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Klimawandel
Skifahren in Südeuropa – wie lange noch?

Im warmen Süden Europas machen steigende Temperaturen und weniger Schnee den Skigebieten zu schaffen. In Spanien und Andorra sieht man die Entwicklung mit Sorge und bereitet sich auf Alternativen vor.

Von Marc Dugge | 07.02.2019
    Eine Panorama-Aufnahme der Pyrenäen in Frankreich.
    Die Skigebiete in den Pyrenäen sind immer weniger schneesicher. (imago)
    "Die Bedingungen heute sind fantastisch. Alle Pisten sind offen, wir haben frischen Pulverschnee und Sonne – was kann man mehr verlangen?" Skilehrerin Iberta steht vor der Mittelstation von Baqueira - und strahlt. Tatsächlich ist es ein Tag, von dem Skifahrer nur träumen können. Erst recht in Spanien, wo sie oft bittere Kompromisse machen müssen.
    "Ja in den vergangenen Jahren war es teilweise schon ziemlich knapp, gerade um Weihnachten herum … wegen des Klimawandels … kann schon sein, dass es sich ein bisschen verändert – aber das weiß man halt noch nicht genau."
    Hier im Skigebiet Baquiera Beret haben sie noch am ehesten Glück: Mit 165 Pistenkilometern ist es das größte Skigebiet Spaniens. Es liegt im Pyrenäental Val d’Aran, nahe der französischen Grenze. Bis auf 2.600 Meter Höhe kann man hier skifahren. Die Hänge gehen Richtung Norden hin – das sorgt für eine gewisse Schneesicherheit.
    Es geht nicht ohne Schneekanonen
    Auch Skifahrer Eduardo kommt gern hierher: "Für mich ist es das beste Skigebiet Spaniens – mit Abstand. Es gibt nicht nur viele Pistenkilometer, sondern auch viele Gebiete in denen man sozusagen "freeride" abseits der Pisten fahren kann. Und wie sie hier die Pisten mit Kunstschnee bearbeiten, ist unglaublich."
    Ohne Schneekanonen kommt auch dieses Skigebiet nicht aus. Was den Klimawandel angeht, gibt sich der Sprecher der Betreiberfirma, Pep Casasayas, gelassen: "Im Moment haben wir ja hier zwei Meter Schnee. Die Experten sagen ja, dass es nicht unbedingt wärmer werden muss, sondern dass das Wetter insgesamt unberechenbarer werden könnte. Dass wir also zu einem bestimmten Zeitpunkt keinen Schnee haben, zu einem anderen dagegen sehr viel. In jedem Fall haben wir hier in Baqueira die Möglichkeit, künstlichen Schnee zu produzieren, sollte es zu wenig Schnee geben."
    Genau das war in dieser Saison lange der Fall. Die Schneekanonen mussten auf Hochtouren laufen, um einen Teil der Pisten offen zu halten, berichtet Anna Díaz, Tourismusbeauftragte vom Val d’Aran: "In diesem Jahr war der Saisonstart sehr schlecht, wir hatten kaum natürlichen Schnee. Aber wir hatten immerhin das Glück, dass es kalt genug war, um künstlichen Schnee zu produzieren. Natürlich sorgen auch wir uns um die Auswirkungen des Klimawandels. Im Val d‘ Aran hängt die Wirtschaft zu 82 Prozent vom Tourismus ab. Der Winter mit seinen Sportarten ist für uns enorm wichtig."
    Zu warm für künstlichen Schnee
    Das gilt auch für die Nachbartäler. Der Forscher Marc Pons hat mit einigen Kollegen untersucht, wie sich der Klimawandel auf die Wintersportgebiete in den Pyrenäen auswirken wird. Sein Ergebnis: Es ist kompliziert. "Es gibt kein klares Anzeichen dafür, dass der Schnee insgesamt weniger werden wird. Vielmehr kommen mehrere Faktoren zusammen. Zum einen sorgen zwar steigende Temperaturen dafür, dass es weniger Schnee gibt. Andererseits könnte es aber sein, dass es in bestimmten Gebieten sogar mehr Niederschläge und damit auch mehr Schnee gibt. In tieferen Lagen dürfte dieser Schnee wegen höherer Temperaturen in Regen übergehen. Wir glauben daher, dass die Skigebiete in tieferen Lagen leiden werden - jene, die unterhalb von 1000 Metern Höhe liegen."
    Sie dürften auch deswegen leiden, weil es dort zu warm sein könnte, um künstlichen Schnee herzustellen, so Pons. Und dann sind da noch die Kosten: Schneekanonen sind teuer, sie verbrauchen viel Wasser und Strom. Kleinere Gebiete bringt das an ihre Grenzen – die Größeren, in höheren Lagen, könnten dagegen von der Schwäche der Kleineren profitieren. Da ist zum Beispiel Andorra: Der Zwergstaat besitzt das größte Skigebiet in den Pyrenäen. Die meisten Pisten liegen auf über 2000 Meter Höhe - aber auch hier will man sich nicht mehr allein auf den Wintersport verlassen. Carles Miquel ist für Andorras Klimapolitik verantwortlich:
    "In Andorra war der Tourismus immer auf den Wintersport fokussiert. Seit einigen Jahren hat die Regierung begonnen, das Angebot zu erweitern. Zum einen, um Aktivitäten auch zu anderen Jahreszeiten anzubieten, zum anderen, um auch die Qualität der Angebote zu verbessern – und den Tourismussektor weniger verwundbar zu machen."
    Notgedrungene Alternativen zum Wintersport
    Verwundbar durch Klimawandel. Andorra will mehr sein als nur Skiresort: Das Fürstentum lockt mit vielfältigen Spa-Angeboten, Wanderwegen und natürlich mit zollfreiem Einkaufen. Das Konzept geht offenbar auf: In der schneearmen Saison 2014/15 kamen sogar mehr Touristen nach Andorra als in den Jahren zuvor.
    Auch im spanischen Val d’Aran setzt man mittlerweile auf ein breiteres Angebot. Damit Regentage und schneelose Pisten den Gästen nicht den Urlaub verhageln. Tourismus-Beauftragte Anna Díaz:
    "Wir haben zwei Heilbäder, außerdem viele Hotels mit Spa-Bereich, es gibt Wanderwege – also Alternativen. Aber da ist trotzdem die Erwartung der Gäste: Für viele ist es ein Schock, hier im Val d’Aran hier keinen Schnee vorzufinden. Im Moment haben sie allen Grund, bei einem Besuch auf Schnee zu hoffen. Ich hoffe, das bleibt noch viele Jahre so."