Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Klimaschutz
Viel positive Klimaschutzbewegung in China

Noch ist unklar, ob und wann China konkrete Obergrenzen für Treibhausgasemissionen einführt. Christoph Bals von der Umweltschutzorganisation Germanwatch bleibt optimistisch. In keinem anderen der großen Länder tue sich so viel beim Klimaschutz wie in China, sagte Bals im DLF.

Christoph Bals im Gespräch mit Ursula Mense | 04.06.2014
    Qualm kommt aus den Schornsteinen eines Kohlekraftwerks in Dezhou in der ostchinesischen Provinz Shandong.
    In sechs großen Provinzen Chinas hat man bereits Kohlebegrenzungsprogramme eingeführt. (picture alliance / dpa / Da Qing)
    Ursula Mense: In Bonn geht es in diesen Tagen wieder einmal ums Klima. Bis zum 15. Juni treffen sich in der Bundesstadt wieder einmal Delegierte, die Verhandlungen vorbereiten, am besten dabei schon Fortschritte erzielen sollen, damit man in Lima im Dezember, einem weiteren Konferenzort, endlich weiterkommt im weltweiten Klimaschutz, um dann endgültig mit dem sogenannten Paris-Protokoll 2020 ein vorzeigbares Klimaschutz-Abkommen zu verabschieden. Dabei kann man schon mal den Überblick verlieren. Ein entscheidender Punkt ist aber, dass im Paris-Protokoll insbesondere auch die USA und die Schwellenländer in die Pflicht genommen werden. US-Präsident Obama hat mit seinem neuen Klimavorstoß Anfang der Woche bereits erste Weichen gestellt und auch aus China kamen positive Zeichen. Man sei bereit, Obergrenzen für CO2-Emissionen einzuführen, hieß es noch vor einigen Tagen. Und nun hat der chinesische Klimabeauftragte - He Jiankun heißt er - seine Ankündigung wieder einkassiert und als persönliche Meinung bezeichnet. Das sei nicht die Meinung der chinesischen Regierung, sagte er Reuters.
    Ich bin jetzt mit Christoph Bals von Germanwatch verbunden. Herr Bals, Sie hatten die Ankündigung von den chinesischen Obergrenzen für die Treibhausemissionen auch sehr positiv aufgenommen und als Wendepunkt bezeichnet. Sie müssten jetzt eigentlich ziemlich enttäuscht sein?
    Christoph Bals: Guten Tag, Frau Mense.
    Mense: Ich grüße Sie.
    Bals: In der Tat hätten wir uns gewünscht, dass es wirklich eine endgültige Ankündigung gewesen ist. Was wir jetzt sehen ist, dass es die Pläne sind, die im Moment diskutiert werden in der Regierung und die in den Fünf-Jahres-Plan, der 2016 beginnt, dann eingearbeitet werden sollen, aber dass es noch keinen Beschluss in dieser Richtung gibt. Von daher gibt es keinen Grund, Trübsal zu blasen, aber auf der anderen Seite noch viel Unsicherheit, bis das tatsächlich beschlossen ist.
    Mense: Das heißt, Sie halten das nur für so eine protokollarische Petitesse?
    Bals: Nein, nicht für eine protokollarische Petitesse. Das wäre zu runtergespielt. Aber das wird mit Sicherheit von einem Regierungschef oder mindestens einem Minister aus China verkündet werden an einem geeigneten Ort, wenn es denn den formalen Beschluss gibt, das in den Fünf-Jahres-Plan mit aufzunehmen, denn die Chinesen wollen das ja auch nicht von einem unterrangigen Beamten nebenbei erklären.
    Mense: Das heißt auch, dass Sie weiterhin hoffen, dass es da Bewegung gibt vonseiten der Chinesen? Sie rechnen damit, dass es eine solche Erklärung geben wird?
    Bals: Ja, wir sehen im Moment in China, dass es in keinem anderen der großen Länder so viel positive Klimaschutzbewegung gibt. Gerade vor einer Woche hat China sein Ziel für den Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2017 glatt verdoppelt, sowohl für Solarenergie als auch für Windenergie zusammengenommen. Man sieht also, hier ist eine ganze Menge in Gang. In sechs großen, ökonomisch sehr wichtigen Provinzen hat man Kohlebegrenzungsprogramme eingeführt oder ist dabei und hat sie beschlossen. Man sieht, da tut sich eine ganze Menge, und wir sind durchaus hoffnungsvoll, dass solche Ankündigungen dann vor Paris auch tatsächlich kommen werden.
    Mense: Wie hilfreich sind denn in diesem Zusammenhang auch die Ankündigungen Obamas in Sachen Klimaschutz?
    Bals: Nun, das war schon vonseiten der USA der ernsthafteste Klimaschutz angekündigt, den wir bisher vonseiten der USA angekündigt erlebt haben. Das heißt ja nicht nur, dass keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut werden können, sondern dass viele alte Kohlekraftwerke innerhalb weniger Jahre aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Wenn das so umgesetzt wird, würde das ungefähr den CO2-Ausstoß in den USA um weitere zehn Prozent reduzieren, und das Reduktionstempo würde wesentlich schneller vorangehen, als das derzeit in der EU der Fall ist.
    Mense: Was erwarten Sie denn jetzt konkret in Bonn?
    Bals: In Bonn geht es eigentlich zentral um zwei Themen. Das eine ist: Es sollen die Minister vor allem der Industrieländer und dann der Schwellenländer erklären, wie soll die Lücke zum angestrebten Zwei-Grat-Limit, worauf der Klimawandel begrenzt werden soll, geschlossen werden für die Zeit vor 2020, um dann in die Verhandlungen einsteigen zu können, und da soll der Vertragstext bis Ende diesen Jahres, zumindest ein erster Entwurf davon stehen, um dann für die Zeit nach 2020 zu verhandeln. Das heißt, Lücke füllen und Vertragstext vorbereiten sind die zwei großen Themen hier. Allerdings wird es dabei ausgesprochen kontrovers zugehen. Es wird hier sicherlich keine großen Durchbrüche geben. Die kann man erst in Paris erwarten.
    Mense: Dennoch dann viel Erfolg in diesem Sinne. – Christoph Bals, der politische Geschäftsführer bei Germanwatch. Danke für das Gespräch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.