Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Klimagipfel in Madrid
Greta Thunbergs Hoffnung sind die Menschen

Die schwedische Schülerin Greta Thunberg hat den Politikern auf der Klimakonferenz in Madrid ins Gewissen geredet. Der Staatengemeinschaft warf sie vor, Schlupflöcher in ihre Verträge verhandeln zu wollen. Hoffnung sieht sie im Meinungsumschwung in der Öffentlichkeit, der Veränderungen mögliche mache.

Von Georg Ehring | 11.12.2019
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hält eine Rede auf dem UN-Klimagipfel COP25 in Madrid
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg auf dem UN-Klimagipfel in Madrid (AFP / Cristina Quicler)
Es war der Auftritt, auf den viele gewartet hatten: Greta Thunberg redet der Konferenz in Madrid ins Gewissen. Die schwedische Schülerin hatte bisher meist anderen aus der Jugendbewegung "Fridays for Future" den Vortritt gelassen. In ihrer Rede im Plenum des Kongresszentrums auf dem Madrider Messegelände stellte sie den Stand der Wissenschaft in den Mittelpunkt - wenn weiter so viele Treibhausgase wie bisher ausgestoßen werden, dann wäre in etwa acht Jahren die Chance vertan, die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen.
"Diese Zahlen sind nicht die Meinung von irgendjemandem oder auch politische Ansichten. Das ist die beste Wissenschaft, die derzeit zur Verfügung steht - auch wenn viele Forscher der Ansicht sind, dass diese Zahlen noch zu gemäßigt sind."
Die Reaktionen der Staatengemeinschaft auf die Alarmrufe aus der Wissenschaft sind für Greta Thunberg nach wie vor völlig unverständlich und unangemessen.
"Wie können Sie auf diese Zahlen reagieren, ohne zumindest eine gewisse Panik zu empfinden? Wie reagieren Sie auf die Tatsache, dass praktisch nichts dagegen getan wird, ohne auch nur ein bisschen Wut zu empfinden?"
Untätigkeit nicht die größte Gefahr
Seit über 25 Jahren verhandelt die Weltgemeinschaft über Klimaschutz, die Emissionen steigen weiter. Doch Untätigkeit sei nicht die größte Gefahr:
"Wirkliche Gefahr droht, wenn Politiker und Unternehmenschefs den Anschein erwecken, dass sie etwas tun, während in Wirklichkeit fast nichts getan wird - abgesehen von cleverer Buchführung und kreativer PR."
Bei Klimakonferenzen suchten viele Delegierte vor allem nach Gelegenheiten, Schlupflöcher in die Dokumente zu verhandeln um nicht aktiv werden zu müssen. Stattdessen seien ganzheitliche Lösungen erforderlich. Grund zur Hoffnung gebe es vor allem durch den Meinungsumschwung in der Gesellschaft, so Greta Thunberg:
"Die Menschen sind bereit für die Veränderung. Und das ist die Hoffnung, denn wir haben die Demokratie. Und Demokratie geschieht immer, nicht nur am Wahltag, sondern jede Sekunde und jede Stunde. Die Meinung der Menschen regiert die freie Welt. Jede große Veränderung in der Geschichte ging vom Volk aus. Wir dürfen nicht warten. Wir können die Veränderung jetzt einleiten. Wir - das Volk."
Europas Green Deal macht den Anfang
Unter den Zuhörern im Plenum der Klimakonferenz waren mehr Vertreter von Umweltorganisationen als Delegierte der einzelnen Staaten. Die nutzten die Zeit, um sich auf den Verhandlungstag vorzubereiten. Die Umweltminister aus knapp 200 Staaten haben heute noch die Gelegenheit, die Bereitschaft zu ehrgeizigeren Klimazielen zu erklären - im nächsten Jahr sollen die Länder bei einem weiteren Gipfel in Glasgow die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Klimaschutz verkleinern. Die Europäische Union will heute mit dem "Green Deal" den Anfang machen, der auch in Madrid als Vorgabe gesehen wird. Bundesumweltministerin Svenja Schulze.
"Ich hoffe sehr, dass der New Green Deal hier auch noch mal Schub in die Diskussion bringt. Das ist ein ganz wichtiges Signal, wenn die EU Klimaschutz so nach vorne stellt, wenn ganz klar gesagt wird: Wir werden unser Ziel steigern, wir wollen mehr tun. Der Weg dahin ist noch nicht genau beschrieben, aber das Ziel, das ist schon mal ein sehr sehr wichtiges Signal hier."
Bei anderen Staaten hält sich die Bereitschaft in Grenzen, jetzt schon höhere Ziele anzukündigen. Die Konferenz in Madrid dürfte also weniger liefern, als von Greta Thunberg und ihrer Bewegung "Fridays for Future" erhofft.