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Klassische Musik
300. Geburtstag von Carl Philipp Emanuel Bach

Er war der zweite Sohn von Johann Sebastian Bach und zu Lebzeiten bekannter als sein berühmter Vater: Vor 300 Jahren kam Carl Philipp Emanuel Bach in Weimar zur Welt. Auch er wurde Komponist, sein Werk markiert den Übergang von Barock zu Klassik.

Von Ulrich Kahmann | 08.03.2014
    Im Jubiläumsjahr wehen vor der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) bunte Fahnen mit dem Konterfei von C. P. E. Bach.
    Im Jubiläumsjahr wehen vor der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) Fahnen mit dem Konterfei von C. P. E. Bach. (dpa-Zentralbild / Patrick Pleul)
    "Mein seliger Vater war Johann Sebastian, zuletzt Musikdirektor in Leipzig. In der Komposition und im Clavierspielen habe ich nie einen andern Lehrmeister gehabt als meinen Vater", schrieb der 60-jährige Carl Philipp Emanuel Bach in seiner Autobiografie.
    Der vielseitigste Bach-Sohn
    Am 8. März 1714 kam er als zweiter Sohn von Johann Sebastian Bach in Weimar zur Welt. Sein Taufpate war Georg Philipp Telemann. Dass Carl Philipp Emanuel, so wie auch seine Brüder, Musiker würde, galt als Selbstverständlichkeit. Als Lehrwerk diente ihnen das Clavierbüchlein für Wilhelm Friedemann Bach, das Johann Sebastian für den ältesten Sohn angelegt hatte. Der Dirigent und Bach-Spezialist Hermann Max:
    "Ich glaube, Bach ging es überhaupt nicht darum, eine genaue vorgefasste Form einer Fuge zu erfüllen. Der hat sich einen Dreck drum gekümmert. Ihm ging es um Emotion. Und ich stelle einfach die Behauptung auf, er hat das im Unterricht an die erste Stelle gesetzt."
    Hans-Günter Ottenberg, der Biograf des Komponisten:
    "Auf diese Art und Weise kommt dann schon eine gediegene musikalische Ausbildung zustande, die dem Komponisten nützt und auch dem Cembalisten. Denn das wird dann ja später ein Hauptbetätigungsfeld für ihn werden. Und er war ein begnadeter Komponist mit einem Œuvre von enzyklopädischer Breite.
    Von Berlin nach Hamburg
    Zunächst aber beginnt Carl Philipp Emanuel ein Jurastudium. An der Viadrina in Frankfurt an der Oder sind viele junge Aristokraten immatrikuliert und der junge Bach kann Kontakte zum preußischen Adel knüpfen. 1738 wird er Cembalist an der preußischen Hofkapelle. Ottenberg: "Dort wirken zu können, in einem Orchester, das sich nichts Geringeres vorgenommen hat als das Vorbild Dresdner Hofkapelle, musste für einen Musiker natürlich eine dolle Herausforderung sein und auch zum Renommee beitragen."
    Friedrich II., ein passionierter Flötist, schätzt die Kompositionen seines Cembalisten nicht sehr, sie sind ihm zu modern. Ein verständigeres Publikum findet der Bach-Sohn im musikliebenden Bürgertum von Berlin. Dann beginnt 1756 der Siebenjährige Krieg. Das Kulturleben an der Spree kommt zum Erliegen. Als 1767 Georg Philipp Telemann in Hamburg stirbt, sieht Carl Philipp Emanuel Bach seine Chance. Nach 30 Jahren verlässt er Berlin, um Nachfolger seines Patenonkels zu werden.
    "In Hamburg, als Musikdirektor konnte er noch einmal 20 Jahre seinen kompositorischen Neigungen, seinen Neigungen als Konzertorganisator, aber auch als beliebter Komponist für Dichter nachgehen, sodass die Hamburger Zeit für ihn auch Befreiung aus höfischen Zwängen bedeutete und das Erschließen neuer Freiräume."
    Die musikalische Empfindsamkeit
    In Hamburg vollendet Carl Philipp Emanuel Bach sein Konzept von Vortrag und Stil, das den Übergang von der strengen Form der Barockmusik zu den persönlicheren Ausdrucksweisen von Klassik und Romantik markiert: die musikalische Empfindsamkeit. Formuliert hat Bach seine Gedanken in dem zweibändigen "Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen":
    "Indem ein Musikus nicht anders rühren kann, er sei denn selbst gerührt; so muß er notwendig sich selbst in alle Affekte setzen können, welche er bey seinen Zuhörern erregen will. Bey matten und traurigen Stellen wird er matt und traurig. Man sieht und hört es ihm an."
    Als Carl Philipp Emanuel Bach am 14. Dezember 1788 in Hamburg stirbt, ist er bekannter als sein Vater. Friedrich Klopstock, dessen Lied Lyda er vertont hat, widmet ihm ein Gedicht:
    Carl Philipp Emanuel Bach
    Der tiefsinnigste Harmonist,
    Vereinte die Neuheit mit der Schönheit,
    War groß
    In der vom Worte geleiteten,
    Noch grösser
    In der kühnen sprachlosen Musik.