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Klimawandel in Deutschland
Weizen in Not – Soja im Kommen

Dem Weizen wird es zu trocken, Mais muss künstlich bewässert werden und auch der Kartoffel wird es zu heiß – der deutsche Ackerbau spürt die Folgen des Klimawandels. Am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg bei Karlsruhe sucht man nach Lösungen – eine heißt: Soja-Anbau.

Von Volker Mrasek | 18.08.2019
Weizenfeld, vertrocknet und nur niedrig gewachsen, durch die Sommer Trockenheit, Dürre, in Ostwestfalen Lippe, NRW
Weizen macht der Klimawandel besonders zu schaffen - sein Temperaturoptimum liegt bei 25 Grad (imago stock&people / Jochen Tack)
"Dann verändern wir einfach nochmal die Geschwindigkeit." – "Regeln wir die runter." – "Wir regeln die runter." – "Was für ‘ne Düse ist drin?" - "22 Millimeter." – "Dann gehen wir runter auf 20 Liter."
"Wir haben hier ‘ne Regenmaschine, die vielleicht in Kleinformat auch aufm Sportplatz stehen könnte. Wir fahren mit etwa acht Bar und haben dann ‘ne Reichweite damit bis zu 80 Meter in der Breite insgesamt." – "Wir prüfen hier verschiedene Steuerungssysteme für die Beregnung von Körnermais."
Ein Versuchsfeld in Forchheim südlich von Karlsruhe. Es gehört zur Außenstelle des LTZ, des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg. Roland Metzger ist hier Betriebsleiter, der Agrarwissenschaftler Andreas Butz wird den Versuch später auswerten.
"Ich mach‘ jetzt einen Randberegner an, zusätzlich zu der großen Kanone. Damit dann das Feld am Rand auch noch ausgeregnet wird."
Weizen wird es zu warm
Mais, der nur noch dann gedeiht, wenn er bewässert wird. Winterweizen, der kaum noch richtige Körner ausbildet, weil Dürre immer häufiger schon im Frühling auftritt. Ist das die Zukunft der wichtigsten Ackerfrüchte in Deutschland unter dem Diktat des Klimawandels? Im LTZ Augustenberg befassen sich Agrarexperten wie Andreas Butz mit genau solchen Fragen:
"Wenn wir die Hauptkulturen in Deutschland anschauen, dann ist es der Weizen, der das größere Problem mit dem Klimawandel hat. Dem wird’s einfach zu warm."
Weizen habe ein relativ niedriges Temperaturoptimum, erläutert Kurt Möller, Leiter des Referats Pflanzenbau im LTZ. Es liege bei 25 Grad Celsius. Zuletzt war der Frühsommer wiederholt viel heißer. Und zudem sehr trocken! Auch das kann Weizen nicht gut ab.
Hitzetolerantere Zuchtlinien als Lösung
Doch es gibt eine Lösung, und Landwirte in besonders warmen und trockenen Landstrichen wie der Rheinebene wenden sie bereits an. Sie setzen auf Weizen-Zuchtlinien, die hitzetoleranter sind – allerdings auch ertragsärmer, so Möller:
"Die Hitzetoleranz funktioniert im Wesentlichen über eine Verfrühung der Kultur, dass die einfach im Frühjahr früher beginnt und vor allem auch ein bisschen früher ausreift. Und diese kürzere Vegetationsperiode ist die Ursache dafür, dass sie dann auch etwas geringere Erträge haben, aber dafür sicherere Erträge."
"Gehen wir ‘mal hier rein. Da sind unten auch die ersten Hülsen da. Der Bestand ist gut entwickelt." - "Unkrautfrei." - "Ja." - "Keine Beikräuter." - "Jetzt muss es nur noch regelmäßig regnen, dann wird es ein schöner Ertrag."
Soja auf dem Vormarsch
Andreas Butz und Roland Metzger sind wieder draußen in den Versuchsfeldern. Auf diesem hier wächst eine Pflanze, die eigentlich in Asien zuhause ist: Soja.
"Sojabohne ist eine Kultur, die im Süden Deutschlands im Kommen ist. Eine interessante Option für die deutsche Landwirtschaft."
Die Anbaufläche von Sojabohnen ist noch klein, gerade einmal 20.000 Hektar. Aber sie nimmt rasch zu. Lange war es für den wärmeliebenden Eiweiß-Lieferanten bei uns zu kühl. Doch das ändert sich – nicht nur durch den Klimawandel, sondern auch durch Erfolge in der Pflanzenzüchtung.
"So dass auch nach Norden hin in wenigen Jahren Soja funktionieren wird. Es sind viele Züchter dran, kältetolerante Frühjahrssorten zu züchten."
"Maisanbau ist nicht bedroht"
Und der Mais? Auch er hatte massive Ertragseinbrüche im vergangenen Jahr. Und vor allem auf sandigen, wasserdurchlässigen Böden müssen Bauern ihren Körner- oder Silomais schon heute kräftig beregnen. Aber das sei alles durchaus verkraftbar, beruhigen die Agrarwissenschaftler:
"Wenn wir eine Zunahme an Sommertrockenheit haben, dann wird er in Einzeljahren ausfallen. Aber er ist ökonomisch und arbeitswirtschaftlich so interessant, dass Maisanbau nicht bedroht ist - auch wenn er alle zehn Jahre einmal ausfallen würde", sagt Kurt Möller
"Also, den Mais rettet ein Gewitter im Sommer. Jetzt, wo er so mannshoch ist, da braucht der Mais dann Regen", erläutert Andreas Butz.
"Kartoffel entschwindet nach Norden"
"Wir wollen ja eine Vision hören." - Die von LTZ-Biologe Holger Flaig klingt so:
"Also, ich sehe die Kartoffel wegen Hitzeproblemen allmählich nach Norden entschwinden. Ich sehe die Sojaflächen wachsen, sehe bei den Maisflächen eigentlich keine großartige Änderung. Ich sehe ein paar Sprengsel von Hartweizen und vielleicht auch Sonnenblumen. Den Weizen bei etwas geringerem Ertragsniveau sehe ich weiterhin hier. Wo vielleicht noch Chancen bestehen könnten, ist bei der Sommergerste, weil die gerade in den Trockenjahren gezeigt hat, dass die damit relativ gut klarkam."
"Wasser abgestellt!"
"In der Regel ist es dann Braugerste. Ja, warum nicht? Wenn’s trockener wird, hat man auch mehr Durst."