Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Klaus und das Klima

Der tschechische Präsident Vaclav Klaus hält die These des vom Menschen verursachten Klimawandels für eine Verschwörungstheorie. Emissionslimits jeder Art lehnt er ab. Bedroht sei nicht das Erdklima, sondern die Freiheit, meint Klaus. Kilian Kirchgeßner berichtet aus Prag.

27.11.2007
    Bis in die tschechischen Hauptnachrichten hat es Staatspräsident Vaclav Klaus mit seinem neuen Buch gebracht. In diesen Tagen soll es auch auf Deutsch erscheinen, sein programmatischer Titel: "Blauer Planet in grünen Fesseln". Schon im Sommer hat Vaclav Klaus im Klimawandel sein neues Lieblingsthema gefunden und provoziert die Wissenschaftsgemeinde seither mit seinen Thesen. Der Kerngedanke: Die Erderwärmung sei lediglich Teil einer kleinen klimatischen Schwankung, wie es sie schon immer gegeben habe – und der Faktor Mensch sei dabei zu vernachlässigen.

    "Hundertprozentig oder sogar tausendprozentig hat der Mensch darauf Einfluss. Die Frage ist aber, ob das Maß seines Einflusses auf der zehnten Nachkommastelle rangiert oder an der dritten. Das ist eine ernsthafte wissenschaftliche Diskussion. Ich halte es für unerlässlich, in diese Debatte eine rationale und verantwortungsbewusste Betrachtungsweise einzubringen. Denn wegen der sogenannten vom Menschen hervorgerufenen globalen Erwärmung drohen jetzt weitreichende Einschnitte."

    Präsident Klaus, der in Prag auch als Wirtschaftsprofessor an einer Hochschule lehrt, warnt vor allem vor wirtschaftlichen Sanktionen zum Schutze des Klimas. Emissionslimits und CO2-Obergrenzen lehnt er strikt ab, weil ihr Einfluss auf die Erwärmung ohnehin nur minimal sei. Mit seiner Botschaft sucht Tschechiens Präsident Vaclav Klaus weltweit das Rampenlicht. Wie er zu seinem ungewöhnlichen Engagement gegen den Klimaschutz kam, erklärte Vaclav Klaus erst unlängst in einer Live-Sendung des britischen Fernsehsenders BBC.

    "So einen Alarmismus in der Welt zu verbreiten, wie es derzeit geschieht, ist für mich inakzeptabel. Es soll dirigistisch von oben die menschliche Gesellschaft geändert werden, und weil ich genau so etwas im Kommunismus erlebt habe, berührt mich ein solches Ansinnen sehr stark."

    Bedroht sei nicht das Erdklima, sondern die Freiheit - das suggeriert er schon im Untertitel seines Buches. Statt Gesetze gegen die Erwärmung zu erlassen, solle man lieber den Kräften des Marktes freies Spiel lassen. Mit zunehmendem Wohlstand wachse ohnehin das Bemühen um den Umweltschutz. In seinem Heimatland Tschechien sind diese Äußerungen des Präsidenten ausgesprochen umstritten - auch in der Politik. Vaclav Klaus' Partei, die bürgerliche ODS, koaliert ausgerechnet mit den Grünen. Und die lehnen die Argumentation des Staatsoberhauptes strikt ab.
    "In dieser Hinsicht sind sich alle Grünen in Tschechien absolut einig","

    sagt Matej Stropnicky aus dem Parteivorstand.

    ""Vaclav Klaus sieht den Umweltschutz wie ein Gut an, das nur der marktwirtschaftlichen Logik unterliege. Aber so sollte man nicht mit unserem Lebensraum umgehen."

    Unter den Parteimitgliedern rumort es gewaltig. Vielen an der Basis passt es ohnehin nicht, dass die eigene Partei mit der ODS gemeinsam regiert. Die extravaganten Äußerungen des Staatspräsidenten Vaclav Klaus zum Klimaschutz gießen zusätzlich Öl ins Feuer, meint Matej Stropnicky.

    "Der Unwillen wegen unserer Koalitionsbeteiligung wächst zusehends. Vaclav Klaus will sich um jeden Preis an die Spitze einer Bewegung stellen. Das ist ein starkes Stück für den Präsidenten eines so kleinen Landes. Mit seinen Auftritten schadet er dem Ansehen von Tschechien in der Welt."

    Von solchen Stimmen allerdings lässt sich Vaclav Klaus nicht bremsen. Erst vor einigen Wochen hat er seine Thesen vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen vorgetragen. Inzwischen beschweren sich selbst die ersten hohen Diplomaten in Prag hinter vorgehaltener Hand über solcherlei Aufmerksamkeit. Schließlich habe der Präsident für seine Auftritte kein Mandat von Regierung oder Parlament. Verfassungsrechtlich allerdings könne man gegen die Eigenmächtigkeiten des Staatsoberhauptes wenig ausrichten, er genießt in seinem Amt vollkommene Freiheit. Viele Tschechen reagieren deshalb inzwischen mit Galgenhumor auf die Thesen von Vaclav Klaus. Bei den Grünen steht das präsidiale Buch "Blauer Planet in grünen Fesseln" als Geschenk derzeit hoch im Kurs, sagt Matej Stropnicky.

    "Ich habe es gerade erst selbst einem Freund zum Geburtstag gekauft. Als Widmung habe ich reingeschrieben: Auf dass Du was Gutes zu lesen hast, bis es bei uns endlich warm wird."