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Klimaschutz
Greta Thunberg bei "Fridays for Future" in Berlin

Zum zweiten Mal war die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg in Berlin, um an den "Fridays for Future"-Protesten teilzunehmen. Dabei forderte sie zum Durchhalten beim Engagement für den Klimaschutz auf. Der Kampf werde noch viele Jahre dauern.

Panajotis Gavrilis im Gespräch mit Stefan Römermann | 19.07.2019
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg spricht bei einer Klimakonferenz der NGO "R20" in Wien.
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg (dpa-Bildfunk / APA / Georg Hochmuth)
Römermann: Wie viele Teilnehmer waren heute da?
Gavrilis: Ich würde schätzen, dass es über 1.000 Teilnehmer waren. Es war aber nicht so voll wie sonst, heute am Invalidenpark, also direkt zwischen dem Bundeswirtschafs- und dem Bundesverkehrsministerium. Sicherlich liegt es auch daran, dass aktuell noch Sommerferien sind. Wobei ich auch Leute getroffen habe, die zum ersten Mal dabei waren. Und natürlich, selbst unter dem Gesichtspunkt Sommerferien, zieht eine Greta Thunberg auch nochmal Menschen an.
"Das geht uns nicht schnell genug"
Römermann: Das Treffen des Klimakabinetts im Kanzleramt am Abend vorher, war das dort vor Ort ein Thema?
Gavrilis: Es war ein Thema, aber nur am Rande. Ich habe mit verschiedenen Teilnehmern und Teilnehmerinnen gesprochen. Sie kritisieren: Es kam ja nichts dabei heraus. Das stimmt auch. Es gab zwar eine Debatte, aber keine konkreten Beschlüsse. Angela Merkel kündigte für den 20. September konkrete Maßnahmen an, hatte aber zum CO2-Preis ja durchaus schon Stellung bezogen, dass man eine Bepreisung wolle, um CO2-Emissionen möglichst zu vermeiden. Ob und wie diese Bepreisung kommt, da müssen wir natürlich erst einmal abwarten. "Fridays For Future" betonen, wie ja schon von Anfang an: Das geht uns nicht schnell genug.
Stargast Greta Thunberg ruft zum Durchhalten auf
Römermann: Greta Thunberg war, sie hatten es bereits erwähnt, auch da. Was hat sie gesagt?
Gavrilis: Sie war der Stargast. Alle Kameraleute stürzten sich auf sie bei ihrer Ankunft. Sie selbst schien ein wenig überwältigt zu sein. Sie hielt eine kleine Rede, sprach wenige Minuten zu den Leuten. Ihre Rede selbst würde ich jetzt als eher allgemein bezeichnen. Es waren überwiegend Durchhalteparolen.
Die 16-Jährige bekräftigte noch einmal, dass die jungen Menschen, die freitags streiken, nicht den Job derjenigen tun könnten, die jetzt Verantwortung tragen. Sie selbst und die Anwesenden täten schon genug. Sie sieht vor allem die Politik und die Wirtschaft in der Verantwortung. Interessant ist, dass parallel dazu Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Sommer-PK Stellung bezogen hat.
"Sie haben uns sicherlich zur Beschleunigung getrieben", sagte die CDU-Politikerin heute in Berlin. Die Schüler und Schülerinnen hätten die Politik dazu gebracht, entschlossener an die Sache heranzugehen.
Sie sprach von "außerordentlichen Wetterverläufen", die zeigten, welche Schäden ein Nicht-Handeln in der Klimapolitik mit sich brächten.
Auch Greta Thunberg sagte, dass der "Kampf gegen die Klimakrise" weitergehen werde. Er werde nicht enden und sie nannte dabei einen Zeitraum von vielen Jahren.
Bußgeldbescheide für Schulschwänzer schrecken nicht ab
Römermann: Und wie sieht es aus: Der Fall Mannheim, die Zustellung von Bußgeldbescheiden, weil Kinder in der Schule gefehlt hatten, hatte das eine Abschreckungswirkung? Oder machen die Leute weiter?
Gavrilis: Die vier Familien müssen ja nun doch kein Bußgeld zahlen, weil ihre Kinder bei "Fridays for Future" demonstriert haben, die also während der Schulzeit gegen den Klimawandel protestiert hatten. Die Stadt Mannheim hat die vier Bußgeldbescheide gegen Schüler wieder aufgehoben. Die Fälle wurden ja noch einmal geprüft. Und danach hieß es, die Schule hätte andere Maßnahmen als die Bußgelder ergreifen können, laut einer Mitteilung der Stadt. Also, die Familien müssen nun doch nicht fast 89 Euro Bußgeld zahlen.
Auch wenn die Bußgeldbescheide aufgehoben wurden: Die Bewegung verurteilt den Vorgang und schreibt auf Twitter: "Wenn wir - statt die #Klimakrise zu bekämpfen - lieber diejenigen bestrafen, die uns darauf aufmerksam machen, stehen wir auf der falschen Seite der Geschichte."
Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann dagegen verteidigt die Bußgelder. Im SWR sagte die CDU-Politikerin: "Schulpflicht ist Schulpflicht." Und sie ergänzte: "Ziviler Ungehorsam heißt auch, Konsequenzen zu tragen."
Mein Eindruck hier in Berlin: Solche Bußgelder werden im Einzelfall Schüler und Schülerinnen abschrecken. Aber die meisten, so sagten sie mir gegenüber, werden weiter streiken.