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Klimaziele 2030
Umweltverbände fordern schnelle Maßnahmen für den Klimaschutz

Nicht nur die Demonstrationen für den Erhalt des Hambacher Forsts zeigen: Der Schutz der Umwelt wird der deutschen Bevölkerung immer wichtiger. Die Klima-Ziele für 2020 wird die Bundesregierung aber verfehlen. Umweltschützer fordern daher dringend weitere Maßnahmen.

Claudia van Laak im Gespräch mit Georg Ehring | 15.11.2018
    Ein Kohlekraftwerk im Ruhrgebiet.
    Vor allem ein schneller Ausstieg aus der Braunkohle könne zum Schutz des Klimas beitragen, sagen Umweltverbände (dpa / picture-alliance)
    Georg Ehring: An hehren Zielen mangelt es der Bundesregierung nicht: Bis 2020 sollte Deutschland den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid um 40 Prozent verringern, dieses Ziel wird allerdings mit großer Sicherheit verfehlt werden. Die neue Messlatte: Minus 55 Prozent CO2 bis zum Jahr 2030. Doch dazu müsste es auch Pläne geben, wie es umgesetzt werden könnte und in der Tat hat die Regierung ein Klimaschutz-Gesetz angekündigt. Umweltschützer haben ihre eigenen Vorstellungen, wie der Klimaschutz in dieser Zeit vorangebracht werden kann. Claudia van Laak in Berlin - mehr als 60 zivilgesellschaftliche Organisationen haben heute ihre Ideen und Forderungen präsentiert. Wie stellen sie sich den Klimaschutz im nächsten Jahrzehnt denn vor?
    Claudia van Laak: Die Klima-Allianz drückt als Erstes auf´s Tempo. Sie sagt, wir hätten ein verlorenes Jahrzehnt beim Klimaschutz in Deutschland, und die meisten Maßnahmen, die getroffen werden müssten, wirkten nicht von heute auf morgen, deshalb müssten sie jetzt, also eher noch gestern als morgen angegangen werden.
    Es gäbe allerdings eine Maßnahme, die nach Ansicht der 60 Verbände sofort umgesetzt werden könne, das ist die Abschaltung der Kohlekraftwerke. Michael Schäfer von der Umweltorganisation WWF:
    "Da müssen wir ran und da geht es im ersten Schritt darum, dass die Kohlekommission schnelle Maßnahmen, die schnell umgesetzt werden, beschließt. Sie muss sich messen lassen als Mindestmaß an den sieben Gigawatt Braunkohle, die die CDU den Grünen in den Jamaika-Verhandlungen zugesagt hatte, drunter geht gar nichts, und sie muss sich messen lassen an den internationalen Verpflichtungen, die die Bundesrepublik eingegangen ist, das Pariser Abkommen."
    Innerhalb der nächsten Jahre müsse die Kapazität der Kohlekraftwerke halbiert werden, die ältesten und damit klimaschädlichsten Kraftwerke sollten als erste abgeschaltet werden. Derzeit berät ja die Kohlekommission, legt Anfang Dezember erste Ergebnisse vor.
    Georg Ehring: Welche Bereiche sind darüber hinaus noch wichtig?
    Claudia van Laak: Der Verkehr. Im aktuellen Klimaschutzbericht der Bundesregierung steht, dass die selbst gesteckten Ziele der CO2-Einsparung gerade beim Verkehr nicht erreicht werden. Die Bundesregierung setze allein auf Elektromobilität, kritisiert die Klima-Allianz, und da komme man nicht voran. Antje von Broock vom Umweltverband BUND:
    "Man kann durch Maßnahmen wie Verkehrsberuhigung, Parkraumbewirtschaftung, Tempolimits ganz viel machen. Natürlich müssen wir dann auch in den Ausbau des ÖPNV investieren, das dauert ein bisschen länger. Aber je attraktiver der öffentliche Verkehr und der Bahnverkehr werden, desto mehr wird er genutzt, desto mehr kommt in die Kassen und desto mehr kann man investieren."
    Weitere Forderungen: Der Energieverbrauch müsse bis 2050 halbiert werden, wichtig seien rechtlich verbindliche Effizienzziele. Die Klima-Allianz sieht hohe Einsparpotentiale im Gebäudebereich.
    Stichwort Landwirtschaft: Die meisten Emissionen stammen aus der Tierproduktion – die Bestände müssten deutlich reduziert werden.
    Klimaschädliche Finanzströme sollten umgelenkt werden. Die 60 Vereine und Verbände – neben den üblichen Verdächtigen sind auch zum Beispiel der Deutsche Kulturrat dabei oder die islamische Hilfsorganisation "Islamic Relief" - fordern auch mehr Geld für Bildung im Bereich Klimaschutz.
    Die Klima-Allianz argumentiert auch ökonomisch, nicht nur ökologisch: Entschlossene Klimapolitik sei ein Garant für einen langfristig erfolgreichen Wirtschaftsstandort.
    Die Politik müsse mehr Mut beweisen, die Initiativen sehen eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich, das belegten Umfragen. Michael Schäfer vom WWF:
    "In Hessen und in Bayern gehörte es zu den wahlentscheidenden Gründen für viele Wählerinnen und Wähler. Die Demonstrationen im Hambacher Wald war die größte Klimaschutzdemonstration, die Deutschland je erlebt hat. Die Menschen wollen Klimaschutz. Das kommt langsam bei den Parteien an. Aber wir nehmen auch noch wahr, zum Beispiel die SPD-Vorsitzende spricht davon, dass konsequenter Klimaschutz und Klimaleugnung beides unhaltbare Positionen sind, als gäbe es irgendeinen Mittelweg, wo die Rettung des Planeten eine Sache ist, mit der man Kompromisse machen kann."
    Die heute vorgestellten Forderungen sind ein Kompromisspapier – unterschiedliche Vorstellungen gab es beim Thema Ausbau der Stromnetze. Die einen wollen einen schnellen Ausbau zur Stärkung der regenerativen Energien. Naturschutzverbänden dagegen liegen gefährdete Tier- und Pflanzenarten am Herzen; sie könnten durch einen kompromisslosen Ausbau der Stromnetze bedroht sein.