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Kleine Fische gegen den Klimawandel

Umwelt. - Afrika ist dem Klimawandel besonders ausgesetzt, denn seine Länder sind oft zu arm, um Vorbeugungs- und Schutzmaßnahmen zu finanzieren. Deshalb arbeiten Forscher an Anpassungsstrategien, die für die Menschen dennoch erreichbar sind.

Von Dagmar Röhrlich | 22.01.2007
    "Viele Bereiche der afrikanischen Gesellschaft reagieren empfindlich auf Klimaschwankungen. Afrika ist ohnehin der Kontinent mit der größten natürlichen Veränderlichkeit. Ob ein Jahr trocken ist oder regenreich, hat immense Folgen für Landwirtschaft oder Gesundheit. Weil die Wirtschaft stark vom Klima abhängt, wird der Klimawandel zentral für die ökonomische Entwicklung."

    Madeleine Thomson von der Columbia Universität in New York. Zwar sind die Aussagen der Klimamodelle für Afrika uneinheitlich. Auf jeden Fall aber wird das derzeit aufgrund des Monsuns recht zuverlässige Wetter unvorhersehbarer:

    "Lokale Studien zeigen, dass sich der Beginn und Ablauf der Regenzeit stark verändert. Die durchschnittliche Regenmenge bleibt gleich, nicht aber die Verteilung. Anscheinend wird der Regen immer später kommen und schneller gehen."

    Anthony Nyong vom Internationalen Forschungszentrum für Entwicklung in Kenia. Das bedeutet, dass die Extremereignisse wie Überflutungen zunehmen.

    "Was immer auch kommt – und sei es viel Regen wie 2005 im Senegal – die Anpassung wird schwer. Im Senegal hatten wir die stärksten Regenfälle seit den 50er Jahren, aber die Bauern konnten nichts damit anfangen. Sie hatten Dürre resistente Pflanzen angebaut, die im Regen verdarben. "

    Die Bauern haben gelernt, mit Dürre umzugehen, nicht mit zuviel Regen. Weil der Klimawandel aber mehr Extremwetterlagen bringt, könnten ihre traditionellen Anbautechniken unbrauchbar werden. In einem Jahr Dürre, im nächsten reichlich Regen – das verlangt von ihnen große Flexibilität.

    "Im Rahmen unseres Programms zur Anpassung an den Klimawandel in Afrika wollen wir deshalb ein Netzwerk aufbauen, das es Umweltgruppen erlaubt, rund um die Welt voneinander zu lernen."

    Der Wissensaustausch soll tradiertes Wissen zukunftsfähig machen. Etwa beim Regenwassersammeln. Wäre das im Senegal passiert, hätte man in der Trockenzeit damit monatelang Felder bewässern und Tiere tränken können:

    "Aber damit wäre ein neues Problem entstanden, weil die globale Erwärmung die Bedingungen für Malaria übertragende Moskitos verbessert. Mit Zisternen oder Wasserbecken bekämen wir auch neue Brutplätze. In der Karibik aber haben wir eine tradierte Methode gefunden, die uns helfen könnte. Dort setzen die Leute winzige Fische in die Sammelbecken, und die fressen die Moskitolarven. Die Fische müssen klein bleiben, damit sie das Wasser nicht verunreinigen. Versuche sollen durchgeführt werden – in Zusammenarbeit mit Medizinern, damit die Lösung des einen kein neues Problem schafft."

    Weil der Ansatz auf die Fortentwicklung althergebrachten Wissens beruht, hofft man Akzeptanzprobleme zu umgehen. Die spielen nämlich eine große Rolle. So waren Entwicklungshelfer in Nigeria erstaunt, als die Bewohner eines Dorfes ihren hochmodernen Brunnen nicht wollten. Solche Brunnen seien nach zwei Jahren defekt und man habe weder Wissen noch Geld für die Reparatur. Nach langem Hin und Her bekamen die Dorfbewohner ihren Willen: einen Ziehbrunnen mit Eimer und einem Deckel gegen die Moskitos. Der Brunnen funktioniert noch nach acht Jahren. Gut, so einfach sei es nicht immer, erklärt Anthony Nyong, aber:

    "Um zur Anpassung an den Klimawandel ein System mit effizienten Techniken aufzubauen, muss sich die Forschung das vorhandene Wissen anschauen und gute Werkzeuge durch moderne Technologie oder Wissenstransfer verbessern. Vertrautes nehmen die Bauern leichter an. Es nützt nichts, eine Technologie aus dem 21. Jahrhundert auf eine weit zurückgebliebene Gemeinde aufzupfropfen. Technologie existiert in einer Kultur, nicht im luftleeren Raum."