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Klima und Energie
Umwelt nur noch als Fußnote der US-Politik

Mit Blick auf die Klima- und Energiepolitik sei unter einem US-Präsidenten Donald Trump kein Spielraum für neue, ambitioniertere oder strengere Standards zu erwarten, sagte Max Grünig vom Ecologic Institute in Washington. Umwelt werde dann wohl nicht mehr als integraler Bestandteil der Politik gesehen.

Max Grünig im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 10.11.2016
    Das Kraftwerk Ravenswood in Long Island City, New York, wird mit Gas, Öl und Kerosin betrieben. US-Präsident Barack Obama will den Ausstoß von CO2 künftig stark reduzieren.
    Unter Trump sei mit einer gas-, öl-, und kohlegetriebenen Energiepolitik zu rechnen, sagte Grünig. (picture alliance / dpa / EPA/ Justin Lane)
    Susanne Kuhlmann: Die Amerikaner haben sich für einen neuen Präsidenten entschieden, der alles andere als ein Verfechter anspruchsvoller Klima- und Umweltpolitik ist. Er hat angekündigt, Verordnungen zur Reduktion von Treibhausgasen außer Kraft zu setzen. Welche Spielräume lässt ihm die Verfassung dafür? Danach fragte ich Max Grünig, den Präsidenten des Ecologic Institute in Washington D.C., einer unabhängigen Einrichtung, die zu Energie-, Klima- und anderen Umweltfragen forscht.
    Max Grünig: Zunächst einmal hat er sehr viel Spielraum als Präsident, weil ja viele Maßnahmen, die in den letzten Jahren erlassen wurden, eben nicht über Gesetzesvorhaben kamen, sondern über die Auslegung bestehender Gesetze oder präsidentielle Erlasse. Das heißt, ein wichtiger Faktor wird zum Beispiel sein der vakante Sitz im Verfassungsgericht oder im Obersten Gerichtshof, der ja nun vermutlich sehr konservativ besetzt werden wird. Das heißt, dass dann auch Entscheidungen vermutlich in der Zukunft im Zweifelsfall deutlich energie- und klimapolitisch weniger ambitioniert oder reaktionär getroffen werden.
    Was vor allem jetzt den Clean Power Plan betrifft, der ja noch in der Schwebe ist, davon würde ich mich jetzt erst mal komplett verabschieden. Dieser Clean Power Plan wird in der Form, in der er aktuell besteht, garantiert nicht weiter bestehen, da wir ja nicht nur die Präsidentenwahl hatten, sondern auch den Senat und auch das House, und dort ja auch die Mehrheiten sehr republikanisch ausgefallen sind. Bei Trump ist ja der Schwerpunkt auf einer gas-, öl-, und kohlegetriebenen Energiepolitik. Nuklearenergie spielt auch eine Rolle, aber, ganz klar, erneuerbare Energien sind dort nicht im Fokus.
    Kuhlmann: Sie sagten gerade schon, anders als Obama wird Trump ja den nach wie vor mehrheitlich republikanischen Kongress hinter sich haben. Heißt das, es wird Raum für eine Art Anti-Umweltpolitik geben, vielleicht im Bereich der Landwirtschaft? Trump hat ja gesagt, die Bauern sollten Landwirtschaft betreiben und nicht die Umwelt schützen. Müssten also Europas und Deutschlands Bauern befürchten, dass sie im Wettbewerb nicht mehr mithalten können, weil in den USA ohne größere Auflagen produziert werden könnte?
    Grünig: Ich denke einerseits, Landwirtschaft ist sicherlich ein Thema. Da würde ich jetzt allerdings nicht direkt die Gefahr für die deutschen und europäischen Landwirte sehen. Das geht ja jetzt auch teilweise in die Verhandlungen zum Transatlantischen Investitions- und Handelsabkommen, TTIP, ein.
    Eiszeit für die Umweltpolitik?
    Ich denke aber, was ein ganz wichtiger Punkt ist, was Sie gesagt haben: In der Vergangenheit hat Umwelt- und Klimapolitik eine Rolle gespielt in allen Politikbereichen, und insbesondere in der Außenpolitik hat man es ja sehr gut gesehen, aber eben auch in anderen Ressorts, sei es jetzt im Verkehrssektor oder auch in der Landwirtschaft. Und das wird definitiv jetzt nicht mehr der Fall sein. Hier wird jetzt wieder mehr ressortorientiert gedacht und Umwelt nicht mehr als integraler Bestandteil jeder Politik, sondern als eine Fußnote, die am Ende des Tages vielleicht berücksichtigt werden könnte. Und sicherlich werden bestehende Standards in den USA nicht komplett über Nacht aufgehoben, da habe ich weniger Bedenken. Denn auch die Republikaner sind ja durchaus sich der Lage bewusst, dass aus diesen Standards auch Vorteile entstehen. Aber ich sehe keinen Spielraum für neue, ambitioniertere oder strengere Standards, und insbesondere in Bezug auf natürlich die Klima- und Energiepolitik, aber auch in Bezug auf Bodenschutz, Biodiversitätsschutz et cetera eher eine Eiszeit herankommen.
    Kuhlmann: Ist auch das Umgekehrte denkbar? Könnte man Sachzwänge oder Verpflichtungen ausmachen, die Trump gegenüber Unterstützern seiner Kampagne hat, die ihn dazu bringen könnten, sich als Präsident doch noch für Umweltpolitik einzusetzen?
    Grünig: Ich sehe dort keine große Hoffnung. Ich sehe die Hoffnung bei den einzelnen Bundesstaaten, insbesondere, wenn wir nach Kalifornien gucken, aber natürlich auch die Rolle der Wirtschaft. Und hier könnte tatsächlich für Ihren Gedankengang noch ein Tor sein, denn es gibt ja in den USA nicht nur eine sehr große Öl- und Gasindustrie, sondern auch andere Industrien oder Branchen, die teilweise sehr ambitionierte umwelt- und klimapolitische Ziele verfolgen und die tatsächlich auch ein politisches Gewicht haben, und die auch ein Präsident Trump nicht völlig ignorieren kann und in seine Politikentscheidungen mit einbeziehen muss.
    Kuhlmann: Was ist in Sachen Umwelt- und Klimapolitik künftig von den USA zu erwarten? Das waren Einschätzungen von Max Grünig vom Ecologic Institute in der amerikanischen Hauptstadt.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.