Dieses Jahr zum Beispiel von Lady Gaga, Justin Bieber und Michael Bublé. Doch es formiert sich Widerstand. Smith & Burrows haben für ihr "Winterlabum" angestaubte 80er-Jahre-Songs gecovert. Gewagt, aber geglückt.

Von Andreas Zimmer | 03.12.2011
    "Es gibt eine Menge schlimmer Weihnachtsmusik. Viele Leute haben uns gesagt, mit einem Weihnachtsalbum könne man sich nur blamieren. Aber ich finde, unser Album ist eher traurig und melancholisch. Wir nennen es lieber 'Winteralbum'."

    Die Idee für besagtes Winteralbum – betitelt als "Funny looking angels" - entstand aber bereits im vergangenen Mai... Den Anfang bildeten dabei zwei 80ier Coversongs: "Wonderul life" von Black und eine melancholische Version von Yazoo's "Only you". - Tom Smith, Sänger von "The Editors" und Andy Burrows, Schlagzeuger von "We are scientists" sind wahre Indiegrößen und hatten einen Ruf zu verlieren. Deshalb hatten gängige Weihnachtsstücke Hausverbot. Tom blickt zurück:

    "Nach den Aufnahmen zu Anfang des Jahres hab ich dann Andy gefragt: Stell dir vor, wir würden daraus ein ganzes Album zu Weihnachten machen. Und er: Ich hab eben das gleiche gedacht! Und dann fingen wir an, unsere eigenen Songs dazuzuschreiben. Um's richtig weihnachtlich zu machen."

    Diese Eigenkompositionen, vier an der Zahl, sind dann auch die Glanzlichter von "Funny looking angels": Vielleicht ein bisschen sentimental aber nicht überladen, manchmal kritisch und auch politisch. Weil sich Smith & Burrows dazu aber bereits im Londoner Hochsommer Texte und Melodien einfallen lassen mussten und dabei zunächst so gar keine winterliche Stimmung aufkommen wollte, übten sie sich in winterlicher Autosuggestion. Verrät Tom:

    "Was unsere eigenen Weihnachtssongs anging, haben wir uns einfach auf die Dinge konzentriert, die Weihnachten für UNS bedeutet. Beispielsweise in den Pub gehen und Leute treffen, die man sonst nicht sieht. Ich denke, so konnten wir die Schmalz-Klippen umschiffen."

    Und tatsächlich ist "Funny looking angels" alles andere als ein weiterer jährlicher Versuch, die Kassen mit Weihnachtskitsch klingeln zu lassen. Dafür sorgt schon die geschmackvolle Auswahl der Coversongs, denen im Original jeder Weihnachtsbezug abgeht. Obendrein sind sie schön verpackt in festliche Arrangements, mit Pianoläufen wie glitzerndes Lametta – aber eben nicht schnulzig.

    "Der Albumtitel rundet den ironischen Unterton ab, dass zwei ganz erwachsene Männer ein Album zu Weihnachten machen. Das gleiche mit dem Coverfoto: Da sitzen zwei zeitgeistig-mürrisch aussehende Typen mit riesigen ballettmäßigen Flügeln auf dem Rücken. Das ist lustig!"

    So lustig, dass Smith & Burrows gerne weiter miteinander arbeiten möchten. Eins wissen sie dabei schon ganz genau: Noch ein Weihnachts- bzw. Winteralbum wird es sicher nicht geben! Zumal man bezweifeln darf, ob man "Funny looking angels" das ganze Jahr über hören könnte, Ironie hin oder her.