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Klimawandel
Hitzewellen und Trockenperioden setzen den Wäldern zu

In den 80er-Jahren ging die Angst vorm "Waldsterben" um. Der Wald kränkelte zwar angesichts vieler Luftschadstoffe, gestorben ist er aber nicht. Jetzt beobachten Ökologen, dass weltweit die Waldbestände regelrecht absterben - diesmal nicht durch Luftschadstoffe, sondern aufgrund des Klimawandels. In Hannover tauschten sie ihre Erfahrungen aus.

Von Volker Mrasek | 14.07.2017
    Blick auf den McDonald River, der durch eine idyllische Landschaft des Glacier National Park in den Rocky Mountains fließt.
    Blick auf den McDonald River im Glacier National Park. Auch in den Rocky Mountains beobachten Forscher ein Waldsterben. (picture-alliance / dpa)
    Craig Allen arbeitet beim Geologischen Dienst der USA, in einer Forschungsstation am südlichen Ende der Rocky Mountains. Damit ist der Ökologe ganz nah am Geschehen. Der Westen der USA ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Hot Spot, wo Hitze und Trockenheit Bäumen und Wäldern schwer zu schaffen machen:
    "Von British Columbia im Norden bis runter nach Kalifornien und quer über die ganzen Rocky Mountains - die Baumsterblichkeit dort ist höher als jemals zuvor in den letzten 150 Beobachtungsjahren. Kalifornien erlebte von 2012 bis 2016 eine mutmaßliche Jahrtausend-Dürre. Nach den jüngsten Fernerkundungsdaten ist dort inzwischen ein Fünftel des Waldes todkrank."
    Ein weiteres Beispiel aus einer anderen Ecke der Welt:
    "Der Südwesten Australiens wurde 2010 und '11 erst von extremer Trockenheit heimgesucht. Und dann auch noch von einer starken Hitzewelle. Daraufhin brachen die Kronendächer der dort verbreiteten Eukalyptus-Bäume zusammen. Auch das in einem Ausmaß wie noch nie seit Mitte des 19. Jahrhunderts."
    Auch im Amazonas-Regenwald sterben die Bäume
    Ereignisse wie diese häufen sich in jüngster Zeit. Biologen und Forstwissenschaftler tragen immer mehr Daten darüber zusammen. Zu ihnen gehört auch William Anderegg, Pflanzenökologe an der Universität von Utah in Salt Lake City in den USA:
    "Fälle von Baumsterben sind inzwischen weltweit dokumentiert - selbst an feuchten Orten wie im Amazonas-Regenwald. Hauptsächlich betroffen sind aber Regionen mit mediterranem Klima. Südeuropa ist da auch ein gutes Beispiel, Länder wie Spanien etwa. Wir sehen, dass die Sterblichkeitsraten dort gebietsweise zunehmen."
    Bei einer langen Hitzewelle können Bäume regelrecht verhungern. Sie schließen dann ihre Blattöffnungen, um Wasserverluste zu vermeiden. Das bedeutet aber auch, dass sie kein Kohlendioxid mehr aus der Luft aufnehmen, was sie aber dringend benötigen, um Zuckerverbindungen per Photosynthese herzustellen. Bei extremer Trockenheit wiederum droht ein Tod durch Verdursten, weil der Wassertransport in die Baumkrone zusammenbricht:
    "Es gibt Millionen winziger Röhrchen in einem Baum, in denen Wasser von den Wurzeln zu den Blättern befördert wird. Bei starker Trockenheit können sie eine Embolie bekommen, ganz ähnlich wie bei einem Herzinfarkt. Kleine Luftbläschen blockieren dann den Wassertransport, und die Pflanze trocknet aus."
    Zukunft der Wälder ist hochgradig ungewiss
    Wenn Bäume derart unter Hitze- oder Trockenstress stehen, lassen auch ihre Abwehrkräfte nach. Schadpilze und Borkenkäfer können ihnen dann förmlich den Rest geben.
    Kommt es infolge des Klimawandels also doch noch zu einem größeren Waldsterben? Diesmal nicht ausgelöst durch Luftschadstoffe, sondern durch stärkere Wetterextreme? Auf diese Frage wisse im Augenblick niemand eine Antwort, hieß es jetzt auf der Fachkonferenz in Hannover. Aus vielen Waldregionen fehlten Beobachtungsdaten. Deswegen sei noch unklar, ob die Baumsterblichkeit generell zunehme, so Pflanzenökologe Anderegg:
    "Ich würde sagen: Die Zukunft der Wälder in diesem Jahrhundert ist hochgradig ungewiss. Einerseits wachsen Bäume stärker, weil mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt und wie ein Pflanzendünger wirkt. Andererseits steigt der Stress durch Hitzewellen, Dürren, Waldbrände und Insekten, die alle durch den Klimawandel begünstigt werden, und das schädigt Wälder. Welche Entwicklung hier die Oberhand behält, wissen wir noch nicht."
    Auf jeden Fall sei es wichtig, diese Entwicklung genauer zu verfolgen. Die in Hannover sammelten Experten empfahlen deshalb, ein globales Beobachtungsnetzwerk aufzubauen. Um ein besseres Bild davon zu bekommen, wo das Problem überall auftritt. Und ob es sich im Zuge der globalen Erwärmung noch verschärft.