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Klares "Jain" zu Mail-Müll in Europa

Die E-Commerce-Richtlinie der Europäischen Union wird jetzt auch in deutsches Recht umgesetzt. Bereits seit längerer Zeit existiert ein vom Bundeskabinett vorgelegter Entwurf für ein "Elektronisches Geschäftsverkehr"-Gesetz, das spätestens im Februar in Kraft getreten sein muss. Die E-Commerce-Richtlinie zielt auf den europäischen Binnenmarkt und soll die Regeln für Dienste der Informationsgesellschaft innerstaatlich harmonisieren. Problematisch dabei ist allerdings der Umgang mit Werbung per Email, im Netzjargon als Spam bekannt: Sie kann unter bestimmten Bedingungen innerhalb der Europäischen Union durchaus erlaubt werden, während in Deutschland jede unerwünschte Werbung in dieser Form untersagt ist.

Holger Bruns | 03.11.2001
    "Das Thema Spam ist für Internet Service Provider ein sehr sensibles Thema, weil es mehrere Aspekte umfasst. Zum einen fühlen sich viele Kunden der Internetanbieter durch ungebetene Werbemails belästigt. Überdies handelt es sich auch um ein technisches Problem, denn dabei fallen enorme Datenmengen an, die aber vertraglich nicht zulässig, weil nicht vereinbart worden sind", erläutert der Hamburger Rechtsanwalt Oliver Süme, Direktor des Electronic Commerce Forum. Die Kosten für diese enormen Datenmengen trägt in der Regel allerdings der Endkunde über seine Online-Gebühren. Nach Berechnungen im Auftrag der Europäischen Kommission verursacht "Spam" einen weltweiten Schaden von über zehn Milliarden Euro pro Jahr. Im Internet wehren sich Dienstanbieter und deren Kunden mit Filterlisten. Doch es gibt auch Zweifel an solchen Spamfiltern: "Ich bezweifle, dass Filter wirklich alle Werbemails erfassen können. Daher scheint es mir sinnvoller zu sein, den Werbungstreibenden deutlich zu machen, dass der Aufwand selbst für relativ billige Emails immer noch höher ist als der Effekt, den sie damit erreichen können. Das Aussenden selbst von einer Million Massenmail muss also noch teuerer sein als der Umsatz, den man damit erreichen kann", fordert der Jurist.

    Der Bremer Informatiker Uwe Haupt sieht Spam vor allem als Rechenexempel, das mit Gesetzen nicht gelöst wird: "Ich glaube nicht, dass man im Internet mit derartigen Regelungen wirklich zum Erfolg kommt. Nationales Recht allein wird Spam nicht verhindern können, denn auch von Deutschland aus kann Werbung über eine internationaler Adresse verschickt werden." Oliver Süme vom Electronic Commerce Forum stimmt dem zwar zu, setzt aber dennoch vor allem auf Regelungen, die sich die am Internet beteiligten Parteien selbst auferlegen sollten: "Selbstregulierung ist letztlich nichts anderes als eine vertragliche Vereinbarung zwischen den teilnehmenden Parteien. Auch kann niemand dazu gezwungen werden, an einem solchen Selbstregulierungsprozess teilzunehmen." Süme setzt darauf, möglichst viele der führenden Unternehmen und Interessenvertreter dafür zu gewinnen, genügend Druck auf die Betreiber der Spam-Verursacher auszuüben, dem langsam fortschreitenden Entwicklungsprozess des E-Commerce nicht mit kurzsichtigen Werbeaktionen zu schaden.

    Trotz möglicher Liberalisierungen auf internationaler Ebene bleibt Spam in Deutschland weiterhin als unlauterer Wettbewerb verboten. Oliver Süme vom Eco-Forum geht jedoch davon aus, dass Werbung per Email nicht generell unerwünscht sein muss und macht sich Gedanken über die Rahmenbedingungen: "Der Trend geht dahin, dass auch Unternehmen erkennen, dass nur die Werbebotschaft, die den Kunden auch tatsächlich interessiert, sinnvoll ist und die Einwilligung des Kunden eben auch aus Marketinggesichtspunkten für Unternehmen zukünftig die interessantere Alternative sein wird."