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Klage gegen die EU
Kenianer will Europäer zu strengeren Klimazielen zwingen

Extreme Hitze, Dürren, Wasserarmut: Der Lebensstil in Europa sei für die Menschen in Afrika lebensbedrohlich geworden, sagt Roba Guyo aus Kenia. Menschen und Tiere stürben bereits. Deswegen hat er sich einer Sammelklage gegen die EU für strengere Klimaziele angeschlossen.

Von Linda Staude | 11.03.2019
Zwei Bauern stehen vor einem toten Kamel, aufgenommen im Juni 2017, während einer Nahrungsmittelverteilung in Yaa Sharbana im Norden Kenias
Ohne Wasser sterben Tiere und Menschen in Kenia (picture alliance / Helmut Fohringer / APA / picturedesk.com)
Eine große Herde schwarzweißer Ziegen galoppiert durstig auf ihr Wasserloch zu. Ein quadratischer Regenwasserstausee im staubigen Boden - zur Hälfte ausgetrocknet. Es ist zehn Uhr morgens in Badanreero, einem abgelegenen Dorf in Kenias trockenem Norden. Die einzige Zeit, in der die Hirten ihre Ziegen tränken dürfen. So hat es das ganze Dorf beschlossen, um das kostbare Wasser zu sparen.
"Wir sind eine geeinte Gemeinde, aber vor zwei Wochen haben auf der anderen Seite der Hügel dort zwei andere Volksgruppen um das Wasser gekämpft. Hier sind wir friedlicher und haben in letzter Zeit nicht gekämpft".
Europäer müssen ihren Lebensstil verändern
Vier Menschen wurden getötet, sagt Roba Guyo. Wenn das Klima sich weiter verändert, könnte es viel mehr Tote geben. Die meisten Hirten sind bewaffnet und bereit, um ihr Überleben zu kämpfen. Ortsvorsteher Dida Jirmo Galgallo:
"Die Leute werden immer ärmer. Wir haben diese extreme Hitze. Die wird so schlimm, dass Du bis zu zehn Liter Wasser am Tag trinken musst. Du kannst nicht aus dem Haus gehen, weil Du das Gefühl hast, Dir schmilzt das Hirn. Das Vieh stirbt. Das bedeutet Armut und ist unser größtes Problem."
Der heiße Wind bläst Staub über hunderte ausgebleichte Knochen von Kühen, Ziegen und Kamelen. Opfer der endlosen Dürre 2017.
Auch Roba Guyo hat den größten Teil seiner Herde verloren – und beschlossen, etwas gegen die immer häufigeren Dürren zu tun. Er hat sich einer Sammelklage gegen die EU angeschlossen, um die Europäer zu strengeren Klimazielen zu zwingen.
"Die Europäische Union ist mit einer der Haupt-Emittenten von CO2. Deswegen ist es so, dass vielen Menschen nicht klar ist, dass der Lebensstil, den wir in Europa verfolgen, den Menschen hier Probleme bereitet, die in diesem Fall sogar lebensbedrohlich werden. Weil hier Menschen einfach durch Klimawandel sterben."
So Markus Raschke von Protect the Planet. Die Hilfsorganisation hat gezielt nach Klägern gesucht, die bereits unter den Folgen des Klimawandels leiden.
Dima Guyo schöpft Wasser aus dem Teich in einen großen, gelben Kanister und lädt ihn sich auf den Rücken. 18 Liter schleppt Robas zweite Frau nach Hause, mehrmals am Tag.
Kinder schaffen wegen der Hitze den Weg zur Schule nicht
"Dieser Teufelskreis von extremen Dürren muss durchbrochen werden, wenn das überhaupt geht. Das Wasser ist weit weg. Wir haben keine Zeit uns auszuruhen in der Hitze. Wir sind erschöpft und sehen unsere Kinder kaum noch."
Ihre vier Kinder sollten eigentlich in der Schule sein. Aber manchmal schaffen sie die anderthalb Kilometer Fußmarsch nicht. An besonders heißen Tagen sind sie auch schon im überhitzten Klassenzimmer zusammengeklappt.
"Diese Leute müssen ihr Verhalten ändern und damit aufhören, diese Hitze zu erzeugen. Aber was kann man schon von so schlechten Menschen erwarten, die uns hier verbrennen?"
Ihr müsst den Klimawandel stoppen, das ist Dimas Botschaft an die Europäer. Für ihren Mann ist die Klage gegen die EU die letzte Hoffnung
Wenn sie keine Veränderung zum Besseren bringt, sagt Roba Guyo, dann können wir uns nur noch hinsetzen und auf unseren Tod warten.